Spaltung in der rechten Partei

Uneinigkeit bei AfD: Mitglied distanziert sich nach russischem TV-Auftritt von Parteikollegen

13.04.2023, 08.18 Uhr
von Natascha Wittmann

Das von China durchgeführte Militärmanöver vor der Küste von Taiwan war ein großes Thema bei "Markus Lanz" am Mittwochabend. Der Außenpolitiker Roderich Kiesewetter rechnet mit schlimmen Folgen. Währenddessen kritisiert AfD-Mitglied Rüdiger Lucassen einige seiner Pateikollegen wegen ihrer Haltung zum Ukraine-Krieg scharf.

Kurz nach dem Oster-Wochenende blickte die Welt in Schockstarre in Richtung China, wo jüngst noch der französische Präsident Emmanuel Macron zu Besuch war. Xi Jinping entschloss sich zu einem chinesischen Militärmanöver in der Nähe Taiwans und sprach zudem vor seiner Armee von "tatsächlichen Kampfhandlungen". Eine schaurige Vorstellung, über die auch Markus Lanz am Mittwochabend mit seinen Gästen, CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sowie AfD-Verteidigungsexperte Rüdiger Lucassen, sprach. Während der CDU-Mann voller Sorge über die Zukunft sprach, zeigte sich der AfD-Mann resoluter und weniger kampfbereit.

Im Gespräch mit ZDF-Moderator Markus Lanz warnte Roderich Kiesewetter zunächst, dass der Krieg in der Ukraine noch längst nicht vorbei ist – im Gegenteil: "Offenbar hat Russland vom ganz großen Plan noch nicht Abstand genommen. Moldawien könnte als Nächstes dran sein." Über die weiteren Waffenlieferungen seitens Deutschlands sagte er derweil entschlossen: "Ohne Waffen wäre die Ukraine schon längst zerfallen. Wir müssen mehr tun, und wir müssen die Waffen liefern! Die Zurückhaltung der Bundesregierung hat ja nicht gerade dazu geführt, dass Russland sich zurückgehalten hat." Ein Argument, dass zwar von Markus Lanz so akzeptiert, jedoch von Rüdiger Lucassen gar nicht gut aufgefasst wurde.

AfD-Mann Lucassen positioniert sich gegen Waffenlieferungen

Der AfD-Politiker kritisierte prompt in Richtung Kiesewetter: "Sie plündern die Bundeswehr gerade. Keiner von uns kann sagen, ob Waffenlieferungen zu einem Sieg führen." Lucassen schrieb der "CDU-geführte Regierung" der Merkel-Ära sogar die Schuld für einen in seinen Augen "bedauerlichen Zustand" der Bundeswehr zu. Gleichzeitig stellte Rüdiger Lucassen klar: "Für mich kommen Waffenlieferungen nicht infrage. Aber in meiner Fraktion gibt es auch Menschen, die für Waffenlieferungen gestimmt haben."

Als Lanz interessiert nachhakte, antwortete Rüdiger Lucassen mit ernster Miene: "Putin hat das Potenzial, zu eskalieren. Um das nicht zu provozieren, würde ich keine Waffen liefern, sondern Verhandlungen initiieren." Er nehme nicht wahr, "dass überhaupt irgendwo der Startschuss gegeben wird, um den Einstieg zum Ausstieg zu finden." Markus Lanz ließ nicht locker und fragte den AfD-Politiker: "Ist Russland Täter oder Opfer?" Rüdiger Lucassen ließ sich darauf nur bedingt ein und sagte lediglich: "Wenn man den Februar des letzten Jahres nimmt, dann ist Russland Täter. Sie sind in ein anderes Land einmarschiert."

Rüdiger Lucassen: "Dieser Angriffskrieg hat eine rote Linie überschritten"

Der Politiker machte deutlich, dass der Angriffskrieg "eine rote Linie überschritten" habe, fügte aber auch hinzu: "Aber ich habe nie gesagt, dass Putin ein Kriegsverbrecher ist." Als Lanz erwähnte, dass einige von Lucassens Parteikollegen, etwa Steffen Kotré, in russischen TV-Propaganda-Talkshows zu Gast waren, räumte sein Gast ein: "Dafür habe ich kein Verständnis."

Ebenso kritisierte er die Haltung der Fraktionsspitze aus Alice Weidel und Tino Chrupalla, die dafür seien "dass jeder dort reden kann, wo er es für richtig hält". Lucassen widersprach dem: "Dieser Auffassung bin ich eindeutig nicht." Auch zum Auftritt des AfD-Politikers Eugen Schmidt im russischen Staatssender "Rossija 1" äußerte sich Lucassen, etwa zu der Aussage seines Parteikollegen, die Bundesregierung begrüße eine möglichst hohe Inflation. Es sei verwerflich, "das, was den Zusammenhalt in Deutschland, in unserer Republik ermöglicht, jetzt preiszugeben bei jemandem, den wir auch als AfD eines völkerrechtswidrigen Angriffskriegs anklagen".

Roderich Kiesewetter fragte deshalb: "Wie gespalten ist denn Ihre Partei?" Lucassen blieb ruhig und sagte lediglich: "Sie ist überhaupt nicht gespalten, sondern sie ist pluralistisch." Entsprechend komme ein Parteiaustritt für ihn nicht infrage. Das wollte Kiesewetter nicht unkommentiert lassen und warnte vor den Folgen der Aussagen der AfD-Politiker: "Das Bild Deutschlands wird von solchen Menschen in Russland geprägt, und das finde ich höchst bedenklich."

Roderich Kiesewetter kritisiert Scholz: "Die Rolle Deutschlands ist zurzeit ein Vakuum"

Voller Sorge blickt Roderich Kiesewetter auch in Richtung China. Nach dem militärischen Einsatz vor der Küste Taiwans warnte der CDU-Außenpolitiker bei "Markus Lanz": "China hat damit versucht, Muskeln zu zeigen, und wir müssen uns darauf einstellen, dass China unberechenbar bleiben will. Es ist ein Zeichen der Entschlossenheit, dass Taiwan einverleibt werden soll." Gleichzeitig ergänzte er: "Xi Jinping missachtet die Souveränität Taiwans. Es geht hier um eine Besatzung." Sofern nicht richtig mit China verhandelt werde, prognostizierte Kiesewetter, dass es zu einer Besatzung in den kommenden Jahren kommen werde.

Rüdiger Lucassen sah dies ähnlich und fügte im Gespräch mit Lanz hinzu: "Die Adressaten sind ganz klar die USA. Ihnen soll gezeigt werden, was möglich ist." Der AfD-Mann befürchtete: "Wenn es zu einem Krieg in Taiwan käme, dann wäre das wieder ein Krieg, der uns auch tangiert – vor allem wirtschaftlich." Daraufhin sprach Markus Lanz das jüngste Interview des französischen Präsidenten Emmanuel Macron an, in dem er unter anderem forderte, dass Europa in der Taiwan-Frage nicht zum "Mitläufer" werden dürfe "und uns dem amerikanischen Rhythmus und einer chinesischen Überreaktion anpassen müssten."

Dazu forderte Roderich Kiesewetter eine klare Positionierung seitens der deutschen Bundesregierung: "Wir müssen wieder Anwalt der Europäer werden. Macron verfolgt streng nationale Ziele und will ein eigenes, souveränes Europa. Die Rolle Deutschlands ist zurzeit ein Vakuum. Wir müssen uns viel enger positionieren. Dazu schweigt der Bundeskanzler bislang."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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