Krimi im Ersten

"Tatort: Hubertys Rache" – Geiselnahme auf dem Ausflugsdampfer

27.03.2022, 18.24 Uhr
von Eric Leimann

Zweiter Einsatz für die Kölner Ermittler im Jahr 2022: Diesmal liefert der WDR aus der Domstadt einen knallharten Geiselnahme-Thriller. Ein ehemaliger Lehrer, der sich ungerecht behandelt fühlt, droht ein Ausflugsschiff in die Luft zu sprengen. 

ARD
Tatort: Hubertys Rache
Kriminalfilm • 27.03.2022 • 20:20 Uhr

Erst Anfang Februar befanden sich die Kölner Alt-Kommissare im Einsatz. "Vier Jahre" war ein für Ballauf & Schenk-Verhältnisse ungewöhnlich poetischer, ja nostalgischer "Tatort" über drei alternde Schauspieler, die ihr Leben anders inszenieren wollten. Der neue Fall "Hubertys Rache" bietet nun in Sachen Tonalität das exakte Gegenteil: Es ist ein Geiselnahme-Thriller, der in weiten Teilen auf einem Ausflugsboot spielt. Die Ermittler Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) werden am frühen Morgen zum Rheinufer gerufen. Dort liegt die Leiche eines Mannes. Laut seinem Sweatshirt gehörte er zur Crew eines Ausflugsschiffes und war offenbar kurz vor seinem Tod in eine Schlägerei verwickelt.

Als sich Schenk mit dem Kapitän der gerade auf dem Rhein schippernden "Agrippina" in Verbindung setzt, erfährt er, dass der von einem guten Dutzend Passagiere gebuchte Dampfer von Daniel Huberty (Stephan Kampwirth) entführt wurde. Nun droht der ehemalige Gymnasiallehrer den Kommissaren: "Ich werde das Schiff in die Luft sprengen, wenn Sie meinen Forderungen nicht nachkommen."

Huberty saß wegen der Liaison mit einer 14-jährigen Schülerin zwischenzeitlich in Haft. Nun möchte der Lehrer, dass eine Reihe von Personen, die er für sein Lebensunglück verantwortlich macht, zu ihm aufs Schiff gebracht werden. Dort soll eine Aussprache oder besser ein Tribunal stattfinden, das der "Gerechtigkeitsfanatiker" für die gesamte Welt auf Video aufzeichnen will. Einer der angeforderten "Lebenszerstörer" ist ein Immobilienmogul, von dem in der Öffentlichkeit keine Bilder existieren. Max Ballauf möchte dessen Rolle übernehmen und unter falscher Identität an Bord gehen.

Das erfahrene Autoren-Ehepaar Eva und Volker A. Zahn hat schon einige "Tatorte" für den SWR und NDR geschrieben. In seiner Heimatstadt Köln war das erfolgreiche Duo (Grimmepreis 2009 für "Ihr könnt euch niemals sicher sein") bislang jedoch noch nicht aktiv. Für die beiden war deshalb klar, dass ihre Stadt in diesem Krimi aus der vielleicht schönsten Perspektive, nämlich jener vom Wasser aus gefilmt werden müsse. Eva Zahn dazu: "Der Film ist eine Hommage an das wunderschöne Köln, andererseits ein Zeitgeist-Drama über momentan weit verbreitete Opfer- und Empörungsbefindlichkeiten."

Altbackene Dialoge, spannender Plot

Tatsächlich ist Max Ballaufs und Freddy Schenks Antagonist kein gefühlskalter, brutaler Bösewicht im klassischen Sinne, sondern ein früher als feinfühlig beschriebener Lehrer, der – seiner Meinung nach – mit seinen "guten Ambitionen" und der "ehrlichen Liebe" zu einer Jugendlichen, einem sozialen Projekt nach der Knastzeit sowie dem Verstoßenwerden durch Frau und Kinder zu Unrecht abgestraft wurde. Eine Weltsicht, die er weitgehend exklusiv hat, die aber eine interessante Konstellation für einen Entführungsthriller bietet. Das Geschehen auf der "Agrippina" ist tatsächlich recht spannend inszeniert (Regie: Marcus Weiler), doch wie so oft bei den ambitionierten Gesellschaftsstoffen des Ehepaares Zahn ("Zarah – Wilde Jahre", "Was wir wussten – Risiko Pille") wird im Film etwas zu stark bildungsbürgerlich erklärend dahergeredet, was dem "Tatort" einen stark öffentlich-rechtlichen Fernsehspiel-Charakter verleiht.

Der "Tatort: Hubertys Rache" entwickelt auf diese Weise einen nicht uninteressanten Plot, der aber durch das intensive Erklären einer jeden Figur über Dialoge – das typisch deutsche "Talking Heads-Phänomen" – auch ein bisschen altbacken wirkt. Aufgefangen wird der didaktische Ansatz des Krimis durch eine recht atemlose Handlung rund um Scharfschützen, zu entschärfende Bomben und SEK-Kommandos, die nach verschiedenen Wegen suchen, den Geiselnehmer mit Bombe zu überwältigen.

Schauspieler Klaus J. Behrend, der in der Rolle eines Immobilien-Moguls an Bord geht, kann durch den cleveren Erzähl-Twist nicht nur intensive, sondern auch gänzlich neue Aspekte seiner Ballauf-Persönlichkeit in die Waagschale dieses Krimis werfen. Das macht der 62-jährige Schauspieler ziemlich gut. Sicher ein schönes Gefühl für den ewigen Ballauf, der im kommenden Oktober mit Partner Freddy Schenk sein 25. TV-Krimi-Dienstjubiläum in Köln feiert.

Tatort: Hubertys Rache – So. 27.03. – ARD: 20.20 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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