Neue Folge der Reportage-Reihe

"37°: Immer Ärger mit den Buchstaben – Wenn das Alphabet zur Qual wird": Das Leben Menschen mit Literalität

05.09.2023, 10.45 Uhr
von Aylin Rauh

Für Betroffene ist es oft ein Versteckspiel. Nicht richtig lesen und schreiben zu können, ist in Deutschland immer noch ein Tabuthema. Die neue Folge der "37°"-Reportage-Reihe stellt Menschen vor, die mit geringer Literalität leben.

ZDF
37°: Immer Ärger mit den Buchstaben – Wenn das Alpabet zur Qual wird
Reportage • 06.09.2023 • 00:15 Uhr

Die Zahl ist kaum zu fassen: Laut der Studie "LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität" können 6,2 Millionen Erwachsene in Deutschland nicht richtig lesen und schreiben. Auch viele Kinder sind von einer zu geringen Lese- und Schreibfähigkeiten betroffen, und die Zahl steigt. Trotz dieser fatalen Entwicklung wird immer noch zu wenig über das Thema gesprochen. Mit ihrer neuen "37°"-Reportage "Immer Ärger mit den Buchstaben – Wenn das Alphabet zur Qual wird" legt Jessica Szczakiel nun den Finger in die Wunde.

In ihrem Film begleitet Szczakiel Menschen aus unterschiedlichen Altersgruppen, die nicht richtig lesen und schreiben können, in ihrem Alltag. Dabei sprechen die Protagonisten über ihr Leben mit geringer Literalität, von ihren Ängsten und Problemen. Zudem zeigt die Reportage verschiedene Ansätze, um Betroffene zu ermutigen, sich gegenüber ihrem Umfeld zu äußern – was sich viele aus Scham nicht trauen.

"Ich schäme mich jeden Tag ein bisschen weniger"

Einer von ihnen ist Robert. Nach der Sonderschule kam er in ein Heim für schwer erziehbare Kinder. Erst im Alter von 14 Jahren lernte er dort das Lesen, in seiner Familie wurde nie darauf Wert gelegt. "Ich weiß nicht mal, ob meine Eltern wirklich lesen und schreiben konnten", erklärte er. Jahrzehntelang merkte jedenfalls keiner, dass er nicht schreiben kann. Bis sein Geheimnis nach einem tätlichen Angriff während seiner Tätigkeit als Busfahrer aufgedeckt wurde.

Die Folge? Kündigung. Um sich wieder ins Arbeitsleben zurückzukämpfen, lernt Robert nun das Schreiben und wird dabei von einer Selbsthilfegruppe unterstützt. "Ich schäme mich jeden Tag ein bisschen weniger, doch meine Grundangst bleibt", gesteht der 51-Jährige.

Zu Wort kommt auch Lea, die in der zweiten Klasse mit Legasthenie diagnostiziert wird. "Das erste Diktat kam komplett rot zurück", erinnerte sie sich. Trotz eines Nachteilsausgleichs verläuft die Schullaufbahn für sie mühsam. "Ich liebe Buchstaben, Geschichten und Märchen", erklärte Lea, die sich durchgekämpft hat und nun vor einer neuen Herausforderung steht: Um ihren Masterabschluss an der Uni in Kassel zu erreichen, muss sie eine wissenschaftliche Arbeit abgeben. Hierfür belegt sie einen Schreibkurs an der VHS. "Jeder Mensch ist anders und kann daher auch unterschiedlich stark lesen und schreiben", findet die 28-Jährige.

Dass es seitens der Behörden mehr Unterstützung braucht, wird am Beispiel des elfjährigen Bela gezeigt. Er geht in die sechste Klasse und besucht parallel eine Lerntherapie, die seine Familie selbst bezahlen muss. Und auch in der Schule findet er wenig Verständnis für seine Legasthenie. Trotz seiner Fortschritte bekommt er oft zu hören, dass er sein Abitur nicht schaffen wird.

37°: Immer Ärger mit den Buchstaben – Wenn das Alphabet zur Qual wird – Di. 05.09. – ZDF: 22.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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