Psychodrama im Ersten

"Gesicht der Erinnerung": Verschwommene Realität oder ist es wahr?

08.02.2023, 09.32 Uhr
von Christopher Schmitt

Im Psychodrama "Gesicht der Erinnerung" kreisen die Gedanken von Christina (Verena Altenberger) um zwei Männer. Ihre große Liebe verlor sie bei einem Autounfall. Als sie 20 Jahre später einen jungen Mann kennenlernt und sich in ihn verliebt, erinnert er sie an ihren verstorbenen Geliebten. Bildet sie sich das nur ein oder gibt es eine Verbindung zwischen den beiden? Lohnt sich der heutige Film im Ersten? Weitere Infos zur Sendung gibt es hier.

ARD
Gesicht der Erinnerung
Mysterydrama • 08.02.2023 • 20:30 Uhr

In verschiedenen religiösen Überlieferungen spricht man von Reinkarnation: Die Seele eines Toten wandert weiter, ein Verstorbener wird wiedergeboren. Ein Thema wie geschaffen für ein mit Mystery-Elementen gespicktes Psychodrama: "Gesicht der Erinnerung", jetzt erstmals im Rahmen der Reihe "FilmMittwoch im Ersten" zu sehen, erzählt von Leidenschaft und Verlust sowie vom vermeintlichen Wiederfinden eines geliebten Menschen. Im unkonventionellen Film des erfahrenen Regisseurs Dominik Graf verschwimmen die Grenzen aus Erinnerung und Realität, aus psychischen Abgründen und Mystik.

Die Männer werden mehr und mehr zur selben Person

Einst, mit 16 Jahren, fand Christina (Verena Altenberger) im deutlich älteren Jacob (Florian Stetter) die große Liebe. Ein Autounfall kostete ihn das Leben, Christina hat auch 20 Jahre später diese Lücke nicht füllen können. Eines Nachts fährt der junge Patrick (Alessandro Schuster) die psychisch labile Frau nach Hause – und schläft mit ihrer Mitbewohnerin Antje (Maria Preis). Doch Patrick hat eigentlich nur Augen für Christina und beginnt, um sie zu werben. Christina wiederum ist ebenfalls von dem jungen Mann fasziniert – insbesondere, weil seine freundliche und selbstbewusste Art sie an Jacob erinnert.

Die beiden scheinen das Glück gefunden zu haben, doch in Christinas Augen werden die beiden Männer mehr und mehr zu ein und derselben Person. So kommen auch dem zunehmend irritierten Patrick Zweifel, ob die Beziehung zu der älteren Frau eine Zukunft hat. Und dann ist da ja auch noch Antje (Maria Preis), ein Mädchen in seinem Alter, das ebenfalls Interesse zeigt.

"Gesicht der Erinnerung" mit mystischen Elementen 

"Gesicht der Erinnerung" arbeitet mit Rückblenden, die wie Traumsequenzen aus Theaterstücken anmuten sollen. Mag das zunächst noch als frische Idee durchgehen, wirkt das Stilmittel in seiner Dauerpräsenz vor allem zu Beginn anstrengend. Ohnehin versuchen Regisseur Dominik Graf und Autor Norbert Baumgarten bisweilen eher zwanghaft, dem Psychodrama einen avantgardistischen Anstrich zu verleihen. Da wird griechische Philosophie zitiert und die Symbolik der immer wieder auftauchenden Spinne beschworen. Allerdings kratzt der Film damit nur an der Oberfläche, und die mystischen Elemente sorgen zuweilen eher für Verwunderung denn für Spannung.

Seine stärksten Phasen hat der Film dann auch, wenn er sich von den verspielten Rückblicken und Visionen der Hauptfigur weitgehend löst. Dann, wenn auch Patrick auffällt, wie sehr er doch Christinas verstorbenem Freund ähnelt und wie sehr sich seine Freundin an die vage Hoffnung klammert, es gäbe eine Verbindung zwischen den Männern.

Film steht der psychologische Blick besser als das Übernatürliche

Ob es Christinas Angst ist, wahnsinnig zu werden, oder Patricks Angst, dass seine Freundin in ihm kein Individuum, sondern eine Kopie sieht: Dem Film steht der psychologische Blick deutlich besser als der übernatürliche. Beispielsweise, wenn Christina vor Glück beinahe die Tränen kommen, als sich Patrick dazu durchringt, den von ihr besorgten Anzug zu tragen und so auch optisch ihrem geliebten Jacob nahekommt. "Ganz nah dran", freut sie sich.

Besonders bei diesen Gefühlsausbrüchen – sei es aus Glück oder Verzweiflung – kommt das überzeugende Spiel von Verena Altenberger zum Tragen, das besonders im Verbund mit Alessandro Schuster funktioniert. Auch der Rest des Ensembles macht seine Sache gut.

Gesicht der Erinnerung – Mi. 08.02. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren