"Haus der Träume"-Star

Samuel Finzi: "Die Kinder heutzutage sind nicht zu beneiden"

20.12.2022, 12.28 Uhr
von Elisa Eberle

Zum Free-TV-Start von "Das Haus der Träume" auf RTL spricht Schauspieler Samuel Finzi über Träume, Zukunftsängste und das Konsumverhalten unserer Zeit.

Er war der Rechtsmediziner im Kieler "Tatort", bekam als Psychologe Vince Flemming seine eigene ZDF-Serie, er drehte mehrmals mit Til Schweiger und stand auf verschiedenen Theaterbühnen: Samuel Finzi zählt zu den vielbeschäftigsten Schauspielern Deutschlands. Im Herbst 2022 kam eine weitere Rolle dazu: In "Das Haus der Träume" (RTL+) spielt Finzi den jüdischen Geschäftsmann Carl Goldmann, im Berlin der späten 1920-er Anschluss in der Welt der Reichen und Schönen sucht. Dazu wird er Finanzier des ersten Kreditkaufhauses. Die erste Staffel ist – rund zwei Monate nach ihrem Streaming-Start bei RTL+ – am Dienstag, 20. Dezember, und Mittwoch, 21. Dezember, jeweils um 20.15 Uhr, bei RTL zu sehen. Die sechs Folgen der zweiten Staffel erscheinen ab 20. Dezember immer dienstags bei RTL+.

Im Interview spricht Finzi über unser Konsumverhalten, seine Zukunftsängste und seine Skepsis gegenüber Social Media. Darüber hinaus erzählt er von seinem autobiografischen Roman, den er gerade schreibt: "Samuels Buch" über seine Kindheit in Bulgarien kommt am 30. März 2023 in den Handel.

prisma: "Ich glaube, dass Menschen Träume brauchen", heißt es in der ersten Episode von "Das Haus der Träume". Wovon träumen Sie?

Samuel Finzi: Oh, wovon ich träume? (überlegt) Manchmal sind meine Träume bemerkenswert, dennoch vergesse ich sie morgens wieder schnell.

prisma: Und was wünschen Sie sich?

Finzi: Wie wohl jeder: Frieden auf Erden! (lacht) Ich wünsche mir, dass ich für kommende Aufgaben konzentriert und offen bleibe – nicht nur in Bezug auf die Arbeit, sondern auch auf meine Kinder, dass ich für sie präsent genug bleibe. Dann wünschen wir uns doch alle Gesundheit. Und ich wünsche mir, dass ich die Arbeit an meinem Buch gut abschließe. Das ist auf einem guten Weg.

prisma: "Samuels Buch" handelt von Ihrer Kindheit...

Finzi: Ja, aber nicht nur. Es erzählt von meiner Kindheit und Jugend bis zu dem Moment, an dem ich mein Heimatland Bulgarien verlassen habe.

prisma: Hatten Sie eine glückliche Kindheit?

Finzi: Ich durfte viele Dinge, mit viel Freude aus vielen verschiedenen Perspektiven erleben. Ich glaube, dass ist das Wichtigste, das man Kindern mitgeben kann, die Dinge aus verschiedenen Perspektiven zu sehen und all diese auszuhalten.

prisma: "Das Haus der Träume" handelt vom Kreditkaufhaus Jonass, in dem sich ärmere Menschen erstmals ihre materiellen Träume erfüllen konnten. Wie steht es derzeit um unser Konsumverhalten?

Finzi: Es sind Extreme, die sich auftun: Gerade jetzt, in Zeiten der Inflation, versuchen die Menschen alle möglichen Luxusgüter zu kaufen, mit der Hoffnung, dass sie ihr Geld darin langfristig anlegen oder weil sie denken, dass letztlich eh alles teurer wird und sie sich vorher noch etwas gönnen wollen. Andere horten Toilettenpapier, Nudeln, Wärmflaschen und Kerzen, angetrieben von Angst. Ich weiß nicht, was die Menschen dazu bewegt. Aber wenn Sie mich fragen, ob ich Licht am Ende des Tunnels sehe: Nein, sehe ich nicht! Wie mein Vater immer sagte: "Je schlimmer, desto besser!"

prisma: Das heißt?

Finzi: Grundsätzlich bin ich ein Skeptiker, dennoch verliere ich die Hoffnung nicht. Ich will nicht jammern, denn ich trage durch meinen Konsum ja auch die Verantwortung mit. Aber ich versuche, mich zu zähmen und so auch meine beiden Kinder zu erziehen. Neulich erst habe ich gelesen, dass in Amerika ein Drittel der Nahrungsmittel weggeschmissen werden! Ich weiß nicht, wie viel es in Deutschland sind, aber ich weiß auch nicht, ob wir zigtausend verschiedene Chipssorten brauchen.

prisma: Sie sprachen von Ihren Kindern. Wie groß ist derzeit Ihre Sorge um deren Zukunft?

Finzi: Natürlich mache ich mir Gedanken, in was für einer Welt sie aufwachsen werden. Auf der einen Seite mache ich mir große Sorgen, auf der anderen Seite weiß ich, dass ich nicht viel dagegen machen kann. Die Kinder heutzutage sind nicht zu beneiden! Sie stehen unter so einem Druck. Vielleicht ist es nur meine Sicht eines Vaters, der schon über 50 ist. Dennoch glaube ich, dass sie es schwieriger haben als wir damals.

prisma: Inwiefern?

Finzi: Insofern, dass sie so eine Riesenauswahl von Tätigkeiten haben, die sie machen können, oder insofern, dass sie durch die sozialen Medien unter so einem Druck stehen, sich ständig präsentieren zu müssen. Das ist nicht einfach für junge Menschen!

prisma: Verglichen mit anderen Schauspielerinnen und Schauspielern sind Sie auf den sozialen Medien eher weniger aktiv. Ist dies eine bewusste Entscheidung?

Finzi: Ich habe einen Instagram-Account, aber ich bin keiner, der das bewusst bedient. In seltenen Fällen poste ich ein Bild, das ich geknipst habe, aber ich schreibe nichts dazu. Es sind ja keine sozialen Medien. Eher eine Art bionische Versuche, die natürlichen sozialen Verhalten auf eine Technik zu übertragen. Ich fühle mich da oft eher wie der Junge aus dem Film "Terminator": Man kämpft gegen Maschinen. Wir arbeiten gegen Bots und Algorithmen. Es gibt ein paar Unternehmer, die Geld dadurch verdienen, vor allem mit den Werbeanzeigen, die die User über sich ergehen lassen müssen. Und ein paar Bauernfiguren, die die Illusion aufrecht erhalten, das man damit wirklich Geld machen kann. Dafür habe ich keine Zeit.

prisma: Sie stammen aus einer Künstlerfamilie. Zeigen Ihre Kinder auch schon Ambitionen fürs Schauspiel?

Finzi: Mein Sohn hat einmal gedreht, aber es ist viel zu früh etwas über seine Karrierepläne zu sagen.

prisma: Würden Sie es denn unterstützen?

Finzi: Ich würde alles unterstützen, was sie machen wollen! Selbstverständlich kenne ich die Nach- und Vorteile des Berufs. Die kann ich nur auflisten, wenn es so weit käme. Aber die Entscheidung müssen sie letztlich selber treffen.

"Ich bin nicht der Typ, der sagt: 'Ich will einen Oscar!'"

prisma: "Das Haus der Träume" beginnt im Jahr 1929. Sie spielen einen jüdischen Geldgeber, der auf eine bessere Stellung in der Gesellschaft hofft. Welchen Beitrag leisten derartige Serien für die Erinnerungskultur im Hinblick auf den Holocaust in Deutschland, über die es zuletzt hieß, sie könne verblassen?

Finzi: Unsere Serie endet in den frühen 1930-ern. Der Holocaust und die weitere Geschichte des Hauses spielen daher keine Rolle, aber die Stimmung sickert etwas durch. Genau möchte ich das noch nicht verraten. Ganz allgemein ist es natürlich wichtig, sich mit den unausgeleuchteten Phasen der Geschichte zu befassen. Das gilt aber nicht nur für Deutschland, sondern auch für andere Länder. Das könnte helfen, damit die Gesellschaft wieder gesund wird und den nächsten Schritt zu gehen.

prisma: Sie sind ein erfolgreicher Theaterschauspieler, spielen in etlichen Kinofilmen und Fernsehkrimis. Was möchten Sie noch erreichen?

Finzi: Das ist schwierig zu sagen. Ich bin nicht der Typ, der sagt: "Ich will einen Oscar!" Das wäre auch Quatsch, denn das passiert oder passiert nicht. Ich bemühe mich einfach, gute Arbeit zu leisten. Das ist eigentlich immer das, was ich stetig erreichen will.

prisma: Sie haben also keine Traumrolle?

Finzi: Ich kann mit solchen Begriffen nicht arbeiten. Wir sind alle immer zu unterschiedlichen Zeitpunkten unseres Lebens unterschiedliche Menschen. So hoffe ich immer auf Geschichten zu treffen, die ich erzählen will.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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