Sollte ein "Einsatz für die Gesellschaft" zur Pflicht werden?
War es eine gute Idee, dass der Wehrdienst und die Alternative des zivilen Ersatzdienstes 2011 abgeschafft wurde? Hitzige Debatten sind um das Thema entfacht. Stimmen, die für eine erneute Pflichtzeit für die Allgemeinheit für junge Menschen sind, werden immer lauter. In der "Story im Ersten: Ein Jahr für Deutschland?" lässt Ulrich Crüwell Befürworter und Gegner zu Wort kommen und wirft einen Blick auf die Auswirkungen, die eine neue Regelung mit sich bringen würde.
Nach knapp 55 Jahren kam es im März 2011 zu einer Zäsur in der Bundesrepublik: Deutsche Männer sind seither nicht mehr zum Wehr- oder zum zivilen Ersatzdienst verpflichtet. Rund um diesem Beschluss entstand eine grundsätzliche Debatte, die nicht nur unter Politikerinnen und Politikern bis heute anhält. Die ehemalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer tat 2018 in einem Video auf der CDU-Website kund: "Über das Thema Wehrpflicht oder Dienstpflicht, da werden wir ganz intensiv noch mal diskutieren müssen." Die neue ARD-Dokumentation "Ein Jahr für Deutschland? – Der Streit um die Dienstpflicht" von Ulrich Crüwell nimmt des Themas an.
Wertvolle Erfahrung für die Jugend
In seinem Beitrag zur Debatte um die Einführung der allgemeinen Wehrpflicht oder eines alternativen "Gesellschaftsjahres" lässt der Filmemacher Befürworter und Ablehnende gleichsam zu Wort kommen. Es zeigt sich: Der Angriffskrieg in der Ukraine hat viele neu über das Thema nachdenken lassen. Umfragen zufolge gewinnt die Idee der Wehrpflicht wieder an Zuspruch. Auch der Zivildienst rückte wieder in den Fokus – viele empfanden ihn damals als lehrreichen Lebensabschnitt. Aber welche Auswirkungen hätte eine Wiedereinführung beispielsweise auf das "Freiwillige Soziale Jahr"?
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier regte im Juni 2022 gegenüber der "Bild am Sonntag" die Diskussion um einen Pflichtdienst neu an. Die Jugend könne im Rahmen einer sozialen Pflichtzeit der Allgemeinheit dienen: "Es geht um die Frage, ob es unserem Land nicht guttun würde, wenn sich Frauen und Männer für einen gewissen Zeitraum in den Dienst der Gesellschaft stellen", erklärte er. "In einer Zeit, in der das Verständnis für andere Lebensentwürfe und Meinungen abnimmt, kann eine soziale Pflichtzeit besonders wertvoll sein." Aber kann die Einführung eines Pflichtdienstes den Zusammenhalt in Deutschland stärken? Die Dokumentation greift diese Frage auf und liefert Argumente sowohl für das Für als auch das Wider.
Eingriff in die individuelle Freiheit?
Während Steinmeier die Einführung in den Raum stellte, hat sich Bundesfamilienministerin Lisa Paus gegen diesen Schritt positioniert: "Ein sozialer Pflichtdienst würde einen Eingriff in die individuelle Freiheit eines jeden Jugendlichen bedeuten", antwortete sie. "Wir sollten unseren jungen Menschen, die unter der Corona-Pandemie besonders gelitten und sich trotzdem solidarisch mit den Älteren gezeigt haben, weiterhin die Freiheit zur eigenen Entscheidung lassen."
Doch wie steht die Jugend selbst zur Debatte über eine mögliche Einführung? Auch dazu gibt die Dokumentation Einblicke, unter anderem sprechen 16-Jährige über eine mögliche Einberufung zu Pflichtjahr oder Wehrdienst. Ehemalige Zivildienstleistende wie Komiker Kurt Krömer, "Toten Hosen"-Sänger Campino und Kabarettist Harald Schmidt äußern sich ebenfalls zu dieser Thematik.
Die Story im Ersten: Ein Jahr für Deutschland? – Di. 06.12. – ARD: 23.55 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH