Im BR zu sehen

Doku über Bob Marley als ausführliche Legenden-Lobhudelei

von Evi Sand

Der schottische Regisseur und Produzent Kevin Macdonald hat Erfahrung mit Dokumentationen: Er begann mit einer über seinen Großvater ("The Making of an Englishman", 1995), wagte sich dann an Charlie Chaplin ("Chaplin's Goliath", 1995), schneiderte ein Porträt über Mick Jagger ("Being Mick", 2001) und gewann im Jahr 2000 sogar einen Oscar – für "Ein Tag im September", seine dramatische Illustrierung der Geiselnahme in München während der Olympischen Spiele 1972. 2012 folgte sein schlicht "Marley" benanntes Werk über Bob Marley, das der BR nun um 23.30 Uhr ausstrahlt. Zweieinhalb Stunden widmet sich der Film jamaikanischen Reggae-Ikone – ebenso ausführlich wie oberflächlich.

BR
Marley
Dokumentarfilm

Die Voraussetzungen für den Film konnten nicht besser sein: Bob Marleys Witwe Rita, Sohn Ziggy und Tochter Cedella standen hinter dem Filmemacher. Kevin Macdonald reiste durch die ganze Welt, betrachtete bisher unveröffentlichtes Filmmaterial und interviewte Marleys Freunde.

Impressionen und Allgemeinplätze

Herausgekommen ist eine Biografie, die so ist, wie Dokumentationen früher einmal waren, bevor ein Ruck durch dieses Genre ging und alles wie ein Spielfilm aussehen sollte. "Marley" tut diese Entwicklung als modernen Schnickschnack ab und fängt ganz vorne an. Einblendung Blechhütte, Nine Miles, Jamaika: Hier wurde Robert Nesta Marley im Februar 1945 geboren. Nicht nur in Armut, sondern auch noch mit einem britischen Vater, was ihn zum Außenseiter machte. Es folgen Impressionen und Allgemeinplätze.

Schnell beschleicht einen das Gefühl, wenig über den Mythos dieses Mannes zu erfahren. Wo bleibt der Einblick in die Kindheit, wo eine Stellungnahme zu den unterschiedlichen Thesen über die (Nicht-)Anwesenheit seines Vaters? Warum wurde Marley der Mann, der Reggae in die Welt hinaustrug? Er selbst gibt in eingeblendeten Archivaufnahmen darüber ebenso wenig Aufschluss wie die verquast daherredenden Musiker.

Brave Inhaltsangabe

Bilder von Jamaika, bekiffte Männer und eine brave Inhaltsangabe lassen diese Dokumentation wirken wie eine Arbeit, die man machen musste, aber nicht wollte. Die Frage, warum der 44-jährige Filmemacher diesmal so unelegant an der Oberfläche bleibt, drängt sich auf. An mangelnder Erfahrung im Genre kann es sicher nicht liegen.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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