TheBossHoss moderieren "The Mole"

"Wir hätten es nicht gemacht, wenn C-Promis die Kandidaten gewesen wären"

von Julian Weinberger

Die Bühne bleibt für TheBossHoss wegen Corona Sperrgebiet. Stattdessen führt das Musiker-Duo ab 6. Mai durch die Abenteuer-Show "The Mole". Sänger Alec Völkel verrät, was die Zuschauer in der Sendung erwartet.

25 Konzerte, vier Länder, unterwegs von Juni bis September: Den Cowboys von The BossHoss steht ein ereignisreicher Sommer bevor – eigentlich. Denn wie allerorten bremst die Corona-Krise auch das Erfolgsduo Alec Völkel und Sascha Vollmer aus. Die teils schon ausverkauften Konzerte werden verschoben. So steht statt Gitarre und Mikrofon für Sänger Völkel Playmobil und Lego auf der Agenda, um seinen vierjährigen Sohn während des Lockdowns zu bespaßen. Trotz der zwangsverordneten Musikpause bleibt TheBossHoss aber präsent: Ab Mittwoch, 6. Mai, moderieren sie die SAT.1-Abenteuershow "The Mole – Wem kannst Du trauen?" (20.15 Uhr). Warum Lügen für die Kandidaten zu den Kernkompetenzen zählt, was die Show mit einer Netflix-Serie zu tun hat und wie das Musikkonzert der Zukunft aussehen könnte, erzählt Alec Völkel im Gespräch.

prisma: Die Corona-Krise macht Ihrer geplanten Deutschland-Tournee einen Strich durch die Rechnung. Was tun Sie in der freigewordenen Zeit?

Völkel: Die nutzen wir, um ein neues Album zu machen. Wir hatten eigentlich gedacht, dass wir in diesem Jahr richtig viel spielen und danach das Album anfangen. Jetzt drehen wir das um und beginnen eher mit dem Schreiben und Aufnehmen der Songs. Dann haben wir bei den Konzerten im nächsten Sommer schon neue Songs im Gepäck. Derzeit sammeln wir noch Ideen und arbeiten uns schrittweise vorwärts – hier eine Phrase, da mal ein Riff.

prisma: Trotzdem bleibt wahrscheinlich noch viel freie Zeit ...

Völkel: Wir sind natürlich viel zu Hause momentan. Man hängt viel aufeinander herum, was gar nicht so einfach ist. Sascha und ich haben ja beide Kinder, die noch betreut werden müssen – bei mir ist es ein vierjähriger Sohn. Die Kita ist zu, und das ist hart, weil ihm seine Freunde fehlen. Eltern können das nicht auf demselben Level ersetzen. Abgesehen davon kommt man quasi zu nichts. Es ist jetzt nicht so, dass ich denke: "Ach geil, jetzt habe ich den ganzen Tag Zeit, habe keine Termine und kann kreativ sein." Ich arbeite mich halt an Lego und Playmobil ab.

prisma: Was vermissen Sie während des Lockdowns am meisten?

Völkel: Am meisten fehlt mir, dass man nichts mit anderen Leuten unternehmen kann. Damit meine ich jetzt nicht nur, Konzerte zu spielen. Wir würden normalerweise längst im Proberaum stehen, um die Songs für Sommertour vorzubereiten. Unter Leute zu kommen und mit anderen etwas zusammen zu machen – das fehlt einfach. Die Jungs in der Band sind ja auch meine Kumpels. Der ganze Kontaktsperren-Mist nervt schon. Telefon- und Videokonferenzen können es nicht ersetzen, abends gemeinsam ein Bierchen zu trinken.

prisma: Um aus der Situation das Beste zu machen, haben Sie bereits einige Live-Streams im Internet gestartet. Wie fühlt es sich für einen Musiker an, nur für eine Kamera zu spielen?

Völkel: Sehr komisch. Wenn man ehrlich ist, hat das gar nichts mit einem Konzert zu tun. Normalerweise hast du Menschen vor dir und siehst an deren Reaktion, ob es läuft oder nicht und bekommst Energie zurück. Jetzt sitzt du vor einem iPad, bemühst dich, dass es nicht umfällt und spielst vor dich hin. Das kennen wir in gewissem Maße von unseren Promophasen. Über einen längeren Zeitraum ist es aber schwierig, weil du ja nur in ein Gerät reinquatscht. Das kann man mal machen und ist auch ganz witzig, aber Social Media ist eh immer so ein Ding ...

prisma: Inwiefern?

Völkel: Wir sind nicht die Generation, die den ganzen Tag dafür stirbt, Sendezeit auf Social Media haben zu wollen. Das ist eher Mittel zum Zweck, um mit den Fans in Kontakt zu bleiben. Aber es ist nicht Dreh- und Angelpunkt und auch anstrengend, sich jeden Tag irgendwelche Inhalte auszudenken. Manche Teenies wachen ja mit dem Ding in der Hand auf und machen schon beim Pinkeln die erste Story. Wir legen Wert darauf, dass es gehaltvolle Inhalte sind, die wir posten.

prisma: Konzerte via Live-Stream zu geben, nutzen derzeit viele Künstler. Kann dieser Ausspielweg eine ernsthafte Alternative für Zeiten nach Corona sein?

Völkel: Ich empfinde es eher als Notnagel. Das hat man ja schon vorher gemacht, und jetzt ist es nur so extrem verbreitet, weil man nicht mehr auf die Bühne darf. Zum einen ersetzt es nicht das Gefühl, ein Konzert gemeinsam mit den Menschen zu erleben, und zum anderen verdient man dabei kein Geld. Selbst für Künstler mit großer Reichweite kommen dabei nur Peanuts herum.

prisma: Wie wird das Musikkonzert der Zukunft aussehen?

Völkel: Hoffentlich nicht großartig anders als bisher. Grundsätzlich glaube ich, dass die Erreichbarkeit größer wird, sprich: dass Konzerte früher oder später als Live-Stream übertragen werden. Das finde ich cool, zumal die Technik mittlerweile auch auf einem guten Stand ist. Das kann man dann auch parallel fahren, weil ich glaube, dass Menschen trotzdem lieber auf ein richtiges Konzert gehen, als es sich nur auf dem Laptop anzuschauen.

prisma: Unter der Krise leiden besonders kleine und unbekannte Künstler, während Sie mit The BossHoss sehr populär sind und in zahlreichen TV-Shows zu sehen sind. Fühlen Sie sich privilegiert?

Völkel: Absolut, wir haben totales Glück, dass wir die gegenwärtige Lage eine Zeit lang aushalten können. Wir haben ein wenig Polster und die professionelle Struktur im Rücken, um Konzerte zu verschieben. Für kleinere Acts, die die Clubs selbst abtelefonieren müssen, ist es heftig. Wir kennen das selbst von früher. Wenn man Gigs für Sprit und Übernachtung spielt, bleibt sowieso nichts hängen, und wie willst du dann als Künstler eine solche Durststrecke überstehen? Das ist wirklich ätzend.

prisma: In Ihrer neuen TV-Show "The Mole" hat es Sie weit weg nach Argentinien verschlagen. Kommt eine solche Abenteuershow in Zeiten räumlicher und sozialer Isolation gerade zum rechten Zeitpunkt – Stichwort Fernweh und Eskapismus?

Völkel: Ich hoffe doch. Es zeichnet die Sendung auf jeden Fall aus, dass sie nicht in irgendeinem TV-Studio stattfindet, wo man acht Wochen lang die Leute im selben Container sieht. Stattdessen sieht man einfach eine spannende Landschaft. Das war für uns auch eines der Argumente, die Moderation zu übernehmen. Für uns war es toll, etwas von der Welt zu sehen, und optisch ist das echt epochal. Argentinien ist ein geiles Land, riesengroß und sehr facettenreich – von Berglandschaft und Wüste über grüne Wälder und gigantische Seen bis zu Städten wie Buenos Aires. Das ist in den Dimensionen mal drei, wie wir es hier kennen. Das sieht optisch einfach schon gut aus und ist Netflix-mäßig gefilmt.

prisma: Mit "The Mole" machen Sie erstmals eine TV-Sendung ohne Bezug zur Musik ...

Völkel: Das war für uns eigentlich immer die Brücke. Wir sind Musiker, und wenn wir etwas im Fernsehen machen, dann sollte es auch immer thematisch damit zu tun haben. Es sollte also entweder darum gehen, Musik zu machen oder dass wir mit unserer Expertise gefragt sind. Das war jetzt die erste Anfrage, die in eine andere Richtung ging. Darüber mussten wir erst nachdenken, weil es eigentlich nicht unsere Baustelle ist.

prisma: Was hat Sie zur Zusage bewogen?

Völkel: Nachdem wir die Originale aus Holland und Belgien gesehen haben, hatten wir Bock darauf. Die Sendung ist spannend, hat viele Ebenen und ist nicht trashig. Wir hätten es nicht gemacht, wenn C-Promis die Kandidaten gewesen wären. Dann geht es schnell um die üblichen menschlichen Abgründe. Bei "The Mole" hat man einen guten Cast, ein gutes Niveau und intelligente Menschen, die Lust auf eine Abwechslung haben.

prisma: "The Mole" wird als "Psychospiel des Jahres" beworben. Auf welche Eigenschaften kommt es bei den Kandidaten an?

Völkel: In erster Linie geht es darum, cool zu bleiben. Das Krasse ist: Nur einer kann gewinnen, und auch nur dann, wenn man in der Show dem Verräter so langsam auf die Schliche kommt. Das heißt, du musst permanent aufmerksam sein, um relevante Informationen über den "Mole" aufzuschnappen. Die Spiele müssen sie dagegen im absoluten Teamplayer-Modus absolvieren, um möglichst viel Geld zu erspielen. Über die Wochen werden die Kandidaten immer enger befreundet, müssen sich aber die ganze Zeit bewusst sein: Jeder könnte dich bescheißen, und du kannst eigentlich keinem vertrauen.

prisma: Hätten Sie selbst Lust gehabt, Kandidat zu sein?

Völkel: Ich finde das eigentlich sehr, sehr cool – vorausgesetzt, man weiß, auf was man sich einlässt. Es ist ein ziemlich guter Trip für das Studienfach Menschenkenntnis. Du lernst eine Menge über das Zwischenmenschliche, was sehr reizvoll ist.

prisma: Die Teilnehmer müssen lügen können, ohne mit der Wimper zu zucken. Wären Sie darin gut?

Völkel: Ich glaube, jeder musste in seinem Leben schon einmal lügen – gewollt oder ungewollt. Das liegt nicht jedem, und ich bin da auch kein Künstler drin. Das kommt aber auch auf die Größe der Lüge an. Je schwerwiegender sie ist, umso schwerer fällt es einem.

prisma: Hatten Sie mit The BossHoss im Musikbusiness auch mit Täuschungen und Lügen zu kämpfen?

Völkel: Du hast im Musikbusiness immer damit zu tun, weil unfassbar viele Menschen mitreden wollen und meinen, es besser zu wissen. Man muss sich als Musiker immer bewusst sein, wenn man in einem gewissen Erfolgslevel unterwegs ist, dass die ganze Peripherie um dich herum Geld verdient. Die machen das ja nicht aus Freundschaft. Ein Plattenlabel oder eine Bookingagentur arbeiten in erster Linie nicht mit dir zusammen, weil du ein toller Typ bist, sondern weil sie mit dir Kohle verdienen können. Es gibt eine Menge Leute, bei der die zwischenmenschliche Ebene super ist und Freundschaften entstehen. Aber es gibt eben auch immer wieder Scharlatane. Das ist uns auch schon passiert.

prisma: Erzählen Sie ...

Völkel: Das war bei unserem ersten Management. Da haben wir uns nach fünf, sechs Jahren hart verworfen und sind vor Gericht gelandet. Da ging es um viel Geld. Der hat uns um Kohle beschissen. Das war ein harter Schlag, weil es ein Arbeitsverhältnis war, das sehr auf Vertrauen und Freundschaft basierte.

prisma: War diese Erfahrung ein Grund dafür, dass Sie seither in der Produktion Ihrer Musik so viel wie möglich in die eigene Hand nehmen?

Völkel: Auf jeden Fall. Das Künstlerische war sowieso schon immer Prinzip. Die Songs selbst zu schreiben und zu produzieren, finde ich ein Muss. Das ist der Unterschied von authentischen Künstlern und Bands zu Interpreten. Es gibt viele Popmäuse, die im Radio hoch- und runterlaufen, aber weder ihre Musik selbst schreiben noch sonst irgendetwas selbst machen. Die singen und performen das, was ganze Herden von Songwritern schreiben, die parallel für zehn andere Künstler arbeiten. Wir machen das selbst und haben dadurch eine eigene Handschrift.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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