Polit-Skandal wurde verfilmt

"Die Ibiza Affäre": Die Geheimnisse bleiben

von Eric Leimann

Das Timing der vierteiligen Mini-Serie über die "Ibiza Affäre" könnte besser kaum sein: Ein neuer Polit-Skandal drängte Bundeskanzler Sebastian Kurz zum Rücktritt.

Ist Österreich ein einziger Polit-Sumpf? Dass die Wiener Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft Bundeskanzler Sebastian Kurz und weitere Personen knapp zwei Wochen vor Start des Sky-Produktes "Die Ibiza Affäre" der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit verdächtigte, mutet wie unfreiwillige PR an. Dann der Rücktritt von Sebastian Kurz und damit verbunden täglich neue Schlagzeilen aus und über Österreich.

Für öffentliche Aufmerksamkeit dürfte also gesorgt sein. Alle vier Folgen sind seit 21. Oktober "on demand" bei Sky Ticket oder Sky Q zu sehen. Bei Sky Atlantic wird die vierteilige Serie jeweils in Doppelfolgen ausgestrahlt (Donnerstag, 21. und 28. Oktober, 20.15 Uhr). Selbstredend könnte die Aktualität der Serie auch schaden – weil ein neuer Skandal den alten überdeckt. Von Dezember 2017 bis Mai 2019 waren Kurz (ÖVP) und Strache (FPÖ) Koalitionspartner.

"Die Ibiza Affäre" beruht auf einem Sachbuch von zwei Journalisten der "Süddeutschen Zeitung", die den Fall mit Kollegen des "Spiegel" nach seriöser Quellenprüfung 2019 an die Öffentlichkeit brachten. Regisseur Christopher Schier ("Tatort: Lass den Mond am Himmel stehen") erzählt in knapp drei Stunden die Demontage Heinz-Christian Straches allerdings aus Sicht jener Männer, die Strache mit einem bereits 2017 aufgezeichneten Video mit einer angeblichen russischen Oligarchen-Nichte bloßstellten: Es geht um den Wiener Anwalt Ramin Mirfakhrai (David A. Hamade) und den Privatdetektiv Julian H. (Nicholas Ofczarek).

Über mehrere Jahre legten die beiden sehr unterschiedlichen Männer, alles andere als klassische "Buddies", Köder und Fallen aus, um schließlich im großen Finale 2017 jenes "Ibiza Video" aufzuzeichnen, in dem sich Strache mit freimütigen Angeboten in puncto verdeckter Parteienfinanzierung und heimlicher Übernahme unabhängiger österreichischer Medien um Kopf und Kragen redete.

Gelungener Polit-Thriller alter Schule

Im Ergebnis ist die Miniserie äußerst gelungen. Angenehm schmähfrei und beeindruckend authentisch inszeniert, eher wie ein guter amerikanischer Polit-Thriller alter Schule, fühlen sich Figuren und Szenen echt an. Fast so, als würde man Mäuschen spielen dürfen in einer unfassbaren Skandalgeschichte. Fans von Meisterwerken wie "Die Unbestechlichen" oder "The Insider" dürften sich an die besten Polit-Thriller-Momente erinnert fühlen. Alle Schauspieler wirken bis in kleinste Nebenrollen beeindruckend echt, wobei Nicholas Ofczarek ("Der Pass") als schmieriger Privatdetektiv und halbseidener Lebemann in einer weiteren Paraderolle mal wieder heraussticht.

Ofczareks Figur, Privatdetektiv Julian H., steht seit 8. September 2021 selbst in St. Pölten vor Gericht. Unter anderem, weil er Kokain weitergegeben haben soll. Bis zu seiner Festnahme 2020 in Berlin war der Mann untergetaucht. Das Stellen der "Video-Falle" durch Hessenthaler und Mirfakhrai war allerdings nicht Gegenstand juristischer Anklagen.

Dafür bleibt die Motivation der beiden "Koalitionäre" bis heute trotz aller Aufarbeitung ein bisschen im Unklaren. Ein Geheimnis, das auch der Serie guttut und das sie klugerweise nicht aufzuklären versucht. Trotz aller Präzision beim Erzählen erhält sich "Die Ibiza Affäre" somit eine Form des Geheimnisses. Ein Aspekt, der jedem guten Polit-Thriller-Stoff auf dem Weg zum Legendenstatus weiterhilft.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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