Gesund leben

So stärken Sie Ihr Immunsystem mit einer Kur

Von Brigitte Bonder
Kneipp-Kuren stellen einen intensiven Reiz für den Körper dar. Die Wirksamkeit wurde in Studien immer wieder eindeutig belegt.
Kneipp-Kuren stellen einen intensiven Reiz für den Körper dar. Die Wirksamkeit wurde in Studien immer wieder eindeutig belegt. Fotoquelle: picture alliance / blickwinkel/F8-DASBILD | F8-DASBILD

Ob einseitige Ernährung, chronischer Stress oder Bewegungsmangel – es gibt viele Ursachen für ein geschwächtes Immunsystem. Auch Umweltgifte, einige Medikamente, Alkohol und Nikotin können die Abwehrkräfte schwächen. Die Folge ist eine geringere Widerstandskraft gegen Krankheitserreger, und so deuten vermehrte Infektionen auf eine Abwehrschwäche hin. Bei häufig wiederkehrenden Infekten oder bei überdurchschnittlich langer Krankheitsdauer sollten sich Betroffene vom Arzt untersuchen lassen.

Kuren in Heilbädern oder Kurorten können für eine Auszeit vom stressigen Alltag sorgen und mit einer Therapie aus Bewegung, richtiger Ernährung und speziellen Anwendungen die körpereigene Abwehr stärken. Viele Hersteller werben darüber hinaus für Nahrungsergänzungsmittel mit Vitaminen und Spurenelementen, die für eine gesunde Immunabwehr sorgen sollen. Die Wirksamkeit ist jedoch nicht hinreichend wissenschaftlich belegt. Experten zufolge reicht ein gesunder Lebenswandel, um das Immunsystem zu stärken. Anreize dazu können stationäre Kuren bieten.

Wie kann ich mein Immunsystem mittels Kur aufbauen?

Ein gesunder Lebenswandel mit ausgewogener Ernährung spielt eine wichtige Rolle für das körperliche Wohlbefinden. Die Industrie hat diesen Bereich für sich entdeckt und wirbt mit zahlreichen Produkten zur Stärkung eines schwachen Immunsystems. Viele Hersteller geben an, dass ihre Produkte eine gesunde Darmflora unterstützen und so für bessere Abwehrkräfte sorgen sollen. Hierbei handelt es sich in der Regel um Nahrungsergänzungsmittel, die beispielsweise einen hohen Vitamin-C-Gehalt aufweisen oder einen Vitamin-D-Mangel ausgleichen sollen. Generell gilt für alle Nahrungsergänzungsmittel, dass vor der Markteinführung weder der Nachweis einer Wirksamkeit noch einer Unbedenklichkeit erforderlich ist. Trotzdem sind Mittel wie Schüßler-Salze oder Vitamin-Präparate beliebt. Experten zufolge reicht bei gesunden Menschen jedoch ein gesunder Lebenswandel aus, um die Immunabwehr fit zu halten und vor Infekten zu schützen. Dazu zählen gesunde Ernährung, ausreichender Schlaf und regelmäßige Bewegung an frischer Luft. Echte Immunschwächekrankheiten sind hingegen selten und müssen ärztlich diagnostiziert und behandelt werden.

Darüber hinaus gibt es stationäre Kuren, die allgemein auf das Thema Prävention ausgerichtet sind. In Heilbädern und Kurorten kommen verschiedene Therapien zum Einsatz, die den Körper und das Immunsystem stärken sollen. Eine wichtige Rolle spielt unter anderem das natürliche Heilklima, bei dem der Körper entsprechenden Reizen ausgesetzt ist. Für Vorsorgemaßnahmen empfehlen Experten ein anregendes Klima mit Kälte und Wind. Zur Rehabilitation nach einem Infekt hingegen eignen sich reizarme Gegenden mit geringen Temperaturschwankungen und Allergenarmut.

Welche Kuren fürs Immunsystem gibt es?

Wenn es um die Gesundheit geht, sind es oft einfache und natürliche Dinge, die große Wirkung erzielen. Die klassischen Heilverfahren in Heilbädern und Kurorten mit ihren Heilmitteln setzen daher auf die Kräfte der Natur, um vorzubeugen, Krankheitszeichen loszuwerden und die Widerstandskräfte zu stärken. "Im Bereich der Prävention bietet sich besonders gut eine Kneipp-Kur an", rät Achim Bädorf, der die deutschen Kneippheilbäder und Kneippkurorte als Vorsitzender und die prädikatisierten Orte in NRW als Geschäftsführer betreut. "Die berühmte Wassertherapie von Pfarrer Sebastian Kneipp hat sich bei der Stärkung des Immunsystems besonders bewährt." Das Naturheilverfahren vereint die fünf Säulen Wasser, Pflanzen, Bewegung, Ernährung und Lebensordnung ganzheitlich für ein gesundes Leben. Die kalten Güsse der Kneipp-Kur beispielsweise stellen einen intensiven Reiz für den Körper dar, zur Abhärtung genügt es, sie an einzelnen Körperstellen durchzuführen. Die Wirksamkeit wurde in Studien immer wieder eindeutig belegt. Das Positive an den Kneipp-Güssen sei die durchblutungssteigernde Wirkung. Das hat eine anregende Wirkung auf die körpereigene Abwehr, die gerade in der aktuellen Pandemiezeit bedeutend ist. Denn je besser Nase, Rachen und Mundschleimhaut durchblutet sind, desto mehr der wichtigen IgA- und Fresszellen werden dort gebildet. Damit die kalten Güsse wirken, müssen sie allerdings regelmäßig durchgeführt werden. Neben den traditionellen Güssen stärken auch Wassertreten oder Armbäder in Kneipp-Becken das Immunsystem.

Viele Heilbäder und Kurorte werben auch mit besonderem Heilklima, das gesundheitsfördernd wirken und das Immunsystem stärken soll. In den Seeheilbädern und Seebädern beispielsweise weht salzhaltige Luft, und durch die Spiegelung des Meeres hat die Sonne eine besondere Kraft. Im Mittelgebirge herrscht mildes und relativ reizarmes Sommerklima, und die zahlreichen Wälder sorgen für eine sauerstoffreiche Luft. Im Hochgebirge sind es der niedrige Luftdruck, die geringe Luftfeuchtigkeit und die hohe UV-Strahlung, die auf den Organismus einwirken und ihn fit machen. "Bei Heilklimakuren werden diese Faktoren so genutzt, dass sich der Körper regenerieren oder abhärten und so vor Erkrankungen schützen kann", erklärt Achim Bädorf. "Die Programme setzen zumeist auf Bewegung an frischer Luft und Sonnenexposition." Kältereize stimulieren die Vitalfunktionen, regen die Durchblutung an und stärken so die Abwehrkräfte. Die richtige Dosis UV-Strahlung im Sonnenlicht hat positive Einflüsse auf Knochen, Kreislauf und Immunsystem. "Reine Luft lässt die Patienten zudem richtig frei durchatmen und entlastet so Körper und Seele", zeigt Bädorf die Vorteile auf. Um eine Überanstrengung zu verhindern, erarbeiten bei entsprechenden Kuren Klimatherapeuten individuelle Konzepte.

Ebenfalls wie bei der Kneipp-Kur zielen die Anwendungen von Heilwasserkuren auch auf die Ertüchtigung des Herz-Kreislauf-Systems ab. Gesundheit von Innen versprechen Trinkkuren, bei denen regelmäßig das natürlich vorkommende Wasser aus Heilquellen zum Einsatz kommt. Heilwässer können Mineralstoffdefizite im Körper ausgleichen, aber auch wichtige Organe unterstützen und für einen gesunden Stoffwechsel sorgen. "Sinnvoll ist auch das Baden in unterschiedlich temperiertem Heilwasser oder in Moorwannenbädern", betont Achim Bädorf. "Aktuell steigt zudem auch vor dem Hintergrund von Corona das Interesse an der Inhalation mit Quellwasser oder vernebelter Sole. Dabei wird der Atemapparat gestärkt." Ähnliches gilt für die Aufnahme "guter" Aerosole. "Sie können von präventionsinteressierten Menschen beim Spazierengehen an Gradierwerken oder Salinen eingeatmet werden", rät Bädorf. "In vielen Heilbädern und Kurorten gibt es auch Nebelkammern an den Gradierwerken."

Bei der Schroth-Kur hingegen trägt Fasten zur Heilung bei. Das Ziel der, wie immer, zumeist zwei- bis dreiwöchigen Kur ist eine Entgiftung und Entschlackung des Körpers. Die Anwendungen können die Selbstheilungskräfte stärken, gleichzeitig verliert der Körper an eventuell überflüssigem Gewicht. Schließlich wird die Radon-Therapie seit über 100 Jahren als Heilverfahren eingesetzt. Beim Baden oder Trinken von radon-angereichertem Quellwasser oder beim Aufenthalt in Bergwerkstollen gelangt das gering dosierte Heilgas in den Organismus und reizt dort die körpereigenen Schutzmechanismen. Das sorgt für die Anregung von Stoffwechsel und Immunsystem.

Welche anderen Wege gibt es, das Immunsystem wieder aufzubauen?

Grundsätzlich unterstützt eine ausgewogene Ernährung die Stärkung des Immunsystems. Vollwertig essen und trinken hält gesund, fördert Leistung und Wohlbefinden. "Die Ergebnisse verschiedener medizinischer Studien zeigen einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten und dem Verlauf von Herz-Kreislauf-Krankheiten, Krebs und anderen chronischen und degenerativen Krankheiten und der Ernährungs- und Lebensweise", erklärt Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE). "Die Forschung zeigt auch, dass einige Nährstoffe und Nahrungsinhaltsstoffe eine vorbeugende, also präventive Wirkung aufweisen." Dazu zählen insbesondere Ballaststoffe sowie Antioxidantien und sekundäre Pflanzenstoffe. Eine wichtige Rolle spielen auch Vitamine, beispielsweise verschiedene B-Vitamine, Vitamin C, Vitamin D und Vitamin A aber auch Omega-3-Fettsäuren.

Für die Abwehrkräfte ist eine vielseitige Ernährung mit wichtigen Vitaminen und Mineralien besonders wichtig. "Kein Lebensmittel allein enthält alle Nährstoffe“, betont Silke Restemeyer. „Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Getreide und Kartoffeln liefern viele Nährstoffe, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe bei gleichzeitig wenigen Kalorien." Experten raten dazu, mindestens drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst pro Tag zu essen. Wichtige Nährstoffe befinden sich weiterhin in Pflanzenölen und Nüssen. Bei Getreideprodukten wie Brot, Nudeln, Reis und Mehl ist die Vollkornvariante die beste Wahl. Fisch in Maßen und Milchprodukte ergänzen die Vielfalt. Wer Fleisch isst, sollte laut Empfehlungen der DGE nicht mehr als 300 bis 600 Gramm pro Woche zu sich nehmen.

Eine wichtige Rolle bei der Prävention von chronischen Krankheiten scheinen Antioxidantien zu spielen. Sie neutralisieren sogenannte freie Radikale, die leicht mit anderen Verbindungen reagieren und Veränderungen auslösen. Der menschliche Körper verfügt über ein eigenes Schutzsystem vor freien Radikalen, das größtenteils aus Enzymen besteht. Diese benötigen Spurenelemente wie Selen, Zink, Kupfer oder Mangan. "Zu den Antioxidantien aus der Nahrung zählen Vitamin C, Vitamin E, Carotinoide, Flavonoide und andere sekundäre Pflanzenstoffe", erklärt Restemeyer. "Entscheidend für deren Wirksamkeit ist, dass eine Mischung verschiedener Antioxidantien mit der Nahrung zugeführt wird, da sie sich gegenseitig in ihrer Funktion unterstützen." Für das Immunsystem ist es daher förderlich, vermehrt gute Lieferanten für Antioxidantien auf den täglichen Speiseplan zu setzen. Dazu zählen insbesondere grün gefärbte Gemüsearten wie Spinat, Grünkohl, grüne Bohnen oder Feldsalat, aber auch Tomaten, Karotten, Beeren- und Zitrusfrüchte sowie Äpfel und Birnen. Gute Vitamin-E-Quellen sind hochwertige pflanzliche Öle und Margarine mit einem hohen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren. Hauptlieferanten der Spurenelemente Selen, Zink, Kupfer und Mangan sind Fleisch, Fisch, Eier und Vollkornprodukte. "Die positiven Wirkungen von Gemüse und Obst lassen sich übrigens nicht durch die Einnahme bestimmter Präparate erreichen", warnt die Ernährungsexpertin. "Studien belegen, dass isoliert aufgenommene Nährstoffe oder sekundäre Pflanzenstoffe keinen oder nur geringe Schutzeffekte aufweisen und sich manchmal sogar nachteilig auf die Gesundheit auswirken können."

Vollwertige Ernährung und körperliche Aktivität gehören zusammen – das gilt auch für die Stärkung des Immunsystems von Kindern. "Pro Tag 30 bis 60 Minuten moderate körperliche Aktivität fördern die Gesundheit und helfen dabei, das Gewicht zu regulieren", rät Silke Restemeyer. "Regelmäßige körperliche Aktivität senkt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Schlaganfall, Diabetes mellitus Typ 2, Adipositas, Brust- und Darmkrebs und Depressionen und ist gut für die Knochengesundheit."

Wann kommt eine Kur infrage, um das Immunsystem zu stärken?

Viele Menschen begeben sich nach einer Krankheit oder einer Operation in medizinische Rehabilitation. Eine Auszeit in einem Heilbad oder Kurort kann aber auch vorbeugend wirken. Dabei geht es in der Regel darum zu handeln, bevor eine Erkrankung eintritt, also um Prävention. Seit einigen Jahren richten sich entsprechende medizinische Leistungen der Deutschen Rentenversicherung auch an gesunde, aber beruflich oder aus anderen Gründen stark belastete Beschäftigte. Denn mit den stetig steigenden Anforderungen in Beruf und Alltag leiden immer mehr Menschen unter Stress. Ein gesunder Lebenswandel bleibt dabei oftmals auf der Strecke, und leichte Beschwerden wie wiederkehrende Schmerzen oder Probleme mit Gewicht, Stoffwechsel oder Atemwegen werden ignoriert. Daraus können sich im Laufe der Jahre allerdings ernste Erkrankungen entwickeln, die die Lebensqualität mindern.

Bei Stress und ungesundem Lebenswandel leidet oftmals das Immunsystem. Gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und Entspannungsübungen können den Körper wieder ins Gleichgewicht bringen. Im Alltag fällt die Umstellung jedoch oftmals schwer, und so kann eine Auszeit in einem Heilbad oder Kurort für den nötigen Abstand sorgen. Kurangebote zu Bewegung, Ernährung und Stressbewältigung helfen bei der Stressbewältigung und stärken Körper und Immunsystem. Die in der Kur erlernten Maßnahmen sollten zuhause weiter fortgeführt werden.

Weitere Tipps rund um ein starkes Immunsystem:

Über die Autorin: Brigitte Bonder ist seit über zehn Jahren als freie Journalistin für reichweitenstarke Tageszeitungen und Special-Interest-Magazine tätig. Ihr Schwerpunkt liegt seither auf wissenschaftlichen Themen, wie Medizin, Technik und Naturwissenschaften. Für das Ressort Reise ist sie unter normalen Umständen jeden Monat für ihre Leser unterwegs und recherchiert vorwiegend zu naturnahen und nachhaltigen Erlebnissen in Deutschland.

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