"Die robuste Roswita"

"Tatort"-Check: Solide bis kloßartig

von Maximilian Haase

Im Weimarer Tatort "Die robuste Roswita" ermitteln Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) im Thüringer Kloß-Milieu und präsentieren sich dabei in Höchstform. Die nicht sonderlich spannende Story ist dank der zotigen Begleitumstände dennoch überaus unterhaltsam.m.

"Warum reduziert man unsere Größe auf Würste und Klöße?", fragte einst Rainald Grebe in seiner "Thüringen-Hymne". Auch der "Tatort" aus Weimar spielt seit 2013 ausgiebig mit den Klischees über das "grüne Herz Deutschlands". Hatten sich Christian Ulmen und Nora Tschirner bereits in der ersten Folge der Rostbratwurst ("Die fette Hoppe") angenommen, stand beim neuen Auftritt des Duos "Die robuste Roswita" im Mittelpunkt. Und eben die bewies in einem soliden Kulinarik-Krimi, dass Thüringer Klöße nicht nur schmecken, sondern auch tödlich sein können.

Worum ging's?

Um den makabren Mord an einem traditionsreichen Thüringer Kloß-Hersteller. Denn selbstverständlich wurde der Chef der "Thüringer Kloß-Welt", Christoph Hassenzahl (Matthias Paul), in seiner eigenen Fabrik im Schockfroster zu Granulat verarbeitet. Verdächtigt wurde seine verschwunden geglaubte und titelgebende Ex-Frau Roswita (Milena Dreissig), die wie aus dem Nichts nach sieben Jahren wieder auftauchte und behauptete, an Amnesie gelitten zu haben. Ihr Liebhaber Roland Schnecke (Nicki von Tempelhoff) soll sie einst gedächtnislos im Hainich aufgefunden und als Klofrau an einer Autobahnraststätte unter seine Fittiche genommen haben. Von der Kloß-Königin zur Klo-Königin: Den Wortwitz bespielt der "Tatort" genüsslich von allen Seiten.

Worum ging's wirklich?

Um eine zotige Kombination aus Kloß-Milieu und Klo-Geschäft. Von der Kloß-Königin zur Klo-Königin: Den Wortwitz bespielte der "Tatort" genüsslich von allen Seiten. Ein weiterer Running-Gag ist der "Soß-Kloß", den Roswita einst erfand. Obwohl dabei die Soße schon im Kloß enthalten ist, traf die "Weltidee" bei der Firma ihres Mannes nicht gerade auf Gegenliebe. "Wir haben zusammengehört wie Soß und Kloß", schwört dennoch die Verdächtige Roswita.

Gibt es den Soß-Kloß auch in echt?

Eine Wahnsinnsidee, möchte man meinen! Ein Thüringer Kloß, in dem die passende Soße bereits enthalten ist! "Ich würde es essen", meinte auch Kommissarin Dorn, als ihr die Erfindung vorgestellt wurde? Doch kamen die "Tatort"-Schreiber tatsächlich auf eine patentverdächtige Idee? Ja und Nein. Ein derartiges Produkt existiert tatsächlich noch nicht. Das ist aber auch gut so: Ein echter Thüringer würde das auch vehement ablehnen. Zum Kloß-Genuss gehört das zärtliche Öffnen des Kloßes und sein anschließendes Befüllen mit Soße nämlich wie der Rennsteig zum Thüringer Wald. Fun Fact: Der größte Thüringer Kloß aller Zeiten stammt aus dem benachbarten Jena. 365 Kilogramm brachte das Prachtexemplar auf die Waage. Garzeit: acht Stunden.

Wie realistisch ging es sonst so zu?

Wie realitätsnah ein Krimi so sein kann, zeigte eine Begebenheit beim Dreh: Eine ältere Dame verlangte am eigens für eine Szene aufgebauten Bratwurststand in der Weimarer Innenstadt tatsächlich eine echte Thüringer – und musste enttäuscht von dannen ziehen. Ein großes Lob für die Kulisse, die auch im siebten Fall von Dorn und Lessing sowohl die Klassikerstadt als auch die thüringische Lebensart ebenso überspitzt wie glaubwürdig inszenierte. Ansonsten: Auch den Kloß-Giganten gibt es im grünen Herzen Deutschlands natürlich. Gedreht wurde der "Tatort" nördlich von Weimar in und um das Kloßdorf Heichelheim, in dem sich die Kloßfabrik Ablig Feinkost und die berühmte "Thüringer Kloß-Welt" samt Kloß-Museum befinden. Aus Ablig wurde Hasselzahl – an die strengen Hygiene-Vorschriften musste sich das 45-köpfige "Tatort"-Team jedoch auch während des Drehs halten.

Wie waren die Ermittler in Form?

Sehr regional. "Es gibt zwei große Dinge in Thüringen", belehrte Dorn ihren Partner gleich am Anfang "Ach, gleich zwei?", giftete Lessing zurück, der im Laufe des "Tatorts" von seiner Kollegin sogar noch das ironische Zertifikat verliehen bekam, bald "ein echter Thüringer" zu sein. Ja, wären die bisweilen wirklich witzigen und selbstreferenziellen Dialoge und Absurditäten nicht, könnte der Weimarer "Tatort" fast als zünftiger Regional-Krimi durchgehen. Soundtrack-Vorschlag: YouTube-Phänomen Fritz mit seinem tausendfach geklickten Hit "Thüringer Klöße" ("Für Klöße gehe ich meilenweit"). Ansonsten, wie beim traditionellen Alliterations-Titel, alles wie gehabt: Kira Dorn und Lessing sind und bleiben das zotigste, schlagfertigste und (Geschmacksfrage!) witzigste "Tatort"-Duo. Auf weitere fünf Jahre!

Wie war der "Tatort"?

Kloß- und Klo-Frauen, Discounter-Monopole und Autobahntoiletten-Business, Traktor-Verfolgungsjagden und Vergiftungs-Orgien; zudem ein fiebrig erkälteter Kommissariats-Chef (Thorsten Merten), der zu allem Überfluss noch stundenlang ins Kühlhaus eingesperrt wird; außerdem der dauerdümmliche Polizist Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey), der jetzt erst versteht, dass er durchaus noch in der Besoldungsgruppe aufsteigen kann: Im solide geschriebenen und humorvoll umgesetzten "Tatort" Weimar präsentiert sich Thüringen in Sachen Kulinarik und krimineller Energie vielfältig – wenn auch nicht sonderlich spannend. Wir vergeben die Note 3.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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