"Tatort: Der Stelzenmann": Entführung und ein psychologische Rätsel










Im neuen "Tatort: Der Stelzenmann" müssen Odenthal (Ulrike Folkerts) und Stern (Lisa Bitter) einen entführten Jungen finden. Dabei stoßen sie auf einen ähnlichen alten Fall. Die Figur des Stelzenmanns bleibt rätselhaft.
Der achtjährige Paul wird im Ludwigshafener "Tatort: Der Stelzenmann" auf offener Straße entführt. Die alte Nachbarin, die das aufgeweckte Kind gut kennt, beobachtet noch, wie der Junge in einen schwarzen Wagen gezerrt wird. Danach wird sie von selbigem brutal überfahren. Mit den verzweifelten Eltern (Lisa Hofer, Reza Brojerdi) warten die Ludwigshafener Ermittlerinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) darauf, dass eine Lösegeldforderung eingeht. Als diese endlich kommt, scheint sie sich als ein Ablenkungsmanöver zu entpuppen: Paul bleibt ohne konkrete Forderung der Entführer verschollen.
Die Kommissarinnen stoßen auf einen neun Jahre zurückliegenden Fall, der ähnlich gelagert war. Der mittlerweile 18-jährige Swen (Samuel Benito) wurde in Pauls Alter entführt und ohne Forderungen nach längerer Gefangenschaft freigelassen. Leider konnte er danach kaum etwas über seine Zeit bei den Entführern erzählen. Gelingt es Odenthal und Stern, den bisweilen merkwürdig agierenden jungen Mann ins Boot zu holen, um endlich eine Spur zum vermissten Paul zu finden?
Das Team Harald Göckeritz (Drehbuch) und Miguel Alexandre (Regie) war schon für den vorletzten Ludwigshafener Fall "Avatar" verantwortlich, der Anfang Januar 2024 im Ersten Premiere feierte. Bernadette Heerwagen spielte darin eine traurige Programmiererin, und auch damals ging es um Manipulation und Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Was "Avatar" und "Der Stelzenmann" ebenfalls gemein haben: eine gute Plot-Idee, spannende psychologische Thriller-Momente und eine clevere Wendung etwa in der Mitte des Films. Besonders interessant ist die Figur des jungen Swen, der erst mal wie ein ganz normaler 18-Jähriger wirkt. Euphorisiert davon, endlich seine erste eigene Wohnung zu haben, in der er mit seiner neuen Liebe (stark: Meryem Ebru Döndü Öz) eine neue Freiheit genießt. Doch Swen ist nicht frei. Was genau mit ihm los ist, darin besteht der größte Spannungsmoment dieses sehr ordentlichen Neujahrs-"Tatorts".
Samuel Benito, Schauspiel-Durchstarter
Damit das psychologische Figurenrätsel Swen funktioniert, bedarf es eines starken Darstellers. Schauspieler Samuel Benito, vor 24 Jahren in Berlin geboren, ist so ein bisschen der deutsche Nachwuchsstar der Stunde. In der sensationellen, aber weitgehend übersehenen Coming-of-Age-Serie "Almost Fly" (2022, aktuell bei Netflix verfügbar) spielte er einen von drei HipHop-Entdeckern im Deutschland des Jahres 1990. Und in "Dezember", einer extrem bewegenden Episode der viel gelobten Anthology-Serie "Zeit Verbrechen" (RTL+), trägt das Spiel des jungenhaften Schauspielers quasi die gesamte tragische Erzählung. Als traumatisierter Zeuge hält Samuel Benito nun auch den neuen Fall aus Ludwigshafen lange spannend und in der Schwebe.
Wer sich dagegen hinter dem titelgebenden "Stelzenmann" verbirgt, sollte an dieser Stelle besser nicht verraten werden. Fakt ist, dass die Figur keineswegs eine Gruselgestalt der alemannischen Fastnacht ist, sondern ein persönlicher, tiefenpsychologischer Schrecken, den Regisseur Miguel Alexandre über eine unheimliche Begegnung im Wald für "Tatort"-Verhältnisse ungewöhnlich stark in bester Horrorfilm-Tradition in Szene setzt.
Auch wenn sein "Tatort: Der Stelzenmann" nicht explizit blutig oder gar splatterig ist: Aufgrund des Angstpotenzials für kindliche Vorstellungswelten sollte dieser Fall auch nicht von hinterm Sofa versteckten Kindern heimlich mitgeschaut werden – falls es so etwas im Jahr 2025 überhaupt noch gibt.
Zwei neue Assistenten scheinen fix
Eine neue Generation Assistenz-Ermittler scheint zudem das Team von Odenthal und Stern zu bereichern. Die Dialekt sprechenden Alt-Assistenten Frau Keller (Annalena Schmidt) und Kriminaltechniker Peter Becker (Peter Espeloer) mussten in der Folge "Avatar" vor einem Jahr ihren (Renten-)Hut nehmen. Im jüngsten Fall "Dein gutes Recht" wurden stattdessen zwei junge Kräfte vorgestellt, die um eine Assistentenstelle konkurrierten: die schwarze Pfälzerin Mara Hermann (Davina Chanel Fox) sowie Frisuren-Anachronist Nico Langenkamp (Johannes Scheidweile). Beide sind in der neuen Folge wieder dabei – und tragen nicht unerheblich zu den Ermittlungen bei. Wenn nicht alles täuscht, dürfte man die beiden auch in der nächsten Ludwigshafen-Folge wiedersehen.
Tatort: Der Stelzenmann – Mi. 01.01. – ARD: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH