Bei "Hart aber fair"

Thüringer CDU-Chef Mario Voigt stellt klar: "Ich werde mit der AfD nie zusammenarbeiten"

26.09.2023, 08.58 Uhr
von Natascha Wittmann

In der Talkrunde "Hart aber fair" lieferte sich Gäste wie die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt und der AfD-Bundesvorsitzende Tino Chrupalla einen heftigen Schlagabtausch. Im Vordergrund stand die Frage: Wird der Graben zwischen Ost und West immer größer?

Mit Blick auf den AfD-Aufschwung in Ostdeutschland stellen sich bei vielen Menschen die Fragen: Wird 33 Jahre nach der Wiedervereinigung der Graben zwischen Ost und West immer tiefer? Oder werden die Spalter nur immer lauter? Bei "Hart aber fair" widmete sich Louis Klamroth am Montagabend dem Thema: "Vorurteile West und Dauerfrust Ost: Kaum Chance für deutsche Einigkeit?"

CDU-Politiker über die Sorge vor Wohlstandsverlust

Der Moderator wollte von seinen Gästen unter anderem wissen, ob es wirklich diese Unterschiede zwischen Ost und West gebe und wie das mit dem Höhenflug der AfD zusammenhänge. "Das Thema erhitzt die Gemüter", so Klamroth ernst. "Zeit"-Journalistin Anne Hähnig machte daraufhin deutlich, dass es nach der Wiedervereinigung die Illusion gab, "dass Ost und West ganz schnell zusammenwachsen, dass es ein paar Jahre braucht, bis der Osten das Wirtschaftswachstum nachholen kann, das der Westen erleben durfte. Heute stellen wir fest, dass das nicht der Fall ist, sondern dass ein paar Unterschiede noch immer existieren. Und ich glaube, mit der Enttäuschung darüber ist auch eine stärkere Identifikation mit dem Osten gekommen, die es so vor einigen Jahren noch nicht gab."

Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt fügte hinzu, dass die Identität auf beiden Seiten eine Art "Selbstversicherung" sei. Sie plädierte deshalb dafür, sich mehr gemeinsam zu trauen "und dann entsteht auch eine neue Hoffnung für dieses gemeinsame Land".

Dem konnte CDU-Politiker Mario Voigt – "Ich bin ein Thüringer, zuerst, aber vor allen Dingen bin ich auch Ostdeutscher" – nur bedingt zustimmen. Er warnte davor, dass sich mittlerweile viele Menschen im Osten des Landes davor fürchten würden, ihren Wohlstand, den sie sich über die Jahre aufgebaut haben, wieder zu verlieren. Unter Applaus des Publikums sagte er: "Wenn man das sehen kann, dann begreift man auch, worum es gerade in der öffentlichen Debatte geht. Da geht es weniger um Identität, sondern um die Sorge, dass das, was da geschaffen worden ist, verloren geht. Und ich finde, das muss man ernst nehmen."

AfD-Politiker Tino Chrupalla ("Ich bin stolz, Ostdeutscher zu sein.") erklärte derweil, was für ihn ein möglicher Grund für den Graben zwischen Ost und West sei: "Wir haben Patriotismus, aber auch Heimatliebe in der DDR nicht abgewöhnt bekommen. Und das ist vielleicht auch ein kleiner Unterschied zu den alten Bundesländern." In dem Zusammenhang führte Chrupalla weiter aus, er habe "eine wunderbare Kindheit" in der DDR gehabt, auch wenn seine Eltern "unter Repressalien" zu leiden hatten und es "Gängelung" gab. "Das kommt eben gerade wieder zurück, gerade in der aktuellen Politik", so die Sichtweise des AfD-Politikers.

"Sie können Ihre Meinung sagen, überall, jeden Tag"

Anne Hähnig konterte daraufhin prompt: "Natürlich ist diese Gesellschaft, in der wir gerade leben, auch nicht perfekt. Aber sich gleich wieder in der DDR zurück zu sehen, kommt mir irgendwie bisschen merkwürdig vor." Tino Chrupalla blieb jedoch bei seiner Meinung und kritisierte die Art und Weise, "wie aktuell auch mit unserer Partei umgegangen wird, wie wir ausgegrenzt, diskreditiert werden".

Ein Argument, das Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckardt nicht akzeptieren wollte. Sie stellte deshalb mit ernster Miene klar: "Diktatur ist schon was anderes!" In ihrer eigenen Kindheit in der DDR hätte sie von ihren Eltern beigebracht bekommen, draußen nicht ihre "freie Meinung" zu äußern: "Man sagt einen falschen Satz, und schon ist man im Gefängnis oder irgendwo. Das ist der relevante Unterschied zwischen der Diktatur und der Demokratie." Tino Chrupalla warf ein: "Das ist doch heute wieder so!" Katrin Göring-Eckardt konterte selbstbewusst: "Sie können Ihre Meinung sagen, überall, jeden Tag. Und es ist sogar so, dass wir uns das jeden Tag anhören müssen in diesem freien Land. Es ist total albern zu sagen, man dürfte das nicht."

Ähnlich hitzig ging es weiter, als Louis Klamroth über die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Ost und West sprach und auf Großkonzerne wie Intel hindeutete, die sich nach und nach in Ostdeutschland ansiedeln. "Gibt es eine Art Aufschwung Ost?", wollte der Moderator wissen. Besonders "Spiegel"-Journalistin Ann-Katrin Müller sah dies kritisch und erklärte, dass große Unternehmen wie Intel zwar neue Arbeitsplätze schaffen würden, doch von Wirtschaftsinsidern höre man, "sie kriegen das gute Fachpersonal, das sie eigentlich anwerben wollten, nicht, weil es eben durch die AfD befördert sehr viel Rassismus vor Ort" gebe.

Thüringer CDU-Chef will keine Zusammenarbeit mit rechten Parteien

Tino Chrupalla lachte daraufhin und stellte klar: "Das ist Quatsch! Das ist einfach Unsinn, was Sie erzählen. Aber das kennen wir ja von Ihnen..." Müller konterte: "Nein, das ist kein Unsinn. Es gibt die Fälle." Daraufhin verteidigte Katrin Göring-Eckardt die Journalistin und sagte sichtlich wütend: "Warum müssen Sie jetzt Frau Müller auf die Art und Weise angehen? Ich finde das echt unterirdisch!" Der AfD-Politiker, der sich im Lauf der TV-Debatte "ein bisschen an Kindergarten" erinnert fühlte, trotzte: "Sie hat doch angefangen, Entschuldigung."

Zum Ende der zerfahrenen Sendung wollte Louis Klamroth auch auf die politische Zukunft der AfD sowie mögliche Koalitionen mit der umstrittenen Partei eingehen. Nachdem bereits CDU-Chef Friedrich Merz in einem vergangenen TV-Interview eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen hat, bekräftigte auch Mario Voigt bei "Hart aber fair" mehrfach: "Ich werde mit der AfD nie zusammenarbeiten", "Wir reden mit der AfD nicht" und "Ich habe mit Björn Höcke noch nie ein Gespräch geführt."

Da es zuletzt harsche Kritik an der Thüringer CDU gab, nachdem sie gemeinsam mit FDP und AfD ein Gesetz zur Senkung der Grunderwerbssteuer durch den Landtag gebracht hatte, hakte Klamroth erneut nach. Doch Voigt, blieb eisern und erklärte, dass es für ihn lediglich zur "Demokratie" dazugehöre, gemeinsam abzustimmen: "Die Menschen haben die Nase voll von Politik-Taktik. Die wollen, dass sich endlich was entlastet in dieser schwierigen Lage und dafür werde ich auch immer Politik machen." Mit Blick auf die Landtagswahlen im nächsten Jahr verspricht Voigt: "Ich würde mich von der AfD als möglicher Ministerpräsident nicht tolerieren lassen."

Auf die Frage, ob es zu einer möglichen Koalition kommen könnte, äußerte sich AfD-Politiker Tino Chrupalla durchaus selbstbewusst: "Sie werden Ergebnisse erleben in Ostdeutschland, wo sich die Frage für uns vielleicht gar nicht mehr stellt, ob wir einen Koalitionspartner brauchen. Das ist unser Ansporn."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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