Gelungener Landkrimi aus Österreich

"Grenzland": Ein Dorf jagt einen Asylanten

von Wilfried Geldner

Im Südburgenland wird die Leiche eines Mädchens entdeckt. Marie war taubstumm, die Dorfbewohner hielten sie für "deppert". Ein Mörder ist schnell gefunden. Es kann nur der Asylsuchende Achmet (Hassan Akkouch) gewesen sein. Doch dann findet die Oberinspektorin Jandrasits ganz anderes heraus.

ZDF
Grenzland
Kriminalfilm • 20.05.2019 • 20:15 Uhr

Als die Oberinspektorin Elfriede Jandrasits (Brigitte Kren) aus Eisenstadt in dieser ORF/ZDF-Koproduktion zum Tatort gerufen wird, bricht der Vater des Mädchens zusammen. Jeder im Dorf glaubt, der Täter könne kein anderer als der auf der Flucht befindliche syrische Asylsuchende Achmet (Hassan Akkouch) gewesen sein. Marvin Kren setzte den österreichischen Landkrimi "Grenzland" auf der Basis eines Buches von Konstanze Breitebner in Szene.

Auch der Dorfpolizist Hans Boandl (Christoph Krutzler) ist offensichtlich dieser Meinung. Wie alle anderen Ortsbewohner hat er für die minderjährigen Asylsuchenden, die 2015 ins Land gekommen sind, kein gutes Wort übrig: Sie sprechen kein Deutsch, arbeiten nicht – und "haben keine Freundin", wie die Inspektorin aus Eisenstadt halb ironisch bemerkt. Rassismus wird man ihr nicht unterstellen können, auch wenn sie das Couscous mit Hühnchen ablehnt, das man ihr im notgedrungen bezogenen einzigen Gasthof des Ortes – es dient zurzeit als Asylantenunterkunft – reichen will. "Multikulti-Küche" mag sie nicht, wirft sie dem Wirt entgegen.

Wie gerne wäre die Jandrasits jetzt daheim in Eisenstadt. Ihrem Wolfi (Wolfram Berger), der gerade seine Pensionierung feiert, erzählt sie von einem "Sieben-Sterne-Hotel in Dubai", in dem sie abgestiegen sei. In einer köstlichen Eingangsszene hatte sie Wolfi noch mit einem Handschlag aufs Kopfkissen zu sich ins Bett gerufen. Eine Mischung aus Resolutheit und Sanftheit ist sie, die Inspektorin. Gerne ruft sie ganze Männerrunden, Einheimische wie Asylsuchende zu sich und forscht sie aus. Auch mit ihrem Kollegen auf Zeit, dem Boandl geht sie streng ins Gericht. Man müsse schweigen, sagt sie, dann reden die Menschen schon von selbst.

Während die Stammtischbrüder zu dem Schluss kommen, dass "alle Politiker Orschlöcher sind" und die Asylsuchenden nur ihre "Madl'n umbringen" woll'n, bekommt die Jandrasits den verschwundenen Achmet zu fassen. Weil er sie dabei niederschlägt, ohrfeigt sie ihn später gefesselt. Austriakischer Humor kann auch mal recht grausam sein. Achmet flüchtet bald erneut, die Dorfbewohner begnügen sich nun nicht mehr mit Vorurteilen. Vielmehr beginnt eine Menschenjagd, die unter dem blutroten Wolkenhimmel eimnem Spätwestern aus Arizona gleicht.

Dass alles zuletzt eine ganz andere Richtung nimmt, wenngleich eine ihrerseits durchaus vorhersehbare, lässt sich denken. Die Zeichnungen der Taubstummen (Sophie Stockinger bekam für die Rolle den österreichischen Filmpreis Romy) verraten den Täter. Ein blutiges Drama nimmt seinen Lauf. Dieser "Landkrimi", der zwölfte insgesamt und der zweite aus dem Burgenland, beweist einmal mehr, dass die Österreicher Krimi können – in jedem sauren Apfel ist noch ein süßer Kern versteckt. Diesmal wirkten gar Mutter und Sohn Seite an Seite. Er, der Gewinner des Deutschen Fernsehpreises, Marvin Kren (für "4 Blocks"), führte nie langweilend Regie. Sie, Brigitte Kren, spielte – mal mütterlich, mal aufbrausend streng – die grandiose Inspektorin aus Eisenstadt.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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