Krimi aus Kiel

"Tatort: Borowski und das unschuldige Kind von Wacken": Ermittlungen auf dem Musik-Festival

26.11.2023, 08.11 Uhr
von Eric Leimann

Ein tragischer Fall führt die Kieler "Tatort"-Kommissare Klaus Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik) auf das Musikfestival in Wacken. Zuvor wurde ein totes Baby gefunden. Die Mutter könnte sich auf dem Wacken-Festival befinden. Eine Krimi-Folge, die spannend ist, aber sicherlich nicht viel mit der Musikszene zu tun hat. 

ARD
Tatort: Borowski und das unschuldige Kind von Wacken
Kriminalfilm • 26.11.2023 • 20:15 Uhr

Etwa 75 Kilometer sind es von Kiel nach Wacken, dem bekanntesten Metal-Dorf der Welt. Dort findet jährlich eines der wichtigsten Musikfestivals der Welt statt. Wer seine Gründungsgeschichte kennenlernen will, kann sich bei RTL+ die Serie "Legend of Wacken" mit Charly Hübner anschauen, deren Macher übrigens zeitgleich mit dem "Tatort: Borowski und das unschuldige Kind von Wacken" auf dem Festival 2022 drehten. Doch was führt die Ermittler Klaus Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik) überhaupt zum Einsatz auf dem Land?

Das Highlight des Jahres

Auf einem Parkplatz bei Kiel wird ein getöteter Säugling gefunden. Wo ist die Mutter? Ist sie die Täterin? Die Spur eines Eintrittsbändchens weist gen Wacken. Also wird (ein dankbarer) Borowski aus dem (ungeliebten) Camping-Urlaub geholt, um Sahin wenige Tage vor Festivalbeginn bei den Ermittlungen in Wacken zu unterstützen.

Im dörflichen Umfeld bereiten sich die Einwohner aufs bevorstehende Jahres-Highlight vor: Das Ehepaar Sarah (Anja Schneider) und Kurt Stindt (Andreas Döhler), das bald ein Baby erwartet, will mit Speis und Trank bei den Besuchern punkten. Musik-Fan Lenny (Nicolas Dinkel) betreibt aus seinem Bus heraus einen Metal-Podcast und ist im Übrigen der Sohn von Dorfpolizistin Waldtraute Jensen (Regine Hentschel). Auch der Sohn von Bestatterin Meike Thomsen (Bärbel Schwarz) ist auf den Metal-Zug aufgesprungen. Mit seiner Band hat sich der Teenager ebenso dem harten Sound verschrieben – und feiert den Tod auf eine etwas andere Art als seine Mutter. Nun die geniale Krimi-Idee: Alle Wackener benehmen sich entweder verdächtig oder sie haben etwas beobachtet, was mit dem Fall zu tun haben könnte. Das größte Problem hat jedoch die Osteuropäerin Christina Chorol (Irina Potapenko). Denn ihr Aufenthalt in Wacken ist alles andere als freiwillig ...

Ein Wacken-"Tatort" mit zu wenig Metal?

Den Plan, zwei der wichtigsten kulturellen Schleswig-Holstein-Attraktionen – das Wacken-Festival und den Kieler "Tatort" – in ein Format zu packen, gab es beim NDR schon seit etwa drei Jahren. Nun kommt "Borowski und das unschuldige Kind von Wacken" zum 20-jährigen Dienstjubiläum des gebürtigen Kielers und Wahl-Müncheners Axel Milberg heraus, der allerdings 2025 von seiner Rolle Abschied nehmen wird. Die letzte Kieler "Tatort"-Folge mit ihm – Almila Bagriacik bleibt dem Format erhalten – wird schon im Januar 2024 gedreht.

Doch wie ist er nun geworden, der Metal-"Tatort"? Die österreichische Drehbuchautorin Agnes Pluch, die bereits für ihre ORF-Landsleute den "Tatort: Baum fällt" verantwortete, und Regisseurin Ayşe Polat, die den starken Dortmunder "Tatort: Masken" drehte, sind keine expliziten Metal-Heads. Muss man auch nicht sein, denn der "Tatort" spielt vor allem in den Tagen vor Festival-Beginn, während sich geschäftige Dorfbewohner auf den anstehenden Besucherstrom vorbereiten. Wer viel (Metal)-Musik in diesem Krimi erwartet, wird eher enttäuscht vorm Bildschirm sitzen.

Überhaupt: Von authentischer Festival-Atmosphäre bringt der Krimi eher wenig rüber. Die von der Kamera eingefangenen anreisenden Fans wirken wie hastig kostümierte Laienspiel-Gruppen. Immerhin gibt es zwei ordentliche bis gute Szenen auf dem Konzertgelände: Festival-Mitgründer Thomas Jensen (Typ: langhaariger Schrat mit Brille) legt einen souveränen Sprechrollen-Kurzauftritt als er selbst hin und in der letzten Szene lauscht ein nachdenklicher bis selig dreinschauender Klaus Borowski beim eröffneten Festival den Klängen der schwedischen Band The Halo Effect. Sicher die beste und stimmungsvollste Wacken-Szene dieses "Tatorts".

Ein Dorf mit Geheimnissen

Darüber hinaus bleiben Krimi-Handlung und Metal-Festival auf seltsame Art unverbunden. Sämtliche Dorfgeschichten mit ihren kleinen und großen Geheimnissen, den versteckten Lebenskonzepten und Lebenslügen hätte man auch ohne Metal-Background schreiben und spielen können. Der "Tatort: Borowski und das unschuldige Kind von Wacken" ist definitiv kein Film, der in der Musik- oder gar Metalszene spielt, sondern er nutzt diese nur als PR-Marke und Kulisse. Verboten ist das zwar nicht, aber das Wacken-Festival hätte mit Sicherheit mehr erzählerische Möglichkeiten geboten.

Bleibt der Krimi als solcher: Hier legen Pluch und Polat etliche klassische Spuren mit möglichen Verdächtigen und Motiven, die man erst nach und nach durchschaut. Und sie erschaffen einen in der Tat unerwarteten Twist am Ende, der das Einschalten und Ausharren lohnt. Trotzdem bleibt festzuhalten: Ein Highlight ist der Wacken-"Tatort" im nunmehr 20-jährigen Kiel-Œuvre mit Axel Milberg nicht – was aber definitiv nicht an den Künstlerinnen und Künstlern, sondern an der mediokren bis konservativen Konstruktion dieser Story liegt.

Tatort: Borowski und das unschuldige Kind von Wacken – So. 26.11. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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