"Aufgeklärt – Spektakuläre Kriminalfälle"

Der Fall Walter Sedlmayr: Mord an einem Schauspiel-Star

von Wilfried Geldner

Vor 30 Jahren wurde der Volksschauspieler Walter Sedlmayr grausam ermordet. Die Kripo war lange auf der falschen Fährte, erst nach einem Jahr wurden die Täter überführt. Das ZDF erinnert nun in seiner Crime-Dokureihe "Aufgeklärt – Spektakuläre Kriminalfälle" noch einmal an den "Fall Walter Sedlmayr".

ZDF
Aufgeklärt – Spektakuläre Kriminalfälle: Der Fall Walter Sedlmayr
Doku • 10.07.2020 • 22:30 Uhr

Walter Sedlmayr kommt nicht zur Ruhe. Der Schauspieler, der 1973 für seine Solorolle als königlicher Hofkoch in Hans-Jürgen Syberbergers Film "Theodor Hierneis oder: Wie man ehem. Hofkoch wird" den Bundesfilmpreis bekam und später als kleinbürgerlicher Bilderbuchbayer in vielen Filmen und Serien glänzte, fiel Mitte Juli 1990 in Schwabing einem grausamen Mord zum Opfer. Eine Tat, die auch 30 Jahre später nichts von ihrem Schrecken eingebüßt hat. Die Spuren und Tatwerkzeuge (Messer und Hammer) in seiner Wohnung sollten auf einen von der Mafia verübten Mord innerhalb des homosexuellen Sadomaso-Milieus verweisen. Erst nach einem Jahr wurden Sedlmayrs Ziehsohn und dessen Halbbruder von der Münchner Mordkommission als Täter dingfest gemacht und im Mai 1993 zu lebenslanger Haft verurteilt. Wegen guter Führung wurden sie bereits 2007 entlassen. In der ZDF-Reihe "Aufgeklärt – Spektakuläre Kriminalfälle" wird die damalige schwierige Aufklärungsarbeit nun mithilfe der Kriminalexperten Katinka Keckeis und Axel Petermann nachvollzogen.

Die "Experten" – sie Psychologin, er Exprofiler – geben dabei Einblicke, die den Fall ins Allgemeinere heben sollen, der Zuschauer nimmt gewissermaßen an einem Kurzunterricht für Kriminologen teil. So wird etwa an der Polizeiakademie Hessen mittels einer Schaumstoffpuppe ein Tathergang nachgestellt, der mit dem Mord an Sedlmayr kaum noch etwas zu tun hat. Nicht nur Tatort-Zuschauer wissen sicher längst, dass es in Mordfällen darum geht, "alle Möglichkeiten" in Betracht zu ziehen und sich nicht vom persönlichen Jagdinstinkt leiten zu lassen. Darüber hinaus werden auch noch alle möglichen recht und schlecht ähnlich gelagerten Fälle von Seriemorden (!) herbeigezogen.

Gut, dass dann aber auch immer wieder der damalige Leiter der Münchner Mordkommission Josef Wilfling in Statements zu sprechen kommt. Noch einmal macht er die Schwierigkeiten bei der Aufklärung des Mordfalls klar, verweist auf die falschen Spuren, die auf ein Sexualmotiv deuten sollten (mehrere Kondome, eine Lederpeitsche waren in Sedlmayrs Schlafzimmer verstreut). Sedlmayrs Sekretär, der ein offensichtlich gefälschtes Testament per Videoband präsentierte und schwer abzuklopfende Alibis machten alles nicht leichter.

Schließlich kam auch noch ein angeblicher Mann aus Mafiakreisen ins Spiel, den Wilfling in Kroatien als Kriegsteilnehmer verhörte und entlasten konnte. Letztlich wurden aber Habgier und die Angst vor der Enterbung nach Auseinandersetzungen um das gemeinsam geführte Lokal "Beim Sedlmayr" als Mordmotiv seitens der Täter erkannt.

Es bleiben jedoch Rätsel: Die bei der Tat an den Tag gelegte äußerste Grausamkeit, der Anruf eines der Verurteilten bei Sedlmayr kurz vor der Tat, der später entdeckte Fingerabdruck eines Unbekannten, vor allem aber die Verweigerung eines Geständnisses der Tat. Nach mehreren abgelehnten Wiederaufnahmeanträgen während des Strafvollzugs gelang es den Verurteilten, aus Gründen des Persönlichkeitsrechts gegenüber der Presse eine neuerliche Namensnennung gesetzlich zu verbieten. Die Namenstilgung früherer Interneteinträge wurde aber vom Bundesgerichtshof abgelehnt.

Zu wenig wird im Film der Akzent auf die szenischen Qualitäten des legendären Schauspielers Sedlmayr, etwa in der "Polizeiinspektion 1", dem "Millionenbauer", aber auch im ironischen Reisefeuilletonisten "Sedlmayrs Reisen" gelegt. Die eingangs gestellte Frage "Wer war Walter Sedlmayr?" bleibt weitgehend ohne Antwort. Glücklicherweise sind im Internet zahlreiche Sedlmayr-Porträts zu sehen. Eine kurz vor seinem Tod aufgezeichnete ORF-Sendung, "Walter Sedlmayr – Der Wirt", ist als humorvoll-ironische Selbsdarstellung geradezu unschlagbar. Als Haferl-Gucker stellt hier Sedlmayr, der keinesfalls ein einfacher Mensch war, die Schlagwort-haften Zeitzeugen-Statements aus der ZDF-Doku in den Schatten.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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