Rabiat-Doku

"Wer pflegt Mama?": eine schwierige Frage, ein wachsendes Problem

01.08.2022, 08.24 Uhr
von Maximilian Haase

Immer mehr Menschen sind pflegebedürftig, häufig kümmern sich die Angehörigen zu Hause um ihre Verwandten. Eine "Rabiat"-Doku sucht im Ersten eine Antwort auf die Frage: "Wer pflegt Mama?" 

ARD
Rabiat: Wer pflegt Mama?
Dokumentation • 01.08.2022 • 23:15 Uhr

Sechs Millionen Menschen sollen im Jahr 2030 hierzulande auf Pflege angewiesen sein. Was der aktuelle Pflegereport in eindrücklichen Zahlen vermeldet, wird für viele Familien früher oder später zur konkreten Entscheidung: Wer kümmert sich einst um die pflegebedürftigen Eltern oder Großeltern? Oder kürzer: "Wer pflegt Mama?" – so der bündige Titel, unter dem sich eine Dokumentation des ARD-Formats "Rabiat" nun eines wachsenden Problems annimmt. Reporterin Lena Oldach begleitet für ihren Film Pflegende im ganzen Land und setzt sich im Gespräch mit ihrer Mutter auch persönlich mit der schwierigen Frage auseinander, welche Erwartungen im Pflege-Fall gestellt und erfüllt werden können.

Wie gewohnt wagt das von Radio Bremen produzierte jugendliche Format des "Y-Kollektivs" einen Spagat zwischen klassischer Doku, intimen Einblicken und subjektivem Hineinversetzen: Die Autorin "muss sich mit den eigenen moralischen Ansprüchen an sich selbst auseinandersetzen", wie es in der Ankündigung des Ersten heißt. Ihre Mutter Christiane Henze, die bereitwillig am Film mitwirkte, ist heute 65 Jahre alt. Welche Ansprüche darf sie im hohen Alter an ihre Tochter stellen? Und was kann diese überhaupt leisten? Die Vorstellung, das eigene Leben für die pflegebedürftigen Eltern zu pausieren, widerstrebt vielen ebenso wie jene, Mama oder Papa ins Heim zu geben. Ein oft unauflösbares Dilemma, dem sich viele Menschen irgendwann stellen müssen.

Der Großteil wird zu Hause gepflegt

Vier Fünftel aller Pflegebedürftigen werden hierzulande zu Hause betreut. Die "Rabiat"-Doku begleitet einige von ihnen und zeigt auf, was Menschen auf sich nehmen, um ihre Angehörigen zu pflegen. So wie eine 52-Jährige aus der Nähe von Dortmund, die seit vier Jahren ihre schwer demente Mutter betreut. "Früher waren wir wie beste Freundinnen. Zu erkennen, dass es jetzt nur noch bergab geht mit ihr, war verdammt schwierig. Aber sie ins Heim zu stecken, das bringe ich einfach nicht übers Herz."

Oft sind es Frauen, die ihre Eltern pflegen, oft geben sie ihre Arbeit dafür auf. Mit Folgen, nicht nur für die eigene körperliche und psychische Belastung, sondern auch für die spätere Rente. Dabei ist diese Form der Pflege im System mit eingeplant, wie der Film des Y-Kollektivs kritisch beleuchtet: als sogenannte "Ambulantisierung", die viel weniger Kosten verursacht als die stationäre Pflege. In vielen Fällen, so der Film, ist die häusliche Pflege aber schlicht unmöglich – etwa wenn die Angehörigen weit voneinander entfernt leben. Eine Lösung könnten mobile Pflegedienste bieten, die von Lena Oldach ebenfalls begleitet werden. Doch auch diese haben Nachteile – von langen Wartelisten über knapp bemessene Pflegezeit bis hin zur hohen Belastung der Angestellten.

Bliebe noch die Option der Pflegeheime. Doch auch auf einen Heimplatz, vom Staat bei fehlenden finanziellen Mitteln bezuschusst, müssen Bedürftige oft sehr lange warten. "Mein Lebensgefährte und ich konnten keinen Schritt mehr machen. Da blieb nichts mehr übrig an Zeit. Nichts", sagt eine pflegende Angehörige aus der Nähe von Dresden im Film: "Ich habe Papa dann gesagt: Ich kann das nicht mehr." Nun lebt ihr Vater im Heim – doch zufrieden sind beide damit nicht. Die Frage nach der Pflege der eigenen Eltern – sie bleibt voller moralischer und systemischer Widersprüche.

Rabiat: Wer pflegt Mama? – Mo. 01.08. – ARD: 23.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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