Regiedebüt von Regiedebüt

"Sörensen hat Angst": Hypersensibilität des Ermittlers

11.10.2023, 08.45 Uhr
von Eric Leimann

Dunkel und mit speziellem Humor geht die Geschichte um den Kommissar mit Panikstörungen weiter. Der melancholische Hamburger bekommt es mit einer Leiche in dem Ostfriesen-Kaff zu tun, in dem er hingezogen ist. 2020 war Bjarne Mädel Hauptdarsteller und Regisseur eines Krimis, für den er einen Grimme-Preis als Darsteller und hymnisches Lob erhielt.

ARD
Sörensen hat Angst
Kriminalfilm • 11.10.2023 • 20:15 Uhr

Krimi geht immer, sagte sich wohl Hörspiel-Regisseur Sven Stricker, als er vor einigen Jahren begann, eigene Geschichten zu schreiben. Weil er in Schauspieler Bjarne Mädel nicht nur den Hörbuch-Sprecher seines Kommissars Sörensen fand, sondern auch einen Freund und Seelenverwandten, kam es 2020 dazu, dass die Verfilmung des ersten Sörensen-Romans zum Regiedebüt des vielbeschäftigten Schauspielers Bjarne Mädel wurde. Und was war das für ein Regiedebüt! Der sympathische Norddeutsche konnte Schauspiel-Granden wie Matthias Brandt, Stefan Kurth und andere für prägnante Nebenrollen gewinnen. Und er erzählt einen bitterbösen Kriminalfall mit ebenso finsterer wie brillanter Komik, der viel Kritikerlob und viele Preise erhielt. Mädel selbst wurde als Darsteller mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. Weil am kommenden Mittwoch, 18.10., 20.15 Uhr, Mädels neuer Film "Sörensen fängt Feuer" Erstausstrahlung hat, wiederholt das Erste noch einmal das Debüt. Eine zweite Chance also, nachdem der Film Anfang 2021 nur von 3,44 Millionen Menschen gesehen wurde. Eine vergleichsweise niedrige Zahl.

Die "besten" Angstattacken im TV

Schon die Vorgeschichte und Anreise Sörensens ins Ostfriesenkaff Katenbüll – dem Ort der Handlung – werden auf ungewöhnliche Weise erzählt. Ein Mann sitzt mit starrem Blick in seinem Auto. Über der Mittelkonsole ist ein Foto von ihm mit Frau und Töchterchen angeklebt. Nach kurzer Prüfung des Erinnerungsschnappschusses wird das Bild so abgeknickt, dass nur noch Vater und Tochter darauf zu erkennen sind. Dazu ändert sich die Landschaft außerhalb des Wagens in rascher Schnittfolge. Die Außenwelt wechselt von Hamburger Stadtlandschaften zu immer einsamer anmutenden Landbildern. Hier hat sich offenbar jemand aufgemacht, ein neues Leben zu beginnen, weil das alte nicht mehr tragbar war. Wenig später stellt sich Sörensen auf der tristen neuen Dienststelle den Polizeikollegen Jennifer Holstenbeck (Katrin Wichmann) und Malte Schuster (Leo Meier) als neuer Chef vor. Noch ehe man miteinander warm wird, liegt schon die erste Leiche tot im Stall: Bürgermeister Hinrichs hat es erwischt. Dessen Ehefrau (Anne Ratte-Polle) und der noch kindliche Sohn wirken auf seltsame Art eher irritiert und geschockt.

Überhaupt erscheint Sörensen das gesamte Szenario Katenbüll höchst merkwürdig, selbst wenn man die Angststörung des Kommissars "abzieht", aus deren Wahrnehmungsperspektive Szenen immer wieder sehr eindrücklich geschildert werden. Die Hypersensibilität des Ermittlers in Bezug auf viele Reize, die ihn überfordern und ängstigen, haben Regisseur und Hauptdarsteller Bjarne Mädel wunderbar eindringlich in Szene gesetzt. Fast möchte man sagten: Es sind mit die "besten" Angstattacken, die man im deutschen Fernsehen bisher gesehen hat.

Ein Kunstwerk von Bjarne Mädel

Bald ermitteln Sörensen, seine Kollegin und alleinerziehende Mutter Jennifer Holstenbeck sowie der junge Greenhorn-Bulle Malte in einem äußerst schmutzigen Fall, der einem nach zwischenzeitlichem Lachen schnell wieder das Blut in den Adern gefrieren lässt. Wenn man in der so übervollen Landschaft des deutschen TV-Krimis die Besonderheit von "Sörensen" beschreiben will, könnte man sagen: Es gibt keinen anderen Ermittlerfilm, der so suizidal dunkel und gleichzeitig mit viel Humor erzählt. Tatsächlich ist es ein Kunstwerk, das Regisseur Mädel, Drehbuchautor Sven Stricker und ihr bis in kleinste Rollen mit großen Theaterschauspielern besetzte Krimi-Juwel erschufen.

Sörensen hat Angst – Mi. 11.10. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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