Bei "Markus Lanz"

Gregor Gysi über AfD-Umgang: "Mein Gott, das geht mir so auf die Nerven!"

29.09.2023, 07.44 Uhr
von Natascha Wittmann

Wie sieht die Zukunft der Linkspartei aus? Bei "Markus Lanz" kritisierte Gregor Gysi am Donnerstagabend die Parteigründungspläne von Sahra Wagenknecht und erklärte, wie genervt er von dem Umgang mit der AfD ist. Doch mit einer Aussage sorgte er plötzlich für betretenes Schweigen.

Die ehemalige Fraktionschefin der Linkspartei, Sahra Wagenknecht, landete in den vergangenen Monaten immer wieder in den Schlagzeilen. Nicht zuletzt durch ihre umstrittene Haltung zum Ukrainekrieg erntete sie viel Gegenwind in ihrer eigenen Partei. Mit einiger Sorge erwartet man dort nun, ob und wann Wagenknecht die von ihr in Aussicht gestellte Parteigründung in die Tat umsetzt.

"Ich versuche, es ihr auszureden"

Bei "Markus Lanz" verurteilte Linken-Politiker Gregor Gysi die Pläne seiner Noch-Parteikollegin aufs Schärfste und offenbarte im Gespräch mit dem ZDF-Moderator, dass er das Vorhaben schlicht "für falsch" halte, da eine "Abspaltung" in der Regel zum Scheitern verurteilt sei.

Zudem prognostizierte Gysi mit Blick auf Sahra Wagenknecht: "Wenn sie den Weg geht, wird sie bei der Europawahl erfolgreich sein. Vielleicht noch bei den Landtagswahlen im Osten im nächsten Jahr, aber nach meiner festen Überzeugung bei der Bundestagswahl 2025 nicht." Bei "Markus Lanz" verriet der Politiker offen: "Ich versuche, es ihr auszureden. Ich weiß natürlich nicht, ob es mir gelingt." Falls nicht, sei er "bereit, um die Existenz der Partei zu kämpfen". Dennoch ergänzte er: "Ich mache nicht wieder den Fraktionsvorsitz. Hören Sie zu, ich bin 75, hatte drei Infarkte. Also, man muss auch Grenzen kennen!"

Gregor Gysi genervt vom Umgang mit der AfD: 

Während Gregor Gysi die Parteipläne von Sahra Wagenknecht kritisch sah, erklärte Schriftstellerin Deborah Feldman, warum sie für eine Abspaltung wäre: "Ich finde es von Vorteil, wenn im Sammelbecken der Unzufriedenen mehrere fischen." Der Grund? Die AfD habe aktuell laut Feldman "keine Konkurrenz". Sorgenfrei blickt die deutsch-amerikanische Bestsellerautorin ("Unorthodox") allerdings nicht auf Sahra Wagenknecht: "Sie macht mir schon Angst als Persönlichkeit."

Theologe Manfred Lütz sah dagegen die Lösung im direkten Austausch "mit AfD-Leuten, mit Wählern, auch mit Funktionären". Laut Lütz entstehe viel zu sehr der Eindruck, "man redet gar nicht mit denen", sondern "nur mit dem eigenen Stammtisch", wo man zeige, "wie tapfer man gegen die AfD ist". Lütz ergänzte kritisch: "Man sagt immer wieder dasselbe (...) und das Ergebnis sind 35 Prozent in Sachsen."

Gregor Gysi fügte nachdenklich hinzu, dass die etablierten Parteien immer nur darüber reden würden, "was die AfD macht, wie sie es macht und nicht über unsere Fehler, die es ermöglicht haben, dass die AfD so stark geworden ist". Laut Gysi sei es fatal, dass es keinen Gesprächskreis unter Vertretern etablierter Parteien gebe, "wo man sich mal darüber unterhält, wie man wieder Vertrauen bei der Bevölkerung gewinnt". Der Politiker machte seinem Ärger Luft: "Es ist alles so kleinkariert!" Gysi wetterte weiter gegen die Methodik der Bundesregierung im Umgang mit der AfD und sagte schließlich wütend: "Mein Gott, das geht mir so auf die Nerven!"

Gregor Gysi sagt das N-Wort

Markus Lanz versuchte daraufhin, die Debatte breiter aufzufächern, und sprach übergeordnete Themen wie Moral und Glauben an. Gysi gab daraufhin zu, dass der Glaube "eine Orientierung" gebe, die "ganz wichtig" für eine Gesellschaft sei. Die in der ultraorthodoxen jüdischen Glaubensgemeinschaft der Satmarer in New York aufgewachsene Deborah Feldman sah dies kritisch und warnte davor, dass die Religion "sehr biegsam" sei und "leicht missbraucht werden" könne. "Ich sehe, wie die Religion in Amerika eigentlich zu einer Politik geworden ist", warnte die Schriftstellerin.

Auch Theologe Manfred Lütz sagte ernst: "Religion ist sehr existenziell und damit kann man Menschen unglaublich manipulieren." Daraufhin blickte Gregor Gysi in die Vergangenheit Amerikas und hob an: "Im Süden der USA, wo die N... ja furchtbar behandelt wurden und auch heute noch nicht wirklich gleichberechtigt behandelt werden ...". Das "N-Wort" formulierte er dabei aus. Und fuhr fort, "... da sagte ein Priester: Gott hat sich was dabei gedacht, als er Weiße und Schwarze schuf. Nicht, damit sie gleichberechtigt werden."

"Ich habe nur von Schwarzen gesprochen" – "Nein, haben Sie nicht"

Nach kurzem Schweigen fragte Markus Lanz sichtlich überrascht: "Herr Gysi, Sie benutzen das Wort jetzt im historischen Kontext, das Sie gerade ausgesprochen haben?" Lanz weiter: "Sie haben gerade das sogenannte N-Wort benutzt." Gysi war sich jedoch keiner Schuld bewusst und verteidigte sich: "Ich habe nur von Schwarzen gesprochen."

Lanz konterte: "Nein, haben Sie nicht. Es ist interessant, was jetzt passieren würde, wenn wir das jetzt nicht klarziehen." Manfred Lütz stellte daraufhin klar, dass Gysi ohne Richtigstellung "heftig angegriffen" werden könnte. Der Politiker verteidigte sich dennoch weiter: "Was ich gemacht habe, ist ein Zitat." Er ergänzte abschließend jedoch einsichtig: "Ich bin auch sehr dafür, dass wir die Sprache ändern."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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