Schauspieler im Interview

Thomas Heinze: "Kinder, entspannt euch mal ein bisschen!"

Auch im Finale der Thrillerserie "Blochin" gibt Thomas Heinze die heimliche Hauptfigur. Die Folge in Spielfilmlänge bringt die Serie, der leider keine zweite Staffel spendiert wurde, nun doch noch zu Ende.

Einst galt er dank 90er-Jahre-Komödien wie "Allein unter Frauen" als der "sympathische Macho", später reüssierte Thomas Heinze in zahlreichen Krimiproduktionen im TV. In "Blochin" schließlich schien der Schauspieler mit der markanten Stimme vor vier Jahren als zwielichtiger Polizist eine Art Paraderolle gefunden zu haben – kein Wunder, hatte Schöpfer Matthias Glasner die ambitionierte und hochgelobte Thrillerserie doch eigens auf ihn und den Titelhelden Jürgen Vogel zugeschneidert. Allein: Eine zweite Staffel spendierte man dem Projekt nicht – dafür kommt nun, am Montag, 5. August, 22.15 Uhr (ZDF), aber zumindest eine finale Folge in Spielfilmlänge. Dass gewagte Formate wie "Blochin" in Deutschland – anders als etwa in den USA – einen schweren Stand haben, hält der in West-Berlin geborene und in den Staaten aufgewachsene Sohn eines US-Amerikaners nach wie vor für problematisch. Weshalb das so ist, warum er noch immer nach Hollywood schielt und wie man als Promi mit jugendlichen Kindern lebt, erklärt der 55-Jährige im Interview.

prisma: Auf das Finale von "Blochin" mussten auch Sie vier Jahre warten – und sich gleich wieder verabschieden. Wie war das Wiedersehen mit Ihrer Figur?

Thomas Heinze: Ich habe meinen Charakter Dominik vorher vermisst – und werde ihn auch jetzt wieder vermissen, wo alles vorbei ist – bin aber wahnsinnig dankbar, dass es die Serie gegeben hat. Gerade, weil sie ganz massiv für Jürgen Vogel und mich entwickelt wurde. Wir kennen uns seit 24 Jahren – und da war es toll, dass Matthias Glasner die Figuren auf uns zuschreiben konnte. Ich finde es wahnsinnig schade, dass es zu Ende geht und nicht fortgeführt wird.

prisma: Warum glauben Sie, dass sich eine Produktion wie "Blochin" hierzulande nicht durchsetzen kann?

Heinze: Ja, es geht anscheinend nicht, dass man in Deutschland eine Serie dreht, in der ein Polizist etwas Negatives tut – und dafür nicht sofort zur Rechenschaft gezogen wird. In anderen Ländern wie den USA funktioniert das seit Jahren – beispielsweise in "The Shield". Darin ist das über acht Staffeln ein wahnsinnig spannender dramaturgischer Faktor. Vielleicht müsste man hierzulande sagen: Kinder, entspannt euch mal ein bisschen!

prisma: Haben Sie den Vergleich zur US-Serien- und Filmlandschaft besonders vor Augen, weil Sie sich damit viel beschäftigen?

Heinze: Ja, ich stecke da als Konsument tief drin (lacht). Für mich ist "The Wire" noch immer unübertroffen. Wenn ich alle aufzählen würde, würde das noch eine halbe Stunde dauern. Mir macht das viel Spaß, wenn eine Serie gut gemacht ist.

prisma: Ist das deutsche Fernsehen moralischer als das amerikanische?

Heinze: Wir tragen ja alle eine Art angeborene Moral in uns, das ist ja nichts Falsches – und damit arbeiten Drehbuchautoren von der ersten Seite an. Der Zuschauer hat an eine Figur andere moralische Ansprüche als an sich selbst. Aber ich schaue ja nicht "The Shield" und freue mich, dass die Hauptfigur mit ihren Verbrechen davonkommt. Und doch: Negative Figuren strahlen eben auch eine Faszination aus, und es macht Spaß, ihnen bei ihrem üblen Treiben zuzuschauen.

prisma: Mit dem "Lieutenant" wurde Ihnen selbst eine solche Figur auf den Leib geschneidert. Konnten Sie dabei auch eine Sehnsucht ausleben, selbst "amerikanischer" zu spielen? Sie sagten einmal, dass Sie gern in US-Produktionen spielen würden ...

Heinze: Ja, das konnte ich in "Blochin" durchaus mehr bedienen. Und klar, ich würde immer noch gern mal in Hollywood spielen. Es ist eine Glückssache, da muss – etwa wie bei Christoph Waltz – einiges zusammenkommen. Ehrlich gesagt: Ich kenne eigentlich in der Regel keinen Schauspieler, der nicht Lust hätte, in einer amerikanischen Produktion zu spielen. Das müssten schon ganz besondere Schauspieler und ganz andere Menschen sein als ich (lacht). Auch wenn es in Deutschland vielleicht ganz schick ist, zu sagen, man hätte kein Interesse daran.

prisma: Sie selbst haben in vielen deutschen Krimis mitgespielt. Ist die unterschiedliche Herangehensweise, gerade für Sie als Schauspieler mit US-Wurzeln, dabei immer präsent?

Heinze: Ich finde, man muss das trennen. Ich erwarte nicht von einem "Tatort", dass er so in die Vollen geht. Und man kann es ja nachweislich auch nicht erwarten, bevor sich nicht etwas Grundsätzliches ändert. Bis dahin wird es bestimmte Schemata geben. "Blochin" hat bewiesen, dass es anders geht. Auch die Redakteure und alle Beteiligten fanden es toll. Und da ist es natürlich ein Problem für einen Sender, wenn die Kinderbeauftragte wie bei "Blochin" sagt, ihr müsst das auf einen späteren Sendeplatz verbannen.

prisma: Haben Sie die Serie mit Ihren Kindern geschaut?

Heinze: Ja, tatsächlich vor kurzer Zeit. Meine Kinder sind jetzt 15. Wobei ich dazu sagen muss: Die können das abstrahieren – die sind gewohnt, dass man da Rollen spielt und dass das nicht ich bin. Manchmal waren sie auch am Set, etwa als ich eine Autoverfolgung drehte und dabei bei Rot über die Ampel fuhr (lacht). Das ist natürlich spektakulär!

prisma: Finden es Ihre Kinder eigentlich cool, dass ihr Vater Schauspieler ist – und dann auch noch derlei Rollen spielt?

Heinze: Naja, die bekommen schon mit, dass ich angesprochen werde. Und ab und zu hat das ja auch seine Vorteile. Neulich gab es etwa eine Autogrammstunde bei einem YouTuber – und da mussten wir nicht anstehen. Das hätte mich zwei, drei Stunden meines Lebens gekostet (lacht).

prisma: Kürzlich waren Sie mit Ihrer Familie samt den drei Kindern in der ZDF-Produktion "Grüße aus 1976" zu sehen. Überlegt man in so einem Fall lang, wie viel Privates man preisgibt?

Heinze: Ich bin in erster Linie Schauspieler und spiele Rollen. Dass ich das privat nicht bin, ist ja vollkommen klar. Mittlerweile bin ich es sehr gewohnt, auch Auskunft über Privates zu geben – natürlich bis zu einem gewissen Maß, man muss nicht alles teilen. Bei diesem Format ging es vor allem darum, ob die Beteiligung der Kinder okay ist. Darauf zielt dann meine Sorge. Inzwischen sind sie alt genug, um sie fragen zu können. Wenn sie Lust drauf haben, habe ich kein Problem damit.

prisma: Sie geben ja auch gern Auskunft auf Fragen wie jene, wann Sie denn nun heiraten ...

Heinze: Genau: Nämlich gar nicht! (lacht) Ja, ich finde das weniger schlimm als vielleicht manch anderer Kollege. Es geht mir vor allem darum, richtig verstanden zu werden.

prisma: Es kursieren ja auch noch immer einige Zuschreibungen über Sie – "sympathischer Macho" oder "kerniger Frauenschwarm". Haben Sie sich damit abgefunden?

Heinze: Tatsächlich ist das ja überholt. Das passte damals gut zum Genre der deutschen Kinokomödie – "Allein unter Frauen" etwa, da wurde ich gern so besetzt. Und klar: lieber sowas als "hässlicher Giftzwerg" (lacht). Es gibt Schlimmeres. Aber mich jetzt mit über 50 noch als Frauenschwarm zu bezeichnen, ist ja auch etwas albern.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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