Die Abgründe von Social Media

"Bad Influencer": Lukas Sperber sieht in "Selbstdarstellung vor allem die Einsamkeit"

07.11.2024, 08.01 Uhr
von Julian Lorenz
In "Bad Influencer" spielt Lukas Sperber einen reichweitenstarken Influencer.
In "Bad Influencer" spielt Lukas Sperber einen reichweitenstarken Influencer.  Fotoquelle: SWR/Maor Waisburd

 "Bad Influencer" bietet einen spannenden Einblick in die Abgründe der Influencer-Szene. Lukas Sperber erklärt im Interview, was er über die Welt der Selbstdarstellung gelernt hat.

In der Serie ist es dir gut gelungen, unsympathisch zu wirken. Wie fühlt es sich an, sich selbst als skrupelloser „pascal_pickup“ auf dem Bildschirm zu sehen?

Mir ist es wichtig, die Figuren, die ich spiele, ernst zu nehmen, sie zu verstehen und zu verteidigen. Die Außenbeschreibung überlasse ich den Zuschauenden. Für mich ist „Pascal“ vor allem jemand, der seine Unsicherheiten und Ängste hinter der Fassade jener Männlichkeitsbilder versteckt, die ihm vorgelebt wurden. Es ist, glaube ich, sinnvoll ihn als Symptom eines Systems zu begreifen, das einen dazu drängt, Rollenbilder zu erfüllen. Ich finde es spannend den Gedanken zuzulassen, dass er ebenso Täter, wie Opfer sein kann.

Hast du dich für deine Rolle an echten Influencern orientiert?

Das Gefährliche an den Algorithmen der Social-Media-Plattformen ist, dass sie einem irgendwann nur noch das vorspielen, was man sehen will. In diesem Fall war es dankbar, weil es für „Pascal“ an Inspirationen nicht mangelt, für dich andernfalls lange hätte suchen müssen. Manche von ihnen werden mir noch heute in meine FYP gespült und ich finde sie weiterhin in ihren verzweifelten Bemühungen und ihrer inneren Widersprüchlichkeit sehr witzig. Das ist aber natürlich eine Haltung, die ich mir nur erlauben kann, weil ich von ihren Aussagen nicht direkt getroffen werde.

Warum ist Humor die richtige Herangehensweise an Themen wie Sexismus und Hassnachrichten?

In Deutschland beobachte ich häufig das Missverständnis, dass Unterhaltung nicht mit einer intellektuellen Auseinandersetzung einhergehen kann. Das haben uns etwa die Briten voraus, bei denen Humor als ein Mittel gesehen wird, um sich die Schwere buchstäblich vom Leib zu lachen. Der Zugang zum Film ist immer das Gefühl. Wenn wir über etwas weinen oder lachen, müssen wir uns danach fragen, warum. Spätestens da beginnt die Auseinandersetzung. Zudem gibt es nichts entwaffnenderes als den Unterdrückern mit Humor zu begegnen.

Wie oft bist du selbst auf Social Media unterwegs?

Ich versuche meinen Social-Media-Konsum aktiv zu kontrollieren, was mir mal mehr, mal weniger gelingt. Im Interesse meines eigenen Dopaminspiegels und im Bemühen, die Langeweile wieder zuzulassen, oder die Auseinandersetzung mit der Welt, die mich umgibt. Sozial wird SocialMedia ja gerade dann, wenn wir es als ein Tool benutzen, um uns im Hier und Jetzt zu verbinden; emotional, politisch, haptisch. Eine Umarmung fühlt sich für mich weiterhin schöner an, als ein Like.

Hat diese Rolle deinen Blick auf die Influencer-Szene verändert?

Ich glaube, dass ich jetzt in der Selbstdarstellung vor allem die Einsamkeit sehe. Die Not Erlebnisse zu produzieren, ihre Qualität an den Zusprüchen Fremder oder anhand von Statistiken zu bemessen und schließlich die Herausforderung, nach der eigenen Wahrheit zu suchen, die sich nicht vermarkten lässt. Dieser Ausverkauf holt auch „Donna“ in „Bad Influencer“ ein. „Im Kapitalismus sind nahezu alle Dinge (…) zu einer Ware geworden“, schreibt Marx und seit Social-Media gilt das auch für Ideale, Gefühle, Erlebnisse und Körper.

Was sind deine sechs Film- und Serienlieblinge?

Das ist so eine schwere Frage, weil es so viel mehr als sechs sind und sich die Favoriten auch mit den Themen, die mich beschäftigen, immer wieder ändern. Es gibt aber Filme, auf die ich immer wieder zurückkomme und die ich nicht mehr ausstellen kann, sobald sie begonnen haben. Dazu gehören -Blue Valentine-, -Zimna wojna-, -La vie d‘Adele-, -Ladri di biciclette-. -Euphoria- ist kinematographisch für mich weiterhin die beste Serie der letzten zehn Jahre, -New Girl- die witzigste.

Die acht Folgen von "Bad Influencer" starten am 8. November in der ARD Mediathek.

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