Fragen und Antworten

"Tatort": So mysteriös ist der wahre Fall Lütgendorf

von Jens Szameit

Was den Deutschen der Fall Barschel, ist den Österreichern der Fall Lütgendorf. Der Wiener "Tatort: Wahre Lügen" griff eine authentische Politikertragödie auf. Was hat es mit dem umstrittenen Selbstmord des vormaligen österreichischen Verteidigungsministers auf sich? Und was macht den Fall so brisant?

Die Fragen und Antworten zum "Tatort: Wahre Lügen":

Worum ging's?

Vom Grund des Wolfgangsees wurde eine deutsche Investigativ-Reporterin ermordet in ihrem Auto geborgen. Anlass genug für die Wiener Sondermittler Eisner (Harald Krassnitzer) und Fellner (Adele Nehauser), knapp 300 Kilometer Pendelstrecke ins Salzkammergut auf sich zu nehmen. Schließlich recherchierte die Journalistin neue Fakten im Zusammenhang mit dem umstrittenen Selbstmord des früheren österreichischen Verteidigungsministers Karl Lütgendorf (1914-1981). Würden ausgerechnet Eisner und Fellner Licht ins Dunkel des Jahrzehnte alten Todesrätsels bringen?

Worum ging es wirklich?

Was dem Autor und Regisseur Thomas Roth Neues zur Verschwörungskamelle aus den 80er-Jahren Neues eingefallen ist, gestaltete sich ein bisschen zu dünn. Am Ende lief's hinaus auf das klassischste aller "Tatort"-Motive: Mord aus Eifersucht! Die lesbische Lebenspartnerin (Emily Cox) der Reportin hatte sich hintergangen und verraten gefühlt.

Wer war Karl Lütgendorf?

Eine schillernde Gestalt, um das Mindeste zu sagen. Lütgendorf, aus altem Adel stammend, machte vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg Karriere beim Militär. 1971 berief Bundeskanzler Bruno Kreisky den "Anti-Politiker schlechthin" zum parteilosen Verteidigungsminister. 1977 reichte Lütgendorf wegen des Verdachts, in illegale Waffengeschäfte verstrickt zu sein, seinen Rücktritt ein. Vier Jahre später, am 9. Oktober 1981, nahm sich der Offizier a.D. nach Feststellung des zuständigen Gemeindearztes bei einem Jagdausflug in Niederösterreich das Leben.

Warum sind Lütgendorfs Todesumstände so umstritten?

"Lütgendorf ist eine mysteriöse Figur", zitiert "Der Standard" den Historiker Thomas Riegler. "Hinsichtlich seiner Rolle als Lobbyist für Waffenexporte und natürlich was seinen Tod angeht, sind viele Fragen offen." Einige wurden im "Tatort" thematisiert: Warum fand man die Tatwaffe in seiner linken Hand, wo Lütgendorf doch Rechtshänder war? Warum ging der tödliche Schuss durch den geschlossenen Mund? Warum wurde zumindest offiziell kein Abschiedsschreiben sichergestellt?

Von Lütgendorfs Sohn Philipp war zu vernehmen, der Vater sei keinesfalls lebensmüde gewesen, allerdings habe er seine Ermordung befürchtet. Dennoch wurden bis in die späten 80er-Jahre Bedenken gegen die Selbstmordtheorie beiseitegewischt, viele Akten sind noch heute unter Verschluss. Ein Umdenken, so bilanzierte 2016 "Der Standard", bewirkten der Noricum-Skandal um illegale Waffenexporte an den Irak und Iran sowie der als "Lucona-Affäre" bekanntgewordene Versicherungsbetrug. Sollte der mögliche Mitwisser Lütgendorf zum Schweigen gebracht werden? "Sogar Schusstests wurden durchgeführt – allerdings vergeblich", schreibt "Der Standard". "Man blieb beim Ergebnis: Tod durch Selbstmord."

Was war noch besonders am "Tatort: Wahre Lügen"?

Beim ORF hat einer gründlich nachgerechnet. Gleich drei Jubiläen verbinden sich mit der Folge "Wahre Lügen". Fast auf den Tag genau vor 20 Jahren löste Harald Krassnitzer seinen ersten Fall als – damals noch – Chefinspektor Moritz Eisner. Für Eisners Partnerin Bibi Fellner war es der 20. Einsatz als Mordermittlerin, und schließlich vollendet deren Darstellerin, die unvergleichliche Adele Neuhauser, am 17. Januar das 60. Lebensjahr.

Wie geht's mit den Wiener Sonderermittlern weiter?

Im noch terminlosen "Tatort: Glück allein" wird ein Nationalratsabgeordneter verdächtigt, seine Frau ermordet zu haben. Unterstützung bekommt das Ermittler-Duo von "Vorstadtweib" Gerti Drassl als Polizistin. Ebenfalls 2019 ermitteln Eisner und Fellner unter dem Titel "Baum fällt" im Holzgewerbe.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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