Jussi Adler-Olsen-Verfilmung im ZDF

"Erlösung": Ein typischer, abgründiger Skandinavienthriller

von Frank Rauscher

"Carl Mørck ist ein wahnsinnig unterhaltsamer Sarkast", sagt der dänische Schauspieler Nikolaj Lie Kaas über den Kommissar aus den Jussi-Adler-Olsen-Verfilmungen: einen unzugänglichen Typen, der "die Dinge immer ein bisschen anders sieht als der Rest der Welt". Als menschlichen Kontrast weiß er nach wie vor Partner Assad (Fares Fares) an seiner Seite. Nach den bereits erfolgreich umgesetzten Adaptionen "Erbarmen" (2013) und "Schändung" (2014) lebt nun auch "Erlösung" sehr gut von der Interaktion zweier grundverschiedener Ermittlertypen und den herausragenden Schauspielern dahinter, denen Regisseur Hans Petter Moland diesmal sogar ab und an ein dezentes Augenzwinkern gönnt. Im ZDF läuft die Free-TV-Premiere des Thrillers nun zum Abschluss der Jussi Adler-Olsen-Reihe.

ZDF
Jussi Adler-Olsen: Erlösung
Thriller • 23.10.2017 • 22:15 Uhr

Der von Nikolaj Lie Kaas nun bereits zum dritten Mal verkörperte Ermittler Carl Mørck könnte mit seiner notorisch schlechten Laune fast als ein stillerer Bruder des durchgeknallten Dortmunder "Tatort"-Kommissars Faber durchgehen. Beides astreine Misanthropen schon von Berufs wegen: Sie haben viel zu viel Böses gesehen. Wobei es schon ein bisschen besser geworden ist mit ihm. Vor allem Assad, der empathischste und geduldsamste Mensch, den man sich nur vorstellen kann, verhilft ihm zu einer gewissen Geländegängigkeit.

Blutige Flaschenpost

Der Kriminalfall, um den es hier geht, ist wie immer in den Adler-Olsen-Romanen derart abgründig, dass man versucht ist, Mørcks Misstrauen und Ablehnung gegenüber der Gesellschaft zu teilen. Allerdings wurde die Geschichte im Vergleich zur tiefgängigen, vielschichtigen Buchvorlage ganz erheblich verschlankt, was sie an einigen Stellen doch erstaunlich plump wirken lässt. Sie beginnt plakativ mit einer mit Blut geschrieben Flaschenpost, die das von Carl geführte Sonderdezernat Q der Kopenhagener Polizei auf den Plan ruft.

Dort kommt man diesmal erstaunlich schnell voran: Die Abteilung, die sich um sogenannte kalte Fälle kümmert, kommt auf zwei seit langem verschwundene Kinder, die jedoch von ihren Eltern nie als vermisst gemeldet wurden. Die weiteren Recherchen führen Carl und Assad alsbald in die ländliche Provinz und in ein sektenartiges religiöses Umfeld, in dem ein junges Oberhaupt, Johannes (Pål Sverre Valheim Hagen), das Sagen hat. Dass der allzu aufgesetzt freundliche Mann ein klassischer Wolf im Schafspelz ist, liegt sofort auf der Hand – wobei erst nach und nach klar wird, mit welch brutalem Kaliber Erpresser, Entführer, Serienmörder man es hier zu tun hat ...

Ein Glücksgriff für eine abgründige Rolle

Auch wenn der überwiegend im Raum Hamburg gedrehte Film hier und da mit flotten Actionszenen überrascht, ist "Erlösung" ein typischer Skandinavienthriller: Ein schroffer Ermittler bekommt es in einer öden Landschaft mit wortkargen Menschen zu tun – und mit einer der finstersten Täterseelen, die man seit Langem gesehen hat. Fast ein bisschen schade, dass Johannes' Lebensgeschichte kaum mehr als ein Schattenriss bleibt; von ihm, seinem Leben, seiner Motivation, hätte man gerne mehr erfahren – zumal sich der Schaupieler Pål Sverre Valheim Hagen als echter Glücksgriff für diese abgründige Rolle entpuppt. Er macht als selbsterklärter Sohn Satans aus jeder seiner wenigen Szenen eine eigene Gänsehautnummer.

Wie schon die beiden Vorgängerfilme funktioniert "Erlösung" im Kino autark, also auch, ohne die Buchvorlage oder die beiden anderen Filme zu kennen. Wieder ist die Geschichte am Ende, als es zu einer weiteren Entführung kommt, als flirrend spannender Wettlauf gegen die Zeit inszeniert. Ein solider Krimi, der allerdings kaum zu der Größe der ersten beiden Adler-Olsen-Adaptionen findet. So richtig tief geht es eigentlich nur zwischen den beiden Ermittlern. "Denkst du nie über den Sinn des Lebens nach", fragt Assad seinen Kollegen Carl einmal während einer Autofahrt. Carl schaut ihn an, als hätte er nicht den Hauch eines Schimmers, was sein Kompagnon von ihm will, und sagt nach einer Denkpause schließlich: "Nein."


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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