Cornelia Gröschel im Interview

Das ist die neue "Tatort"-Kommissarin aus Dresden

von Eric Leimann

Für den früheren Kinderstar Cornelia Gröschel ("Heidi") geht ein Traum in Erfüllung: Sie darf eine "Tatort"-Kommissarin spielen. Und das in ihre Heimatstadt Dresden.

Cornelia Gröschel hat sich über die letzten Jahre fast unbemerkt nach oben gespielt. Dem ehemaligen Kinderstar ("Heidi") drohte als junger Frau der sogenannte "Blondinenfluch": nettes, natürliches Mädchen mit apartem Äußeren, aber ohne große Ecken und Kanten – das ergibt in der Regel keine wirklich interessanten Rollen. Doch Gröschel überzeugte ihre Kritiker. Sie schuftete am Theater und zeigte im ZDF-Dreiteiler "Honigfrauen" oder auch der feinhumorigen Krimireihe "Schwartz & Schwartz" eine authentische Natürlichkeit, die beim Zuschauer hängenbleibt. Nun wird die Dresdnerin "Tatort"-Kommissarin in ihrer Heimatstadt. Sie tritt die Nachfolge von Alwara Höfels an, die dem Format wegen künstlerischer Differenzen den Rücken kehrte. Man kann nicht sagen, dass Gröschels Einstiegsfilm "Das Nest" (Sonntag, 28. April, 20.15 Uhr) leichte Kost wäre. Der künstlerisch überhöhte Serienmörder-Thriller machte es der noch unsicheren "Neuen" nicht gerade leicht ...

prisma: Martin Brambach und Sie sind beide gebürtige Dresdner. Damit haben Sie wahrscheinlich die höchste Einheimischen-Dichte aller deutschen "Tatort"-Kommissare, oder?

Cornelia Gröschel: Ja, zwei Drittel. Da ist schon recht viel Dresden in unserem Team.

prisma: Als Erwachsener in die Heimat zurückzukehren, hat manchmal etwas Komisches, Verunsicherndes. Wie war es für Sie, da zu drehen, wo Sie groß geworden sind?

Cornelia Gröschel: Ich empfand das als stärkend. Einerseits war vieles neu für mich: die Figur, der "Tatort"-Kosmos als solcher. Es gab noch nie so viel Aufmerksamkeit für eine Rolle, die ich spiele. Dresden als Ort hat mir dabei sehr gutgetan. Es herrschte das Gefühl vor: Das ist meine Stadt, ich weiß, wovon ich rede.

prisma: Sie sprechen keinen Dialekt in der Rolle, aber hätte sich das nicht angeboten?

Cornelia Gröschel: Ich hätte es machen – oder stärker machen – können, doch es fiel mir tatsächlich schwer. Beruf bedeutete für mich schon immer: Hochdeutsch! Hinzukommt, dass die Themen beim "Tatort" in der Regel sehr ernst sind. Der sächsische Dialekt hingegen klingt für die meisten eher lustig. Ich spreche auch viel zu schnell, wenn es bei mir ins Sächsische geht. Dann verschlucke ich nämlich alle Wortenden (lacht).

prisma: Damit müsste der Zuschauer dann vielleicht im Sinne der Authentizität leben!

Cornelia Gröschel: Nein, da bin ich anderer Meinung. Mir ist es wichtig, dass man mich versteht, wenn ich spreche, da ich das irritierende Gefühl kenne, wenn man einen Film schaut, den Text aber nicht versteht. Ich habe beim Drehen manchmal versucht, ein wenig Sächsisch einfließen zu lassen. Es ist mir diesmal noch nicht gelungen, ich will es aber weiter probieren.

"Tatort"-Kommissarin machte Praktikum bei der Polizei

prisma: Sprechen Sie privat Dialekt?

Cornelia Gröschel: Klar, wenn ich zu Hause bin. Komischerweise am meisten mit meiner großen Schwester. Aber auch, wenn ich mit meiner Mama telefoniere. Wir waren nie extreme Dialektsprecher, aber so richtig Hochdeutsch war es auch nicht (lacht).

prisma: Im "Tatort" spielen Sie eine junge Kommissarin, die sich unsicher und unter Druck fühlt. Hilft dieses Rollenprofil, wenn man als Schauspielerin selbst noch unsicher ist?

Cornelia Gröschel: In meinem Fall war das so. Ich war ja auch selbst ein wenig unsicher, habe den Druck gespürt und wollte mit dieser Rolle etwas Gutes hinbekommen. Genauso geht es Leonie Winkler, meiner Kommissarin. Insofern: Ja, das Rollenprofil war eine Hilfe.

prisma: Wurde das Drehbuch geschrieben, als bereits klar war, dass Sie die Rolle spielen werden?

Cornelia Gröschel: Ja, das war so. Die Rolle fühlte sich beim Lesen richtig an. Auch in der Konstellation mit meiner Partnerin Karin Hanczewski, die ich in der Tat vorher nicht kannte. Wir werden ja auch bei diesem krassen Debüt gemeinsam ins kalte Wasser geschmissen.

prisma: Sie machten ein Praktikum bei der Polizei, um sich auf die Rolle vorzubereiten. Warum mussten Sie sich das selbst organisieren?

Cornelia Gröschel: Mir war es sehr wichtig, mit echten Polizisten ins Gespräch zu kommen. Leider bekommt man als Schauspieler in Deutschland selten die Gelegenheit, sich im Rahmen bezahlter Arbeit professionell auf eine Rolle vorzubereiten. Bezahlt werden die Drehtage, um die Rollenvorbereitung muss man sich meist selbst kümmern.

prisma: Wie haben Sie Ihr Praktikum eingefädelt?

Cornelia Gröschel: Ich hatte einen privaten Kontakt zur Bundespolizei in Dresden und durfte zwei Tage mitlaufen. Ich habe viel mitbekommen und gelernt. Außerdem lernte ich den Umgang mit der Waffe. Das hat mir gerade bei dieser ersten Folge geholfen, da es viele Szenen mit Waffe gibt. Allein, dass ich bei meinem Praktikum lernte, wie man als Polizist mit Waffe ein leeres Haus untersucht und sichert, war Gold wert, weil es im Film eine solche Szene gibt. Es war aber purer Zufall, dass ich das übte. Ich kannte das Drehbuch noch gar nicht, als ich bei der Polizei hospitierte.

"Anfangs war ich noch sehr unsicher"

prisma: Was haben Sie in Ihrem Waffentraining gelernt?

Cornelia Gröschel: Zum Beispiel, dass der Blick immer der Waffe folgt. Es bringt nichts und ist auch total unrealistisch, dass man in die eine Richtung schaut, aber mit der Waffe in eine andere zielt. Außerdem stabilisiert man die Schusshand auch immer mit der anderen, um größtmögliche Stabilität zu erlangen.

prisma: In der Rolle geht es am Rande auch um Ihre Angst zu schießen ...

Cornelia Gröschel: Ja, und ohne zu viel verraten zu wollen, gibt es einen Moment im Film, in dem ich tatsächlich schieße. Der Experte, der die Waffenszenen im Film betreute, kam danach zu mir und sagte, dass ich wohl nicht das erste Mal geschossen hätte. In diesem Moment war ich ein bisschen stolz auf mich.

prisma: Woher wusste der Mann das?

Cornelia Gröschel: Er sagte, jemand der das erste Mal schießt, zwinkert dabei. Auch wegen des Schrecks beim Rückstoß. Denn es ist schon sehr laut.

prisma: Wie finden Sie Ihren Debütfall? Es ist ja ein ziemlicher Larger-than-Life-Krimi, der ästhetisch weit vom klassischen deutschen Ermittler-Krimi entfernt ist.

Cornelia Gröschel: Das stimmt, die Geschichte ist sehr überhöht. Und es gibt auch ein paar Details im Film, zum Beispiel ein medizinisches Gegenmittel, das in der Realität so gar nicht existiert.

prisma: Beim Faktencheck würden Sie wahrscheinlich das Etikett "unrealistischster Krimi des Jahres bekommen". Ist das trotzdem egal und wenn ja, warum?

Cornelia Gröschel: Dieser Krimi hat nicht den Anspruch, die Realität abzubilden, denke ich. Der Begriff Larger-than-Life fiel auch beim Dreh immer wieder. Ich hatte zu Beginn noch Schwierigkeiten mit der Inszenierungsidee. Weil es eigentlich immer mein Ziel ist, so realistisch wie möglich zu spielen. Anfangs war ich noch sehr unsicher.

"Tatort"-Thriller soll kein Einzelstück bleiben

prisma: Warum?

Cornelia Gröschel: Weil wir alle Szenen mit einer größeren Anspannung, konzentrierter und eindringlicher spielen sollten, als ich das normalerweise tun würde. Wir wollten etwas Überhöhtes schaffen. Das fiel mir anfangs nicht leicht. Jetzt, wo ich das Ergebnis gesehen habe, verstehe ich es aber. Unser Regisseur Alex Eslam hatte es mir zwar vorher erklärt, aber ich traute der Sache noch nicht so recht. Erst jetzt weiß ich: Es funktioniert so, wie er es vorhatte.

prisma: Warum passt die pointierte Spielweise mit hoher Grundspannung zu dieser sehr kühnen Story?

Cornelia Gröschel: Weil man dadurch deutlich macht, dass es um mehr als das geht, was man sieht. Wir erzählen dem Zuschauer eine Geschichte und haben dabei nicht den Anspruch, dokumentarisch zu bleiben. Trotzdem kann eine solche Geschichte faszinieren und natürlich auf sehr spannende Art unterhalten.

prisma: Hätten Sie sich zum Einstieg einen "Tatort" gewünscht, der ein wenig mehr "Mainstream", etwas leichter verdaulich gewesen wäre?

Cornelia Gröschel: Nein, ich mache mir jetzt keine Sorgen mehr, weil ich das Ergebnis kenne und sehr mag. Der Film – abstrakt und eben "Larger-than-Life" – ist in sich, gerade dramaturgisch und von der Bildsprache, überaus klug und spannend. Es sind 90 Minuten, die für sich stehen.

prisma: Wie wird es nun beim Dresdner "Tatort" weitergehen?

Cornelia Gröschel: Wir wollen weiterhin sehr spannend bleiben. Es ist auch der Wunsch da, öfter mit jungen Regisseuren zusammenzuarbeiten, die neue Ideen einbringen. Thriller als Segment ist auf jeden Fall ein Thema, dem wir uns annehmen wollen und das wir nicht aus den Augen verlieren möchten.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Das könnte Sie auch interessieren