Fragezeichen im Publikum

Till Schweiger: Debakel in Rostock und ein gelöschtes Video

12.05.2025, 09.15 Uhr
Til Schweiger als Stargast in Rostock: Statt spannender Einblicke in die Filmwelt erlebte das Publikum einen desinteressierten und lallenden Schauspieler, der für großen Unmut sorgte. Was war los mit dem deutschen Filmstar?
Til Schweiger überrascht bei einem Auftritt in Rostock.
Til Schweiger überrascht bei einem Auftritt in Rostock.  Fotoquelle: picture alliance/dpa | Henning Kaiser

„Til Schweiger zu Gast bei hmt: Fokus Film“ – mit diesen Worten wurde der Schauspieler als Stargast der Veranstaltung „Fokus Film“ in der Hochschule für Musik und Theater in Rostock angekündigt. Mit so einem „Hochkaräter“ als Gast kann doch eigentlich nichts schiefgehen!?

Ein Abend voller Erwartungen

Der Katharinensaal der Hochschule für Musik und Theater in Rostock war brechend voll. Die Anwesenden waren voller Vorfreude auf diesen Abend. Sie kamen mit der Erwartung, Einblicke in die Filmszene und „Gossip über die Stars unter sich“ zu erhalten. Das Ziel der Veranstalter war, Studenten und interessierten Laien Einsichten in den Beruf, die Arbeit vor und hinter der Kamera zu bieten sowie über Hürden im Filmgeschäft aufzuklären. Til Schweiger (61) – einer der kommerziell erfolgreichsten deutschen Filmschauspieler, Regisseure und Drehbuchautoren – reiste zur Teilnahme extra von Mallorca an. Auf die Ankündigung des Stargastes durch Andreas Dresen, selbst Filmregisseur und Urheber des Formates „Fokus Film“, folgte tosender Beifall. Til Schweiger betrat die Bühne und wirkte dabei wie ein „verwirrter, alter Herr“. Der Auftritt sollte allerdings noch dubioser werden.

Til Schweiger – Stargast von einem anderen Stern

Im Gespräch mit Andreas Dresen sollte Schweiger Einblicke in seinen Werdegang geben und Fragen der Anwesenden beantworten. Dazu hatte der Superstar jedoch offensichtlich keine Lust. Statt eines aufschlussreichen Gespräches mit wertvollen Hinweisen erlebten die Gäste einen gelangweilten, abweisend wirkenden und lallenden Filmstar. Er wirkte wie von einem anderen Stern. Auf Fragen des Gastgebers antwortete er einsilbig mit „Ja“, „Nein“ oder „Nö“. Wie der „Nordkurier“ berichtete, schlug die Stimmung im Publikum relativ schnell um. Zuschauern zufolge gähnte der Schauspieler mehrfach, sprach auffallend undeutlich und fragte, ob im Saal geraucht werde dürfe. Ein Besucher erzählte der „Ostsee-Zeitung“, dass dem Schauspieler während einiger Einspieler sogar die Augen zugefallen seien. Irgendwann hörte man es wiederholt „Der ist doch betrunken“ durch den Saal raunen.

„Die Deutschen sind das neidischste Volk auf der Welt“

Anstatt, wie von Moderator und Hochschulprofessor Dresen gebeten, mehr aus dem Nähkästchen zu plaudern, betonte der 61-Jährige lieber, dass „die Deutschen per se das neidischste Volk der ganzen Welt“ seien. Zudem berichtete er, dass er zu seinen Anfangszeiten Pornos synchronisiert habe. Sein Kindheitswunsch sei es gewesen, Lehrer zu werden. Daraus sollte letztendlich ein Medizinstudium werden, welches er jedoch nach kurzer Zeit abgebrochen habe. Immer wieder füllte Schweiger sein Wasserglas randvoll und trank es in einem Zug aus. Von Andreas Dresen auf die im April 2023 vom „Spiegel“ erhobenen Vorwürfe über Alkoholprobleme und Ausraster bei Dreharbeiten angesprochen, reagierte Til Schweiger mit Abwehr: „Ich hatte das Gefühl, dass die mich abschießen wollten.“ Auf die Frage, was denn nun wirklich am Set vorgefallen sei, kam nur ein „Nichts“ als Antwort. Kurz darauf räumte Schweiger jedoch ein: „Ich habe in der Nacht zuvor zwei Flaschen Wein getrunken. Morgens hatte ich noch Standgas.“ Er gab auch die Ohrfeige gegen einen Constantin-Mitarbeiter zu: „Dafür habe ich mich entschuldigt. Der Rest ist erstunken und erlogen.“

Drastisches Fazit über vergangene Arbeiten

Die Gesprächssituation gestaltete sich schwierig. Dennoch gelang es Dresen, Schweiger einige persönliche Einblicke zu entlocken. Auf seine Kritiker angesprochen, nuschelte er: „Egal, welchen Film ich gemacht hab, mit „Knockin´ on Heaven´s Door“ fing das an, alles war immer Scheiße.“ Drastische Worte fand Schweiger auch, als er seine Zeit bei der „Lindenstraße“ beschrieb: „Die Arbeit war Scheiße, die Kollegen waren Scheiße und es wurde beschissen bezahlt.“ „Horror“ sei das „Manta, Manta“-Casting in den Neunzigern gewesen. „Da war so ein Riesenaufenthaltsraum. Da waren die ganzen Möchtegern-Schauspieler drin und haben die ganze Zeit ihre Theaterübungen gemacht.“ Weitere Statements waren: „Na, wenn ich die Filme nicht selbst mache, kann ich sie ja nicht machen wie ich will.“ Drei Stunden Schlaf seien die Regel, wenn Schweiger drehe. Dazu Disziplin, Effizienz und Klarheit. „Ich war immer ein kontrollierter Träumer“, so der 61-Jährige.

Til Schweiger hat Prinzipien

Eins von Schweigers Prinzipien laute, niemals einen Nazi zu spielen. „Weil ich die nicht leiden kann“, auch keinen Chemiker, „weil die mich nicht interessieren“. Interessante Nebenbeobachtung in diesem Zusammenhang: Im Guy-Ritchie-Film „The Ministry of Ungentlemanly Warfare“ glänzte Schweiger letztes Jahr mit einem Auftritt als Nazi. Damals sagte er, er habe einfach nicht widerstehen können.

Schweigers Ratschläge an die Studenten

Zum Schluss der Veranstaltung erhielten die Studenten noch zwei Ratschläge von Schweiger: Fleißig und nicht neidisch zu sein. „Sei nicht neidisch und gönn´ den anderen Schauspielern ihren Erfolg. (…) Wenn du missgünstig und neidisch bist, dann stehst du dir nur selber im Weg.“

Was war mit Til Schweiger los?

Der Auftritt von Til Schweiger hinterließ beim Publikum viele Fragezeichen. War er krank, angeschlagen, lustlos oder einfach nur arrogant? Wie die „Ostsee-Zeitung“ berichtete, soll er vor dem Auftritt in einem Rostocker Restaurant Alkohol konsumiert haben. Vor einigen Jahren wurden gegen Schweiger Vorwürfe laut, beim Dreh von „Manta, Manta 2“ habe ein toxisches Arbeitsklima geherrscht. Gegenüber dem Magazin „Stern“ gestand der Schauspieler Fehler am Set ein, die durch seine Alkoholprobleme entstanden seien und für die er bereits um Entschuldigung gebeten habe. Til ergänzte, dass er im Anschluss an den Dreh eine Therapie begonnen habe. Das Fazit des Abends einer Zuschauerin lautete: „So richtig schön war´s nicht. (…) Und das für 20 Euro Eintritt.“ Ein anderer Besucher resümierte: „Der Abend war anders, als ich es erwartet habe. Dass Schweiger manchmal wortkarg ist, kennt man. Aber die Art des Dialogs war schon gewöhnungsbedürftig.“

„Oje! Es ist ein Fehler aufgetreten“

Der Abend wurde vom NDR aufgezeichnet und unter dem Titel „Til Schweiger zu Gast in der Rostocker HMT“ veröffentlicht. Das Video ist allerdings inzwischen nicht mehr online. Klickt man auf den Link, folgt der Hinweis: „Oje! Es ist ein Fehler aufgetreten. Nutzen Sie die Suche oder die Links, um Inhalte zu finden.“ Bemüht man die Suchfunktion, so findet man auch hier keinen Eintrag. Warum das Video offline genommen wurde, war zunächst nicht bekannt. Am Freitagmorgen reagierte der Sender öffentlich auf eine Anfrage von t-online. „Das „NDR-Nordmagazin“ hat am Dienstag, 29. April, über eine Veranstaltung an der Hochschule für Musik und Theater in Rostock berichtet.“, so die Bestätigung des Senders. In der Erklärung, warum der Beitrag gelöscht werden musste, führte eine Sendersprecherin aus, dass das Problem im Detail gelegen habe: „Teile des Nordmagazin-Beitrags waren Filmausschnitte, die an dem Abend im Saal liefen. Wie sich herausstellte, wurde dabei das Zitatrecht für diese Filmausschnitte nicht korrekt angewandt.“ Aus diesem Grund habe der Sender das Video am Mittwochnachmittag aus der ARD-Mediathek entfernt. Zitatfehler oder nicht – für Til Schweiger kann es nur von Vorteil sein, dass die Dokumentation dieses blamablen Abends nicht länger im Netz kursiert.

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