Frau wurde festgenommen

Russische Journalistin demonstriert in Live-Sendung gegen den Krieg

15.03.2022, 08.46 Uhr

Diese Aktion forderte sehr viel Mut: Eine junge Russin nutzte die Gelegenheit, um während einer Nachrichtensendung des Staatssenders Kanal 1 gegen den Krieg in der Ukraine zu protestieren.

Der Auftritt einer jungen Frau im russischen Staatsfernsehen geht derzeit in den sozialen Medien um die Welt. Nur sechs Sekunden ist sie zu sehen, doch für die Botschaft, die sie unter die Leute bringen will, reicht dieses kurze Zeitfenster. Zunächst schien in der 21-Uhr-Ausgabe der Nachrichtensendung "Wremja" im russischen Staatsfernsehen – vergleichbar mit der deutschen "Tagesschau", wenngleich politisch gelenkt – alles normal zu sein. Doch dann trat im Hintergrund unvermittelt eine Frau vom rechten Bildrand in die Live-Übertragung. Auf dem Plakat war in russischer Sprache zu lesen: "Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen." Außerdem rief die Frau mehrfach: "Nein zum Krieg!"

Wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, heißt die Drahtzieherin hinter der mutigen Aktion offenbar Marina Ovsiannikova. Sie arbeitete für den Fernsehsender Kanal 1 und hatte ihren Protest zuvor in den sozialen Medien lanciert. In einer Videobotschaft hatte sie den Krieg in der Ukraine als "Verbrechen" bezeichnet, an dem alleine Wladimir Putin die Schuld trage. "Leider habe ich mehrere Jahre bei Channel 1 gearbeitet und die Propaganda des Kreml verbreitet. Dafür schäme ich mich", heißt es in dem Video. Nach dem Protest wurde Ovsiannikova laut Berichten von der Polizei festgesetzt.

Video verbreitet sich rasendschnell

Zwar konnte das russische Regime die einstige Kanal-1-Mitarbeiterin mutmaßlich wegsperren, die rasende Verbreitung der Aktion rund um die Welt war da aber schon in Gang gesetzt worden. Russische Oppositionelle teilten einen Mitschnitt des Protests in den sozialen Medien, ebenso Künstler wie der weltberühmte Pianist Igor Levit. Der Musiker twitterte: "Was Mut wirklich bedeutet." Auch die deutsche Journalistin Ina Ruck postete ein Video der "Überraschung im russischen Staatsfernsehen", mit dem Verweis versehen, dass Ovsiannikova nun eine lange Haft drohe.

Das harte Durchgreifen der Behörden in diesem Fall ist ein weiteres Beispiel, wie der russische Machtapparat die Medien in Russland kontrolliert und für seine Propaganda missbraucht. Schon seit Beginn des Krieges ist es Medien in Russland untersagt, das Wort "Krieg" in den Mund zu nehmen. Stattdessen dürfen Zeitungen und TV-Sender lediglich von einer "militärischen Spezialoperation" berichten.

Auch auf ziviler Ebene drohen bei Protesten gegen den Kreml harte Strafen, was viele Russinnen und Russen aber nicht davon abhält, auf die Straße zu gehen und ihren Unmut über den Krieg im Nachbarland zu äußern. Seit dem Einmarsch in der Ukraine fanden in zahlreichen russischen Städten große Protestmärsche statt, die laut der Menschenrechtsorganisation Owd-Info bereits über 14.000 Verhaftungen nach sich zogen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren