Erdogan Atalay im Interview

"Nur Nordkorea wollte 'Alarm für Cobra 11' nicht"

von Anke Waschneck

Seit über 20 Jahren spielt Erdogan Atalay in "Alarm für Cobra 11" die Rolle des Polizisten Semir Gerkhan. Im Interview spricht er über die Dreharbeiten zur neuen Staffel, Heiratsanträge von Fans und seine private Fahrweise.

Mit einer Körpergröße von etwa 1,60 Meter könnte Erdogan Atalay am Set eher unscheinbar sein. Doch genau das Gegenteil ist der Fall. Er ist das Urgestein von "Alarm für Cobra 11", und auch wenn er sich gegen das Wort Star wehrt, ist er bei den Dreharbeiten der Mann im Mittelpunkt. Atalay kennt alle, plaudert gelassen mit jedem und hat selbst zwischen zwei Takes genug Zeit, um entspannt Fragen zu beantworten oder Witze zu reißen. Ein Routinier im besten Sinne. Seit 1996 spielt er den Autobahnpolizisten Semir Gerkhan.

Die Auftaktfolge der 23. Staffel "Alarm für Cobra 11" (Donnerstag,13. September, 20.15 Uhr, RTL) wurde in Budapest gedreht, wo wir Erdogan Atalay am Set getroffen haben. Mehr denn je wird es spektakuläre Verfolgungsjagden, Schießereien und heftige Explosionen geben. Der 51-Jährige verrät, wie gut er privat Auto fährt, warum die Serie immer noch die Zuschauer vor den Fernseher lockt und welches Ziel er sich als Nächstes wünschen würde.

prisma: Sind Sie zum ersten Mal in Budapest?

Erdogan Atalay: Ja. Und ich kann sagen: Die Stadt ist unglaublich schön. Obwohl ich schon viele Filme gesehen habe, die in Budapest gedreht wurden, habe ich es bisher nicht geschafft, herzukommen. Manchmal wird Budapest als Paris, Wien oder Berlin verkauft, oder wie bei uns ganz spießig als Budapest (lacht). Dass wir sogar vor dem Parlament drehen dürfen, ist fantastisch. Die Leute hier sind Dreharbeiten gewohnt. Sie sehen eine große Explosion, nicken und gehen weiter.

prisma: Wissen die Ungarn denn, wer Sie sind?

Atalay: Ja, der ein oder andere fragt mich auf der Straße sogar nach einem Selfie. "Alarm für Cobra 11" wird auch in Ungarn ausgestrahlt, genau wie in etwa 120 Ländern weltweit. Nur Nordkorea wollte es nicht (lacht). Natürlich lebe ich mit meinem Bekanntheitsgrad, aber er ist mir nicht immer präsent. Ich habe nicht mit der Schauspielerei angefangen, um bekannt zu sein, sondern ich wollte spielen. Wenn Leute mich heute anschauen, wundere ich mich oft. Dann fällt mir wieder ein, dass sie mich aus dem Fernsehen kennen. Aber ich muss auch zugeben, ich habe noch nie jemanden getroffen der gesagt hat: "Was du da machst, finde ich total scheiße." Es ehrt und berührt mich, dass die Menschen mich und meine Figur mögen.

prisma: Haben Sie schon Liebesbriefe bekommen?

Atalay: Ja. Manche Fans haben geschrieben, dass sie mich heiraten wollen. Aber ich bin schon verheiratet. Da kann ich dann leider nur absagen, das ist doof. (lacht)

prisma: Woran denken Sie liegt es, dass Ihre Figur so viele Sympathien erntet?

Atalay: Ich habe meine Figur immer wieder weiterentwickelt. Wir sind keine Superhelden oder Marvel-Charaktere, sondern unsere Figuren sind ganz normale Menschen mit Problemen und Ängsten. Semir symbolisiert für mich ein bisschen die alten Werte, wie Treue und Mut. Wir achten darauf, dass unsere Figuren nicht total asozial sind. Es gibt immer einen Grund, warum Semir Gerkhan oder Paul Renner so handeln, wie sie handeln. Wenn zum Beispiel die Familie in Gefahr ist, dann kennen sie keine Gnade. Das kann aber wiederum jeder nachvollziehen.

prisma: Die Zuschauerzahlen sinken trotzdem leicht ...

Atalay: Unsere Zahlen sind auch zurückgegangen, aber dieser Trend betrifft nicht nur unser Format. Schließlich muss das lineare Fernsehen, und gerade eine Serie wie unsere, inzwischen mit zahlreichen Streaming-Plattformen konkurrieren. Da hat das ganze Fernsehen drunter zu leiden. Die Sender müssen gut überlegen, was für Formate sie produzieren, um die Leute zu binden. Die Konkurrenz ist sehr stark.

prisma: Wie bleibt "Alarm für Cobra 11" immer aktuell?

Atalay: Als ich angefangen habe, "Cobra 11" zu drehen, kannte man derartige Action aus Deutschland noch nicht. Solche Serien kamen immer aus Amerika. Die Zuschauer fanden das klasse, und es war ein riesiger Erfolg. Die Serie hat sich dann fortwährend verändert und angepasst, und der Zuschauer hat das einfach mitgemacht. Das finde ich fantastisch und kenne es so von keiner anderen Serie. Außerdem machen wir ganz unterschiedliche Sachen. Wir haben einen klaren, verlässlichen Aufbau, denn es gibt immer die Action- und Entertainment-Elemente. Gleichzeitig wechseln wir auch ab: Manche Folge ist ernst, manche eher klamaukig.

prisma: Machen Sie die Stunts immer noch selbst?

Atalay: Teilweise. Es gibt viele Szenen, in denen wir gedoubelt werden. Früher sind wir noch viel selbst gefahren, aber das ist nicht mehr notwendig. Wir sind alle Adrenalin-Junkies, klar. Aber wir sind auch alle Familienväter und nicht lebensmüde.

prisma: Man wird also vorsichtiger?

Atalay: Ja, manchmal. Meine Frau sagt immer: "Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste!"

prisma: Hat Ihr Job Sie auch im Alltag geprägt?

Atalay: Wenn man das so lange macht wie ich, dann ist man unruhiger im normalen Leben. Am Set befindet man sich in einer halbwegs kalkulierten Gefahr, wo man nur ein Restrisiko trägt. Ich reagiere im Privaten inzwischen anders. Wenn ich zum Beispiel an einer Kreuzung bin, und es kommt ein Auto, dann halte ich automatisch meinen Nebenmann zurück. Wenn ich sehe, ein Kind macht den nächsten Schritt nicht auf der Stufe, dann greife ich ein. Das macht einen irgendwann irre (lacht).

prisma: Was ist mit Autos: Gehen Sie damit auch anders um?

Atalay: Ja, man kriegt definitiv ein anderes Verhältnis zu Fahrzeugen. Am Set gehen sie eben oft kaputt. Nur BMW und Mercedes wird gesponsert, und ab und an bekommen wir auch andere gestellt. Ansonsten müssen wir die kaufen!

prisma: Fahren Sie selbst schnell?

Atalay: Ich fahre nur schnell, wenn alles leer ist, und ich fahre besonnen. Ich drängle nie, denn ich möchte niemanden in Gefahr bringen. Also: schnell, aber vorsichtig. Wenn man angehalten wird, hat man aber auch als Fernseh-Cop keinen besonderen Status bei der Polizei, sondern ist ein ganz normaler Autofahrer.

prisma: Wo würden Sie gerne die nächste Auslands-Folge drehen?

Atalay: Malediven wäre fantastisch. Ich habe mich dort sehr wohlgefühlt. Aber da gibt es keine Autobahn, also wird es eher schwierig für "Alarm für Cobra 11".


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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