Neuer Fall aus Weimar

Tatort: Von der Kloßkönigin zur Königin der Klos

24.08.2018, 13.19 Uhr
von Florian Blaschke
Ohne große Gesten: Lessing (Ulmen) und Dorn (Tschirner).
Ohne große Gesten: Lessing (Ulmen) und Dorn (Tschirner).  Fotoquelle: MDR / Wiedemann & Berg

    Die "Tatort"-Kommissare Dorn und Lessing bekommen es in "Die robuste Roswita" mit einem gefriergetrockneten Unternehmen zu tun – und mit reichlich thüringischer Tradition. 

    Die Familie Hassenzahl ist nicht gerade vom Glück geschüttelt. Zwar gehört ihr eine traditionsreiche Kloßmanufaktur in Weimar, doch seit vor sieben Jahren Frau Hassenzahl, Vorname Roswita, spurlos verschwunden ist, läuft es nicht mehr so. Und dann knallt es auch noch auf einer Landstraße, ein Lieferwagen des Unternehmens rammt einen PKW, der Fahrer macht sich auf und davon und zurück bleiben die schwerverletzte Fahrerin des Kleinwagens und – in einem Karton – Christoph Hassenzahl (Matthias Paul), Patron der Familie. Schockgefrostet und granuliert.

    Ein Fall, wie gemalt für Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen), denn wer mag schon banale Leichen und überschaubare Fälle? Und der hier hat es ganz besonders in sich, denn: Die Frau Hassenzahl (Milena Dreissig), "die robuste Roswita", steht plötzlich in der Betriebskantine der Kloßfabrik. Zwar nicht fidel, sondern eher kreidebleich und apathisch, aber sie lebt. Im Hainich auf den Kopf gefallen sei sie damals, von einem netten Mann neben ein paar Pilzen aufgelesen worden und: habe sich an nichts mehr erinnern können. "Als hätte man mein Gehirn wie einen Mantel in die Reinigung gegeben. Und die Erinnerungen, das waren die Flecken."

    Ein Motiv habe sie außerdem gar nicht gehabt, es sei doch alles toll gelaufen mit ihrem Mann, doch sie habe ja neu anfangen müssen. Als Reinigungskraft in einer Tankstelle. Bis sie dann im Radio vom Tod ihres Mannes gehört habe, da sei alles zurückgekommen. Und Dorn fasst zusammen: "Ihre Ehe war mega glücklich, aber sie ist in den Hainich abgehauen, aufn Nischel geknallt, Klofrau in Stadtroda geworden, kriegt ihr Gedächtnis genau an dem Tag zurück, an dem ihr Mann ermordet wird und fragt nicht einmal, ob wir den Täter schon haben, wer's gewesen sein könnte, wie's passiert ist. Lessing: finde den Fehler."

    Und der macht sich zumindest auf die Suche danach, denn dieser Weg von der Kloßkönigin zur Königin der Klos kommt beiden seltsam vor. Genauso wie Cordula Remda-Teichel (Christina Große), Vorarbeiterin des Betriebs und damals verdächtig, Roswita gemeinsam mit Christoph Hassenzahl, mit dem sie nicht nur die Liebe zu den Klößen verband, um die Ecke gebracht zu haben. Ebenso verdächtig: Thomas Halupczok (Jörn Hentschel), ein ortsansässiger Kartoffelbauer, den Hassenzahl auf dem Kieker hatte und dessen Ernte er angeblich schon mal vernichtet hat. Bonus-Verdacht: Seine Geliebte Marion Kretschmar (Anne Schäfer) leitet ausgerechnet die Supermarktkette, die die "Hassenzahler Kloßspezialitäten" exklusiv vertrieben, den Familienbetrieb durch eine Kündigung jedoch in den wirtschaftlichen Ruin getrieben hat.

    So rund die wie Thüringer Klöße in diesem Tatort ist auch die Geschichte, wenn auch manche der Fakten unter einer ziemlich dicken Sauce aus Vermutungen, Vertuschungen und Verdächtigen verschwinden. Dabei, und das ist den äußerst stringenten Drehbüchern von Andreas Pflüger und Murmel Clausen zu verdanken, braucht das Ensemble auch hier nicht die großen Gesten, sondern kann sich durch Spielfreude und entlang gewohnt spitzer Dialoge und Pointen zum Finale manövrieren.

    Dabei ist es durchaus statthaft, den Humor, der hier zwischen Dorn und Lessing entsteht, aber auch von den weiteren Figuren wie Lupo oder Kommissariatsleiter Kurt Stich (Thorsten Merten) mitgebracht wird, als sprachlich zu ungenau oder deutsch zu beurteilen. Und auch, dass der Sprachwitz sich kaum weiterentwickelt, sondern immer nur anpasst, wäre ein berechtigter Einwand. Doch das heißt weder, dass "Die robuste Roswita" nicht komisch wäre, noch, dass der Weimarer Tatort keine Fortschritte kenne. Nach einigen Folgen mit oft zu obskuren Charakteren ist das Personal in dieser Folge zwar skurril, aber im Rahmen des Denkbaren.

    Besonders überzeugend aber ist in diesem Fall das Finale, das ohne allzu ausufernde Erklärungen auskommt und den Zuschauer mal ein wenig allein lässt. Nicht allerdings ohne das gute Gefühl, dass Dorn und Lessing wiederkommen. Darauf einen Soßkloß.

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