"Hart aber fair"

Dürr und Mohamed Ali streiten über "Nord Stream 2" und Montags-Demos

23.08.2022, 08.26 Uhr
von Lena Rittmann
Die Gäste bei "Hart aber fair": Christian Dürr, Michael Hüther, Renate Rönnau, Udo Sieverding, Moderator Frank Plasberg und Amira Mohamed Ali.
Die Gäste bei "Hart aber fair": Christian Dürr, Michael Hüther, Renate Rönnau, Udo Sieverding, Moderator Frank Plasberg und Amira Mohamed Ali.  Fotoquelle: picture alliance/dpa/Horst Galuschka

Bei "Hart aber fair" liefern sich Linken-Politikerin Mohamed Ali und FDP-Politiker Dürr einen Schlagabtausch nach dem anderen. Es geht um Rekordgewinne durch Krise, eine Öffnung von "Nord Stream 2" und Montagsdemonstrationen, die Erinnerungen wach werden lassen.

Zu Gast im Studio sind FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr, Energie-Experte der Verbraucherzentrale in NRW Udo Sieverding, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft Michael Hüther, Fraktionsvorsitzende der Linke Amira Mohamed Ali und Renate Rönnau, besorgte Rentnerin.

Renate Rönnau, selbst im wohlverdienten Ruhestand, engagiert sich ehrenamtlich in einem Pflegeheim, um alleinstehenden Senioren ein offenes Ohr anzubieten. Am "Seelentelefon" höre sie bereits an der Stimme die Unsicherheit der Menschen heraus. "Eine 92-Jährige sagte mir, sie habe Existenzängste. Alle zwölf Personen auf meiner Liste haben Zukunftsängste", erzählt Rönnau bei "Hart aber fair". Grund dafür sei, neben der aktuellen Energie-Krise, die die Preise in jeglichen Lebenssituationen in die Höhe schießen lässt, nicht zuletzt der politische Umgang mit dieser Ausnahmesituation. Eine klare Linie sei nicht zu erkennen, nur gutgemeinte Tipps, die Rönnau als "Beruhigungsmaßnahmen" für die Bürger enttarnen will. Die gesenkte Mehrwertsteuer auf Gas soll Bürger entlasten, die Gasumlage muss dennoch zusätzlich gezahlt werden. Für die Rentnerin wirke die Politik aktuell wie ein "Hühnerhaufen, der einen Fleckenteppich hinterlässt".

Zwei Entlastungspakete hat die Ampel-Regierung bereits an die Bürger gebracht. Die Auszahlung der Energiepauschale folgt nächsten Monat. Kritik an den Entlastungen hat es reichlich gegeben. Besonders die Zielungenauigkeit nährt Zweifel, ob auch die Personen entlastet werden, die es am meisten nötig haben. FDP-Fraktionsvorsitzende Dürr betont, dass aktuell bereits das dritte Entlastungspaket geschnürt werde. Die Kritik an den Vorgängern solle dabei ernst genommen werden, so werde insbesondere das Wohngeld ausgeweitet, damit mehr Menschen, auch die bisher zu kurz gekommenen Senioren, von dem Paket profitieren. Mit Blick auf die von Vermietern erhöhten Nebenkosten zieht Energie-Experte Sieverding einen deutlichen Schluss: "Die Erwartungen und der Druck an und auf das dritte Entlastungspaket sind sehr, sehr groß." Der Immobilienkonzern Vonovia will die Raumtemperatur in seinen Wohnungen in der Nacht auf 17 Grad absenken. Wohl nicht, um Energie zu sparen, wie Sieverding vermutet: "Sie haben Sorgen, dass die Mieter nicht mehr zahlen. Wer zwei Monate keine Miete zahlt, der steht vor der Kündigung."

Die Fraktionsvorsitzende der Linken Amira Mohamed Ali sieht in der beschlossenen Gasumlage kein Instrument um Energie-Unternehmen zu "retten", so wie sie die Regierung legitimiert hatte. Schlichtweg, weil die großen Unternehmen, wie Uniper, die gerade Rekordgewinne verzeichnen, nicht gerettet werden müssen. Die von Verbrauchern gezahlte Gasumlage sei lediglich dazu da, dass große Energie-Unternehmen "weiterhin ungestört Übergewinne verzeichnen können", so Mohamed Ali. Besondere Sorgen mache sich die Linken-Politikerin um die mögliche soziale Spaltung in Deutschland, vor allem dann, wenn es doch noch zu fehlendem Gas kommen sollte. Die Folgen wären so "verheerend", dass in dieser Ausnahmesituation über eine Öffnung der Gaspipeline "Nord Stream 2" nachgedacht werden müsse. "'Nord Stream 2' sollte aus politischen Gründen nicht geöffnet werden. Allerdings, wenn wir vor der Frage stehen, Gasengpässe oder 'Nord Stream 2', dann muss man darüber reden und nachdenken", so Mohamed Ali.

Eine nicht akzeptable Erwägung für FDP-Politiker Dürr, der auf die potenziell ausreichende Kapazität von "Nord Stream 1" hinweist und den Zusammenhalt von Europa bezüglich der Sanktionen gegenüber Russland als Priorität sieht.

Kritik übt Dürr ebenfalls an den von Linken-Politikern aufgerufenen Montagsprotesten im Osten von Deutschland. Während Mohamed Ali sie als das "Artikulieren eines notwendigen Protests gegen die soziale Kälte" versteht, wundern sich Dürr und Moderator Frank Plasberg doch sehr über den ausgewählten Tag. Ob Pegida-Märsche oder Querdenker-Bewegungen; der Montag war besonders für die rechte Szene zuletzt ein beliebter Tag um zu protestieren. Dürr behauptet, "die Linke" habe schon in der Vergangenheit an der Seite der AfD demonstriert. Eine Anschuldigung, die Mohamed Ali entrüstet: "In Ostdeutschland haben Montagsdemonstrationen eine ganz andere Tradition. Sie sollen an die Hartz4-Proteste anknüpfen. Wir reihen uns nicht bei Pegida ein, ich bitte Sie!" Die Linken-Politikerin stellt klar: "Wir wünschen uns eine größere Umverteilung und wollen ein besonderes Zeichen gegen soziale Kälte setzen."

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