Ukrainische Künstlerin: "Es erinnert mich an die spätsowjetischen Zeiten"
Seit Beginn des Krieges harrt die ukrainische Künstlerin Liliya Potapova in Charkiw aus. Im ARD-"Morgenmagazin" spricht sie über die Situation in der Stadt und erklärt, warum sie ihre Heimat nicht verlassen will.
Was vor einigen Wochen noch unvorstellbar erschien, ist nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine Ende Februar traurige Realität: Es herrscht wieder Krieg auf europäischen Boden. Während die Verhandlungen über einen Waffenstillstand am Dienstag fortgesetzt werden, fielen in der vergangenen Nacht weiter Bomben auf Städte in der ganzen Ukraine. Einmal mehr Ziel von Luftangriffen war auch Charkiw im Osten des Landes. Wie sich die Lage in der zweitgrößten Stadt der Ukraine gestaltet, hat im "ARD-Morgenmagazin" die ukrainische Künstlerin Liliya Potapova berichtet. "Wir haben sehr viele Detonationen gehört, es gab auch Luftangriffe", sagte sie am Dienstag im "Moma"-Interview mit Sven Lorig.
Doch das sei mittlerweile "nichts Besonderes" mehr: "Das gehört jetzt zum Alltag. Wir müssen ausharren." Man komme irgendwie zurecht, beschrieb Potapova. "Man versucht irgendwie in der Normalität zu bleiben." Nach der Versorgungslage mit Lebensmitteln und anderen lebensnotwendigen Dingen gefragt, beschrieb die Künstlerin: "Hier ist die Versorgung in Ordnung. Es erinnert mich an die spätsowjetischen Zeiten. Das Angebot ist knapp, man muss lange anstehen, aber letzten Ende bekommt man etwas." Komplizierter sei die Lage allerdings bei der Versorgung mit Medikamenten.
Ihre Mutter kann sie nicht erreichen
Zwar lebe sie in einem Viertel nahe eines besonders betroffenen Stadtteils von Charkiw, führte Potapova aus, aber in den nördlichen Wohnvierteln sei die Lage deutlich prekärer. Dort seien die Menschen quasi permanent unter Beschuss, und die Lieferketten von Lebensmitteln seien unterbrochen.
Trotz der gegenwärtigen Situation möchte Liliya Potapova ihrer Heimat nicht den Rücken zukehren. "Ich möchte die Stadt nicht verlassen, weil ich meine Verwandtschaft nicht im Stich lassen will", erklärte sie. Ihre Mutter lebe nördlich von Charkiw. "Die Verbindung ist unterbrochen, ich kann sie telefonisch nicht erreichen. Das macht mir sehr große Sorgen." Sie hoffe, dass der Kontakt bald wieder möglich sei, sagte Potapova. Auch ihre Freunde in Charkiw wolle sie nicht im Stich lassen. "Mein Haus liegt momentan noch immer in einem sicheren Sektor, und ich hoffe, dass ich hier auf Dauer ausharren kann."
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH