Austria-Familiensatire

"Seine Mutter und ich": Morbide Boshaftigkeit in homöopathischen Dosen

13.09.2023, 08.03 Uhr
von Jens Szameit

Eine österreichische Familien-Geschichte, der etwas anderen Art, zeigt heute Abend das Erste mit "Seine Mutter und ich". Der Film von "Knochenmann"-Regisseur Wolfgang Murnberger ist zwar eine Komödie, allerdings mit einer großen Portion Boshaftigkeit gewürzt.

ARD
Seine Mutter und ich
Komödie • 13.09.2023 • 20:15 Uhr

Wolfgang-Murnberger-Filme sind eine Marke. "Komm, süßer Tod" (2000), "Silentium" (2004) und "Der Knochenmann" (2009) waren böse, makabere Detektivkrimis, die im Kino einen kleinen, aber treuen Kreis an Bewunderern fanden. Wenn der Österreicher fürs Fernsehen inszeniert, geht's immer ein bisschen familienfreundlicher zu, sehr erfolgreich etwa bei den beiden "Spätzünder"-Komödien mit Blacky Fuchsberger. Bei der BR-ORF-Koproduktion "Seine Mutter und ich" (2009), die nun im Ersten wiederholt wird, lässt schon die Besetzungsliste Unterhaltung der seichteren Art vermuten. Doch Vorsicht ist geboten: Mit Murnberger-Komödien ist nur bedingt zu spaßen.

"Schade um die Schnitzel"

Genau genommen muss man sich fragen, ob das despotische Epizentrum der Austria-Familienfarce, die in der Erstausstrahlung 5,48 Millionen Zuschauer sahen, überhaupt zum Lachen ist. Schlagerurgestein Marianne Mendt ("Wie a Glock'n") verkörpert das selbstsüchtige, hypochondrische Rentnerwrack Leopoldine kompromisslos feindselig und ohne erkennbare Ironie.

Die Frau, die den Tag in ihrer feudalen, aber ungeliebten Landresidenz ("A Hütt'n!") bevorzugt mit Jammern, Schnitzelbraten und Tablettenschlucken verbringt, ist eine einzige Zumutung. Für Schwiegertochter Marie (Muriel Baumeister), die ihr das "Burli", den verwöhnten Pilotensohn Hubert (Andreas Kiendl), weggeschnappt hat. Und für den gravitätischen Gatten Franz (Michael König), dem beim Rosenschneiden auch schon bald die Pumpe versagt.

"So geht's. Mitten im Leben vom Tod umgeben", schnattern Leopoldines Freundinnen am Küchentisch morbide und weise, wenngleich die Witwe nicht wirklich Trost braucht. Zumindest nicht des treulosen Franzls wegen. "Schade um die Schnitzel", heißt es noch, die vereinzelt per Alufolie gerettet werden. Und um den geplanten Mallorca-Urlaub natürlich. Der wäre ob des fortschreitenden Rheumatismus doch so hilfreich gewesen. Kann man jetzt knicken. Der Mistkerl auch.

Klassische Komödienkonstellation mit ungeahnten Wendungen

Doch für Leopoldine kommt es noch dicker. Der findige Franz hat nämlich per letztem Willen verfügt, dass das junge Eheglück ins weitläufige Anwesen ziehen möge. Marie, die in anderen Umständen weilt, hält das anfangs für eine prima Idee. "Du wirst dort eingehen wie eine Primel", warnt die beste Freundin noch. Und dann beginnt auch schon ein hinterfotziger Zickenkrieg um Aufmerksamkeit, Haushaltsführung und die Zuneigung des paschahaften Hubert.

Nun ist es beileibe nicht so, dass Drehbuchautorin Ulli Schwarzenberger ("Single Bells") in dieser klassischen Komödienkonstellation mit ungeahnten Wendungen und Ideen verblüfft. Dass der frivole Vielflieger Hubert schon bald des Ehebruchs überführt ist, erstaunt kaum. Und ebenso wenig, dass der nette Max von Thun als schüchtern-charmanter Hausarzt Georg über kurz oder lang seinen Platz einnimmt.

Doch die Abgründe hinter feschen Familienfassaden klaffen so schmerzlich tief wie die dunkelsten Bergschluchten der Alpenrepublik. Alleine die Österreicher, so scheint es, scheuen sich nicht, die Tragik und Infamie der bürgerlichen Existenz in grässlicher Gänze zu durchmessen. Hier weiß man auch: Wahre Boshaftigkeit lässt sich nur durch Boshaftigkeit besiegen. Ein Leben unter Wölfen ist das, was wir Zivilisation nennen. Wer hadert, verliert.

Seine Mutter und ich – Mi. 13.09. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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