"Monitor"-Moderator

Georg Restle über Impfstoff-Recherche: "Es ist ein Jahrhundertskandal"

30.06.2022, 14.50 Uhr

Weder Impfstoff-Hersteller noch EU haben laut Recherchen von "Monitor" ihre Versprechen an ärmere Länder eingehalten haben. Moderator und Journalist Georg Restle spricht von einem "Jahrhundertskandal".

Der Krieg in Europa, zwischenzeitlich sinkende Inzidenzen und die etwas milder verlaufende Omikron-Variante hatten zuletzt die Diskussion ums Impfen gegen das Corona-Virus entschärft. Dennoch hat sich die Redaktion des ARD-Politmagazins "Monitor" in einem investigativen Recherche-Film mit jener Zusage der Impfstoffhersteller, aber auch der Europäischen Union beschäftigt, die da lautete, man wollen Impfstoffe allen Regionen der Erde zu fairen Bedingungen zugänglich machen.

Laut "Monitor"-Recherchen ist diesbezüglich allerdings wenig passiert. Im Gegenteil. "Was uns umgetrieben hat, war die ungerechte Verteilung der Impfstoffe weltweit", erzählt "Monitor"-Redaktionsleiter und Moderator Georg Restle im Interview mit der Agentur teleschau.

"Da hat die EU-Kommission Hand in Hand mit den Impfstoff-Herstellern verhindert, dass der globale Süden rechtzeitig genügend Impfstoff bekommt. Dazu kommt, dass das Versprechen gebrochen wurde, dass es sich beim Impfstoff um ein gemeinsames geistiges Eigentum der Menschheit handele, das mit allen Staaten geteilt werden sollte. Keines dieser Ziele und Versprechen ist in der Hochphase der Pandemie umgesetzt worden."

Viele Tote in den Townships von Südafrika

Für ihre Recherche waren "Monitor"-Journalisten unter anderem in den Townships von Südafrika unterwegs. "Da sind Tausende gestorben, auch weil sie keine Chance hatten, an Impfstoff heranzukommen", fasst Restle zusammen. "Nicht mal Risikogruppen konnten dort geimpft werden." Auch auf die Frage, ob sich die Situation der ärmeren Länder verbessern werde, weil die Nachfrage nach Impfstoffen in den Industrieländern nachgelassen habe, gibt sich Restle eher skeptisch: "Da würde ich erst mal abwarten, bis die nächste Pandemiewelle die Welt erfasst."

Schließlich gehe es in dem Zusammenhang auch "um die Freigabe von Patenten, gegen die sich die Hersteller wehren". Restle im teleschau-Interview: "Wenn wir über die mRNA-Impfstoffe sprechen, reden wir ja auch über eine möglicherweise sehr effiziente Waffe gegen andere Krankheiten, an denen die Hersteller verdienen wollen. Auch deshalb wird da wohl wenig passieren, wenn es um mehr Solidarität mit den ärmeren Regionen dieser Welt geht."

Auch die deutsche Firma Biontech wird sich nach dem Film kritische Fragen gefallen lassen müssen. "Man sollte nicht vergessen", so Restle, "dass all diese Unternehmen sehr, sehr gut mit öffentlichen Geldern versorgt wurden, um möglichst schnell für einen weltweiten Impfschutz zu sorgen. Ich finde, es ist ein Jahrhundert-Skandal, wie die wohlhabenden Staaten es verhindern, dass Menschen im globalen Süden gerettet werden oder gerettet werden konnten."

Die Dokumentation "Monitor: Tödliche Profite" ist am Donnerstag, 30. Juni, 21.45 Uhr, im Ersten zu sehen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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