Annette Frier und Christoph Maria Herbst im Interview

"Merz gegen Merz": Vielen Dank für diese Gratistherapie

18.04.2019, 17.24 Uhr
von Stephan Braun

Als Mini-Event inszeniert das ZDF im Osterprogramm die neue achtteilige Sitcom "Merz gegen Merz" – mit Annette Frier und Christoph Maria Herbst in wortgewaltiger Höchstform. prisma hat die beiden Hauptdarsteller zum Gespräch geladen.

TV-TIPP

"Merz gegen Merz"

Folge 1 + 2

Donnerstag, 18.4.

22.15 - 23 Uhr

ZDF

Weitere Folgen am 20.4 (21.45 Uhr), 21.4. (22.05 Uhr) und 22.4. (22 Uhr)

Insgesamt acht Folgen, ausgestrahlt in vier Doppelfolgen

Bislang kennt man Sie beide als Comedians nur von Formaten bei den privaten Sendern. Weshalb sind Sie jetzt erst reif für die Öffentlich-Rechtlichen?

Frier: Ja, wir sind schon fast überreif.

Herbst: Das liegt aber weniger an uns, sondern in diesem Fall zum Beispiel am ZDF. Das ZDF braucht da vielleicht etwas länger, ist dafür dann aber besonders klasse. Das sieht man sehr gut am Erfolgsprojekt "heute show", die im Übrigen mein Lieblingsformat ist. Ich bin ihr größter lebender Fan! Sie ist für mich die einzig noch verbliebene Late Show mit einem politischen Anspruch, die diesen Namen auch verdient.

Frier: Und wenn man mich vor fünf Jahren gefragt hätte: "Bock auf Sitcom?", dann hätte ich gesagt: Ganz sicher nicht!

Wer hat Sie jetzt überzeugt?

Herbst: Mich persönlich musste niemand überzeugen. Ich stelle mit Glanz in den Augen seit einigen Jahren fest, was im ZDF so alles passiert, wie es sich entwickelt. Da hat man eben nicht nur einen Eimer mit orangener Farbe genommen und übers Logo gekippt, da haben essentielle Dinge stattgefunden.

Frier: Ich finde aus künstlerischer Sicht manchmal: So, das war´s jetzt, das Format ist durch, es ist alles gesagt. So ging es mir eine Zeit lang mit Sitcoms. Es hat mich nicht mehr interessiert. Aber jetzt denke ich: Es geht wieder von vorne los.

Herbst: Und ich finde auch, dass die Schätzchen immer da sind. Man muss sie dann nur finden und heben.

Das hat im Falle "Merz gegen Merz" dann offenbar Chefautor Ralf Husmann getan!

Herbst: Ja, und das eine Serie von ihm einmal im ZDF laufen wird, der ja als Autor nicht gerade für die Stromlinienförmigkeit des deutschen Fernsehens steht, das finde ich fantastisch!

Zwischen Großbritannien und Europa scheitert gerade eine große Ehe – und bei "Merz gegen Merz" droht die nächste Scheidung. Was soll das?

Frier: Das letzte Wort ist ja Gott sei Dank noch nicht gesprochen!

Herbst: Die Serie endet mit einem fröhlichen Semikolon.

Gut, denn eigentlich scheitern Ehen laut Erik Merz ja an großen Themen. Weshalb wollen sich die Eheleute Merz denn wegen Kleinigkeiten trennen, zum Beispiel wegen SMS vom Klo?

Herbst: Bei den kleinen Dingen, da sitzt halt der Teufel!

Frier: Die kleinen Dinge sind ja Stellvertreter. Anne Merz sagt einen sehr schönen Satz: "Wenn Leute sich um Geld streiten, dann geht es immer nur scheinbar ums Geld, eigentlich geht's um andere Dinge." Darüber habe ich lange nachgedacht, weil man so etwas oft gerne salopp formuliert. Das stimmt auch. Und Geld hat ja sowas Faktisches: Es geht hier ums Geld! Aber darunter liegen so viele andere Dinge: Verletzungen, Ablehnungen und alles Mögliche. Und darum geht es hier in der Serie.

Können Sie beide sich in der Serie als Eheleute Merz nicht zusammenraufen?

Frier: Hoffen wir doch, dass wir es tun!

Herbst: Im Off tun wir es ja auch, und man kann auch nur im On, also wenn die Kamera läuft, sich gegenseitig das Messer an den Hals halten, wenn man sich im Off gegenseitig respektiert und mag. Das ist nur möglich, wenn das Fundament stimmt.

Ist "Merz gegen Merz" eigentlich Stromberg reloadet?

Herbst: Nein, keinesfalls. Eher über Kreuz, denn Anne Merz schmeißt mir in der Sendung so unfassbare Worte an den Kopf, …

Frier: … zu Recht!

Herbst: … das lassen wir jetzt mal außen vor (lacht). Aber dabei habe ich mich sogar ertappt, wie ich zu Annette gesagt habe: Unfassbar: Das war gerade ein Satz von Dir, den hätte ich damals als Stromberg genau so sagen können! Ich entstamme in der Sendung ja eher einer proletarischen Familie: Der Vater war Postbeamter, ist jetzt verrentet, läuft zu Hause gerne mal in der Unterhose knatternd durch den Flur – auch wenn Gäste da sind. Ich bin dann eher die Danni Lowinski (Anm. der Redaktion: Annette Frier spielte 2010 bis 2014 die Rechtsanwältin Danni Lowinski) und Annette spielt jetzt bei Merz gegen Merz eher den Stromberg.

Frier: Das ist ja unglaublich, wie Du aus Anne Merz den Stromberg machst!

Herbst: Aber hier kann Ralf Husmann einfach nicht verbergen, dass er Stromberg geschrieben hat. Er kommt von der großen großen Kunst, mal eben eine Pointe abzuschießen. Und dann kommt schon die nächste. Und wir beide haben dann versucht, das anzureichern mit Figur und mit Herz. Damit wir am Ende dastehen und rotlippige Menschen spielen und nicht nur irgendwelche Strichmännchen, die einfach nur ein Gagfeuerwerk abfackeln. Damit würden wir sowohl unserem Anspruch als auch dem von Ralf Husmann nicht gerecht werden. (Lesen Sie hier auch unser Interview mit Autor Ralf Husmann)

Und wie viel Switch oder Schillerstraße oder Danni Lowinski steckt in Anne Merz?

Frier: Ehrlich gesagt gar nichts. Mir hat jemand gesagt, das ist das traurigste Stück deutscher Mittelstand, das ich seit langer Zeit gesehen habe. Und das war als Kompliment gemeint.

Herbst: Und es ist auch die traurigste Comedy, die ich seit langer Zeit gesehen habe. Es ist eine Tragedy, keine Comedy. Eine Tragedy, über die man sehr viel lachen kann.

Was können denn die Zuschauer vom Ehepaar Merz lernen, gibt es Scheidungstipps?

Frier: Gar nichts können sie lernen. Sie können zuschauen, sich selbst entdecken, vielleicht auch in einer hässlichen Farbe. Mir hat ein befreundetes Pärchen gesagt: Vielen Dank für diese Gratistherapie.

Herbst: Also lernt man doch was von uns! Aber das haben wir dann so nie gewollt.

Frier: Genau.

Herbst: Denn eher lernt man von uns wie es nicht geht.

Wie läuft denn bei einer Sitcom, bei der ein Gag auf den anderen folgt, das Zusammenspiel mit dem Chefautor?

Frier: Wir spielen vom Blatt, denn Ralf Husmann gibt das Drehbuch erst ab, wenn es perfekt ist. Er gibt uns ein perfektes Korsett.

Herbst: Aber eins, das uns Luft lässt.

Frier: Genau. Ausatmen nicht vergessen.

Ich wette, dass Merz gegen Merz Kult wird!

Frier: Geil!

Herbst: Also wenn Kult bedeutet, dass wir einen Grimme-Preis gewinnen und es keine zweite Staffel gibt, dann hätte ich gerne keinen Kult. Denn ich habe Bock auf eine zweite Staffel! Und außerdem möchte ich den deutschen Tragedy-Preis gewinnen (lacht).

Frier: Und der wird dann bei Christoph zu Hause verliehen. An uns drei.

Aber für den Deutschen Comedypreis sollte es doch mindestens reichen!

Herbst: Also ich fänd's super, wenn ich nicht nur laudatieren müsste, sondern endlich auch mal wieder einen Preis bekäme.

Für Sie beide ist das Jahr 2019 super angelaufen. Sie, Frau Frier, haben den Zuschauern mit "Klassentreffen" in der ARD viel Freude bereitet, Sie, Herr Herbst, haben sogar schon einen Preis bekommen – den deutschen Hörbuchpreis. Wie soll 2019 denn für Sie weitergehen?

Herbst: Also ich antworte jetzt mal nur für mich…

Frier: .. nö, mach mal für mich mit!

Herbst: Gerne. Also Annette und ich sind jetzt in einem Alter, in dem wir beide in 17 Jahren 70 werden, …

Frier: … also dann rede bitte doch nur für Dich!

Herbst: Ok, also ich werde in 17 Jahren 70, und ich stelle fest, dass ich mir für 2019 vor allem erst einmal Gesundheit wünsche, denn ich spüre jetzt doch das ein oder andere Zipperlein. Und deshalb ist Gesundheit für mich das größte Gut. Und wenn das nicht klappt, dann hätte ich gerne einen DVD-Player mit Doppellaufwerk.

Frier: Diese Zipperlein überlasse ich gerne Christoph. Wenn das Jahr so weitergeht, wie es für mich begonnen hat, dann rufe ich im Dezember hopsasa.

Sehen Sie hier den Trailer zu "Merz gegen Merz":

Das könnte Sie auch interessieren