ZDF-Herzkino

"Unterm Apfelbaum": Frauen-WG wider Willen

30.10.2022, 09.47 Uhr
von Marina Birner

Startschuss für eine neue Herzkino-Reihe: "Unterm Apfelbaum" überzeugt mit Charme, der Schauplatz erinnert an den Flair des gleichnamigen Gedichts Frank Wedekinds. Realitätsnahe Kontroversen prägen den Alltag von Frieda, Tinka und Jasmin und sorgen dafür, dass es nie langweilig wird.

ZDF
"Unterm Apfelbaum – Einsturzgefährdet"
Heimatkomödie • 30.10.2022 • 20:15 Uhr

Seit über 30 Jahren gibt es die "Herzkino"-Filme im ZDF. Und wie bei jeder starken Marke liegt der Erfolg auch hier im richtigen Maß an Innovation begründet. Sonntagabend im Zweiten, das ist zum einen die Heimstatt der Traditionalisten, die genau wissen, dass sie hier als perfekte Alternative zum taffen ARD-"Tatort" mit eingängigen Romanzen bedient werden. Zum anderen ist es aber auch ein Programmplatz, der sich immer wieder anpasst und neu ausrichtet. Immer jünger, frecher, weiblicher, diverser wurden die Storys zuletzt. Nun startet mit "Unterm Apfelbaum" eine neue "Herzkino"-Reihe, die beispielsweise unterschwelligen Rasissmus und innerfamiliäre Konflikte thematisiert. Besonders im Fokus steht dabei die Diskrepanz zwischen den vermeintlich eingeschränkten Möglichkeiten zur Selbsverwirklichung auf dem Land und der grenzenlosen Vielfalt in der Stadt.

Das Spannungsfeld ist der Hintergrund der Story, die sich um drei Heldinnen rankt und weibliche Perspektiven auf lebensnahe Themen erzählt. Unter anderem geht es um Das Maß an Unabhängigkeit in einem nicht gerade entspannten Alltag. Zwar stützt sich die grundsätzlich leichte, humorvolle Heimatreihe auf ironische Pointen, versäumt es jedoch nie, die Zuschauerinnen und Zuschauer den Funken Wahrheit in den ironischen Spitzen erkennen zu lassen.

"Wir freuen uns, gemeinsam mit Astrid Ruppert, Autorin und Creative Producer, 'Unterm Apfelbaum' zu produzieren. Denn Astrid ist Spezialistin dafür, in unterhaltsamen und komödiantischen Tönen von den ernsten und zerbrechlichen Momenten des Lebens zu erzählen", lassen sich die Produzenten Nina Tanneberger und Lasse Scharpen angesichts des Starts der Reihe zitieren.

Unterschiedlicher könnten die drei Frauen nicht sein: Schicksalsschläge führen Frieda (Therese Hämer), Tinka (Lotte Becker) und Jasmin (Saman Giraud) "unterm Apfelbaum" im hessischen Vogelsberg zusammen – anfangs zum Leidwesen jeder einzelner. Die Mittfünfzigerin Frieda versucht seit dem Tod ihres Mannes mit Müh und Not das Anwesen, ihren Erbhof Heckemellersch, vor dem Verfall zu bewahren. Diese Illusion raubt ihr die quirlige Zimmersfrau Tinka jedoch bei der ersten Inspektion der bereits morschen Balken. Es müsse einiges gemacht werden.

Als Tinka am Tag ihrer Hochzeit mit Schrecken feststellen muss, dass sich ihr Verlobter seiner sexuellen Orientierung nicht mehr sicher ist, flüchtet sie kurzerhand auf die Baustelle in Heckemellersch. Frieda beweist wider Erwarten Herzensgüte und nimmt das emotionale Wrack im Brautkleid überraschend bei sich auf.

"Man will heimlich ein bisschen so sein wie Frieda"

"Man kann Frieda ruppig nennen, unfreundlich, sehr geradeaus. Man will aber heimlich ein bisschen so sein wie Frieda, die sich nix 'scheißt'", beschreibt Schauspielerin Therese Hämer ihren fiktiven Charakter. Die neue WG war nämlich alles andere als harmonisch – zumindest anfangs. Tinka konnte der veränderungsscheuen Mittfünfzigerin nichts recht machen. "Natürlich ist diese Ruppigkeit Friedas auch der Trauer geschuldet – dem Verlust zu lieben", erklärt die Schauspielerin. Die Fassade Friedas beginnt jedoch langsam zu bröckeln ... Die Zuschauerinnen und Zuschauer können sich zunehmend mit der inneren Zerissenheit der Rolle identifzieren. Hämer überzeugt dabei mit ihrem Spiel der ebenso zerstreuten wie resoluten Frieda mit permanent zerzausten Haaren und trockenem Humor. Das Ganze ist authentisch und macht Spaß.

Derweil taucht im nahegelegenen Marburg Jasmin auf und übernimmt die Leitung des Landschaftsdenkmalamtes. Damit schnappt sie ihrem Mitarbeiter Müllerschön (Peter Trabner) den Posten direkt vor der Nase weg. Da dieser gerne selbst Chef geworden wäre, lässt er keine Gelegenheit aus, Jasmin mit spitzzüngigen, manchmal auch rassistischen Bemerkungen zu quälen. Längst überholter ländlicher Rest-Konservatismus trifft dabei auf die moderne Diversität und Offenheit der jüngeren Generation – Spannungsmomente, die sich wie ein roter Faden durch das Drehbuch ziehen.

Als die Denkmalexpertin schließlich auf dem Hof aufschlägt, unterbreitet sie Frieda voller Eifer ein Renovierungskonzept. Dies umzusetzen, bedeute jedoch den Ruin für die ärmliche Hofherrin. Nach Friedas Ablehnung leitet Jasmin gekränkt ein Verfahren gegen die sture Besitzerin ein.

Tinkas Eingreifen glättet die Wogen letztlich etwas. Sie schlägt vor, Jasmin in die notdürftige WG aufzunehmen und damit ihr Wohnungsproblem zu lösen. Ob sich die drei Frauen zusammenraufen? "Gemeinsam mit diesem Trio spüren wir der Frage nach: Was genau ist eigentlich Heimat? Wo ist man zu Hause? Ist es der Ort, an dem man sein darf, wie man wirklich ist?", konstatiert Redakteurin Beate Bramstedt.

Am Sonntag, 6. November, zeigt ZDF die zweite Folge der Heimatreihe: "Unterm Apfelbaum – Panta Rhei – Alles im Fluss" heißt es dann zur besten Sendezeit.

"Unterm Apfelbaum – Einsturzgefährdet" – So. 30.10. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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