Robert Habeck bei "Markus Lanz" in der Kritik: Bauphysikerin befürchtet "industriellen Niedergang"

01.02.2023, 12.15 Uhr
von Natascha Wittmann

Am Dienstagabend begrüßte Markus Lanz den zugeschalteten Vize-Kanzler Robert Habeck in seiner Sendung. Die Energiekrise war das viel diskutierte Thema der ZDF-Talk-Runde. Dabei kassierte der Grünen-Politiker herbe Kritik von der Bauphysikerin Lamia Messari-Becker, die vor dem "industriellen Niedergang" warnte. 

Die deutsche Energiewende und die aktuelle Industriepolitik gehören zu den drängendsten Themen der Gegenwart. Weil sich immer mehr große Firmen von Deutschland abwenden und ihren Standort im Ausland aufbauen, kam auch bei "Markus Lanz" die Frage auf, wie die deutsche Wirtschaft der Zukunft aussehen wird. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck war als Gast per Videoanruf aus Berlin zugeschaltet und stellte sich am Dienstagabend nicht nur den Fragen des ZDF-Moderators, sondern musste sich auch kritische Kommentare von Windkraftunternehmer Johannes Lackmann und Bauingenieurin Lamia Messari-Becker gefallen lassen.

"Was müssen wir tun, um all die zukunftsträchtigen Jobs nicht zu verlieren?"

Gleich zu Beginn stieg Gastgeber Lanz kritisch ein: "Steuern, Bürokratie und Bedenken. Es scheint, als könnten wir das mittlerweile am besten. Was müssen wir tun, um all die zukunftsträchtigen Jobs nicht zu verlieren?" Der Wirtschaftsminister räumte ein, dass es in der deutschen Energiepolitik noch an vielen Stellen Verbesserungsbedarf gebe: "Es gibt drei Bestandteile, die wir jetzt umsetzen müssen. Wir müssen schneller genehmigen. Wir entscheiden zurzeit nicht mehr politisch, sondern nur noch juristisch über den Verwaltungsweg." Außerdem sei es wichtig, schon jetzt zielgenau Zukunftsmärkte zu definieren und nicht zuletzt auch Gelder bereitzustellen, beschrieb Habeck.

Die Argumentationskette kam jedoch nicht bei allen gut an. Bauphysikerin Lamia Messari-Becker fragte Habeck mit kritischem Blick: "Wo bleiben denn die digitalen Innovationen? Ich glaube, wenn wir nicht aufpassen, werden wir einen industriellen Niedergang erleben. Ich bin teilweise fassungslos, wenn man mit jungen Leuten spricht, die wunderbare Ideen haben und dann aber darin gehindert werden. Das ist Absurdistan der Energiewende."

Bürokratie legt neue Windprojekte lahm

Auch Windkraftunternehmer Johannes Lackmann legte den Finger in die Wunde und ergänzte: "Für ein neues Windprojekt müssen wir so viele Akten vorbereiten, dass wir sie am Ende mit einem LKW zur Genehmigungsbehörde fahren müssen! Wenn wir die Energiewende richtig machen, dann sind wir ja billiger als die fossile Energiewirtschaft." Die nötige Technik dafür sei bereits vorhanden. Robert Habeck versicherte jedoch: "Die Digitalisierung der Energiewende ist geschrieben und ist bereits durchs Kabinett durch. Ich gebe Ihnen recht, die Problematik muss gelöst werden."

Robert Habeck: "Wir müssen die Ukraine unterstützen"

Auch zum Ukraine-Krieg musste Robert Habeck am Dienstagabend Rede und Antwort stehen. ZDF-Moderator Markus Lanz fragte den Vizekanzler unter anderem offen: "Wie sehr hat dieser Ukraine-Krieg uns wirtschaftlich geschadet?" Habeck antwortete prompt: "Das ist das die Epoche definierende Ereignis. Natürlich war es klar, dass die Konter-Sanktionen aus Russland die deutsche Wirtschaft schwer fordern und treffen werden."

Als Lanz den Grünen-Politiker auf eine mögliche Lieferung von Kampfjets und U-Booten in die Ukraine ansprach, wurde dieser schwammiger und sagte lediglich: "Wir erleben einen altmodischen Krieg und es ist sehr bedrückend, mitzubekommen, was dort passiert. Deshalb braucht man in der Ukraine Verstärkung am Boden. Wir haben lange, vielleicht ein bisschen zu lange gezögert, eine Entscheidung zwecks der Kampfpanzer zu fällen."

Eine Debatte über U-Boote und Kampfjets sei laut Habeck "nicht das, was jetzt gebraucht wird" und sprach sich aktuell gegen eine Lieferung von Kampfjets aus: "Wir müssen die Ukraine unterstützen, ohne selbst Kriegspartei zu werden. Die Leopard-Panzer waren eine richtige und notwendige Entscheidung, aber zwischen Panzern und Kampfjets liegt ein Unterschied."

"Wir sind nicht in einem Krieg mit Russland"

Emotional wurde Habeck auch, als es um die umstrittene Kriegs-Äußerung von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ging, die vor wenigen Tagen in Straßburg gesagt hatte: "Wir führen einen Krieg gegen Russland." Robert Habeck stellte dazu aktuell bei "Markus Lanz" klar: "Das war nicht präzise. Wir sind nicht in einem Krieg mit Russland. Das ist für Annalena genauso wichtig wie für mich. Die gewollte Misinterpretation verrät auch viel. Das hat Annalena nicht gemeint, und darum geht es in ihrer Rede auch nicht. Einen verrutschten Satz zu skandalisieren, finde ich nicht richtig. Sie hat Russland nicht den Krieg erklärt."

Habeck verteidigte in der Sendung jedoch nicht nur seine Parteikollegin, sondern auch SPD-Politikerin und Innenministerin Nancy Faeser. Sie soll laut Markus Lanz vorhaben, neben ihrem Amt als Innenministerin auch als SPD-Spitzenkandidatin in Hessen anzutreten. Der ZDF-Moderator fragte deshalb in Richtung Habeck: "Was halten Sie davon? Würden Sie so einen Wahlkampf zeitlich schaffen?"

Der Grünen-Politiker hielt sich zunächst bedeckt und sagte: "Im Moment wäre es ein Schritt zu viel." Gleichzeitig kritisierte er Moderator Lanz: "Vielleicht sollte man erstmal abwarten, wie die Innenministerin wirklich entscheidet. Sie hat noch gar nichts gesagt, aber alle haben schon eine Meinung. Sie soll sich erstmal erklären, aber am Ende ist es ihre persönliche Entscheidung. Die Debatte ist jetzt 48 Stunden zu früh – ohne Ihnen jetzt Moderationsanweisungen geben zu wollen." Markus Lanz nahm den Seitenhieb mit Humor und ergänzte lachend: "Was man halt so sagt. Ich finde aber, sie ist es einem Land schuldig, mal zu sagen, was sie demnächst so vorhat."

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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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