In ZDF-Talkrunde

Markus Lanz entschuldigt sich bei SPD-Chefin Saskia Esken: "Ich weiß, ich quäle Sie"

24.09.2023, 09.31 Uhr
von Natascha Wittmann

Die SPD hat mal wieder mit vielen Hindernissen zu kämpfen. Sinkende Umfragewerte, die ungelöste Migrationsfrage und die Vorwürfe gegen Innenministerin Nancy Faeser trage dazu bei. Parteichefin Saskia Esken geriet in der Talkrunde von Markus Lanz in Bedrängnis. 

Die Affäre um Bundesinnenministerin Nancy Faeser sorgt noch immer für jede Menge Gesprächsstoff. Die Versetzung des BSI-Chefs Arne Schönbohm rückte die Bundesinnenministerin in kein Gutes Licht. Kein Wunder also, dass auch ihr Wahlkampf in Hessen ins Stocken geriet.

Faeser habe "alle gegen sie erhobenen Vorwürfe ausgeräumt"

Bei "Markus Lanz" zeigte sich die SPD-Vorsitzende Saskia Esken am Donnerstagabend dennoch selbstbewusst und stellte sich allen Sticheleien des ZDF-Moderators zum Trotz hinter Faeser. Zum Thema Schönbohm hakte Lanz zunächst nach, ob es nicht irritierend sei, dass Faeser jüngst ihre eigene Affäre für beendet erklärt habe.

Saskia Esken indes bekräftigte den Standpunkt, dass Schönbohm versetzt wurde, "weil das Vertrauen weg war". Zudem habe die Bundesinnenministerin "alle gegen sie erhobenen Vorwürfe ausgeräumt". Esken: "Und damit darf man eigentlich davon ausgehen, dass so eine Affäre dann auch beendet ist." Lanz ließ jedoch nicht locker und merkte an, dass sich Schönbohm nach wie vor für unschuldig erkläre. Esken konterte daraufhin: "Herr Schönbohm ist ja nicht disziplinarrechtlich belangt worden, sondern er ist nur versetzt worden."

Eine Steilvorlage für den ZDF-Moderator, der wissen wollte: "Wenn das Volk sagt, sie vertrauen Nancy Faeser nicht mehr, muss sie dann auch gehen?" Ein Szenario, dem die SPD-Politikerin nicht viel abgewinnen konnte. Sie reagierte genervt und verneinte dies mit dem Argument, dass es für solche Fälle Wahlen gebe.

"Sie haben sich vorgenommen, nicht auf die Fragen zu antworten"

Mit Blick auf die wachsende die Kritik gegen Nancy Faeser fragte Markus Lanz: "Wo sehen Sie das größte Problem der Innenministerin? Oder ist sie das größte Problem?" Statt auf die erneute Provokation einzugehen, sprach Saskia Esken das "sehr, sehr große Portfolio" der Innenministerin an. "Jetzt geht es eben um innere Sicherheit, es geht um Cybersicherheit, es geht um die Digitalisierung der Verwaltung (...), und das sind eine Menge Aufgaben", zählte Esken auf.

Lanz reagierte verwirrt: "Sie haben sich vorgenommen, nicht auf die Fragen zu antworten, was Nancy Faeser angeht. Ist das der Plan?" Die SPD-Vorsitzende erwiderte ungerührt: "Mein Plan ist natürlich, Fragen zu beantworten. Aber auch in dem Sinne, wie ich sie auch beurteile (...), und ich sehe das große Aufgabenportfolio von Frau Faeser."

"Sie werden fürchterliche Wahlergebnisse gewärtigen"

Zum Portfolio gehöre laut Esken auch das große Thema Migration: "Frau Faeser hat einen klaren Plan für die Migration (...) und der wird jetzt auch umgesetzt. Dass wir derzeit mit wirklich großen Belastungen in den Kommunen zu tun haben, haben wir sehr wohl auf dem Schirm. Und damit gehen wir auch um." Sie ergänzte selbstbewusst: "Die Ampelregierung hat wesentliche Dinge vorangebracht – mit der Beschleunigung der Asylverfahren, mit der Beschleunigung von Rückführungen auch."

Nachdem Lanz auf die schockierenden Umstände auf der italienischen Insel Lampedusa aufmerksam gemacht hatte, reagierte auch Journalist Christoph Schwennicke wütend. "Es ist jetzt acht Jahre später klar: Das 'Wir schaffen das' ist in ein 'Es geht nicht mehr' übergegangen." Die Erfolge der Bundesregierung in Sachen Migration sehe er bislang nicht. "Mit Verlaub, Frau Esken. Ihr Vertrauen und Ihre Hoffnung in diese Migrationsabkommen wird nicht reichen", sagte Schwennicke. Er warnte drastisch: "Es geht so nicht mehr weiter, Frau Esken. Sie werden fürchterliche Wahlergebnisse gewärtigen."

"Frau Faeser schwimmt – und zwar in zwei Gewässern"

Dies brachte Markus Lanz auch auf Nancy Faesers Wahlkampf in Hessen zu sprechen. "Wie kann es sein, dass eine Bundesinnenministerin, die vor epochalen Problemen steht, für eine Spitzenkandidatur in Hessen zur Verfügung steht?", wollte der Moderator wissen. Esken erkannte "keine Problematik" in der Doppelbelastung. Nancy Faeser erfülle nämlich ihre Aufgabe als Bundesinnenministerin "mit großer Leidenschaft und mit, wie ich finde, auch einigem Erfolg in vielen wichtigen Aufgaben".

Journalist Christoph Schwennicke war es wieder, der den Finger in die Wunde legte: "Frau Faeser schwimmt – und zwar in zwei Gewässern. Und sie kriegt in beiden Gewässern den Kopf nicht richtig über die Wasseroberfläche." Die SPD-Vorsitzende ignorierte die Kritik weitestgehend und stellte klar, "dass Nancy Faeser die richtige Kandidatin für Hessen" sei und auch "sehr gute Chancen" habe.

"Ich weiß, ich quäle Sie jetzt mit all den Fragen"

Eine Steilvorlage für Lanz, der wissen wollte, ob Saskia Esken im Falle von Faesers Wahlerfolg deren Posten als Innenminister übernehme. Darauf antwortete die Politikerin lachend: "Ich habe eine wirklich wichtige Aufgabe als Parteivorsitzende, und ich mache die sehr gerne." Kategorisch ausschließen wollte sie einen Wechsel zwar nicht. Aber vom Wahlsieg in Hessen ist Nancy Faeser laut jüngsten Umfragen auch meilenweit entfernt.

Versöhnliche Worte fand Markus Lanz am Ende einer Sendung, die für die SPD-Chefin keine leichte war: "Ich weiß, ich quäle Sie jetzt mit all den Fragen, und das ist auch überhaupt nicht persönlich gemeint. Ich mag Sie sehr."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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