Dokumentarfilm "Route 4"

ProSieben legt Fokus auf Seenotrettung: "Es ist nicht leicht verdaulich"

24.10.2022, 09.35 Uhr
von Aylin Rauh

Zu besten Sendezeit nimmt sich ProSieben des Themas Seenotrettung an und strahlt den Dokumentarfilm "Route 4" aus.  Im Anschluss diskutiert Klaas Heufer-Umlauf in einem Talk mit seinen Gästen über das Thema.

"Es ist ein Thema, das auserzählt ist – das ist der erste große Fehler, den man machen kann!" Klare Worte von ProSieben-Senderchef Daniel Rosemann, der am Donnerstagnachmittag vor Journalisten einen außergewöhnlichen Programmschwerpunkt ankündigte. Der Sender, bekanntlich schon seit einiger Zeit um mehr inhaltliche Relevanz bemüht, nimmt sich zur besten Sendezeit des gewichtigen Themas Seenotrettung an.

Natürlich ist da gar nichts auserzählt: In den vergangenen Jahren sind mehr als 20.000 Menschen auf ihrer Flucht über das Mittelmeer ertrunken, die Zahl steigt stetig. Männer, Frauen, Kinder verlieren ihr Leben. Täglich. Aus diesem Grund wolle der Sender "Verantwortung in die Hand nehmen", so Rosemann. Das Programm wurde für Montag, 24. Oktober, kurzfristig umgeändert – um 20.15 Uhr wird der Dokumentarfilm "Route 4" zum ersten Mal in Deutschland ausgestrahlt, im Anschluss folgt ein themenbezogener Talk mit Klaas Heufer-Umlauf als Gastgeber.

Für die Produktion begleitete ein Filmteam über 15 Monate lang die Missionen der deutschen Hilfsorganisation Sea-Eye, die darauf ausgerichtet ist, Menschen während ihrer Flucht aus dem Mittelmeer zu retten. Der Beitrag zeigt die Einsätze der Crew auf dem Meer und lässt Überlebende zu Wort kommen, die vor laufender Kamera ihre Geschichten schildern. Das Besondere an "Route 4" sei, "dass wir nicht die Perspektive der Helferinnen und Helfer erzählen, sondern die der geflüchteten Menschen – und ihnen eine Plattform bieten", erklärt Sophie Weidenhiller, die seit 2018 in der Seenotrettung aktiv ist. Drei Jahre später war sie Teil eines Rescue-Teams während der ersten Sea-Eye 4-Mission. Der Film, betont sie, zeige die ungefilterte Realität: "Es ist nicht leicht verdaulich, was man sieht", machte die Niederösterreicherin in dem Gespräch am Donnerstag deutlich.

"Wenn man das von Menschen hört, die das erlebt haben, dann versteht man auch, warum sie geflüchtet sind und warum wir ihnen helfen müssen", erklärt Weidenhiller. "Tagtäglich werden schwerste Menschenrechtsverletzungen begangen. 2022 sollte so etwas von der EU nicht unterstützt werden." Durch den Dokumentarfilm erhofft sie sich, dass "die Menschen mit offenen Herzen rangehen und den Menschen wirklich zuhören".

Aber warum hat sich Sophie Weidenhiller dazu entschieden, sich für Menschen in Seenot zu engagieren? "Ich wollte mir live ein eigenes Bild machen und Menschen helfen", erklärte sie in der Pressekonferenz. "Ich dachte mir: 'Wenn die Regierungen nichts machen, will ich helfen, so gut wie ich kann." In den letzten Jahren seien die Rettungsaktionen schwieriger geworden: "Unsere Missionen dauern im Schnitt vier Wochen. Jetzt dauern sie sechs", erläutert Weidenhiller. "Es ist schwieriger, weil die Geflüchteten auf einen sicheren Hafen warten müssen." Das Problem ist schon hinreichend beschrieben worden, und doch muss der Finger immer wieder in die Wunde gelegt werden.

"Route 4 – Der Talk danach" mit Klaas Heufer-Umlauf

Auch die vergangenen Krisen seien der Grund, warum sich die Missionen problematischer gestalten – Sea-Eye finanziert sich unter anderem durch Spenden, die allerdings deutlich zurückgegangen seien.

In Rosemanns Augen sei gerade jetzt der perfekte Zeitpunkt, um "Route 4", eine Produktion der deutschen Firma Produktion, der von Boxfish, die unter der Regie von Martina Chamrad entstand, auszustrahlen – "und nicht erst dann, wenn die Welt wieder rosa ist." Der Film rücke etwas gerade, erläutert der Senderchef zur Situation auf dem Mittelmeer: "Die Menschen sind in einer Situation, bei der die Lebensgefahr die bessere Option ist." Als Zuschauer wird man sich zwangsläufig mit der brutalen Frage auseinandersetzen müssen, warum sich die Geflüchteten für eine solche Bedrohung entscheiden und ihr Leben aufs Spiel setzen.

Im Anschluss des Dokumentarfilms folgt "Route 4 – Der Talk danach" mit Klaas Heufer-Umlauf. "Klaas ist sehr engagiert in dem Thema und weiß um seine Reichweitenpower. Er ist ein sehr guter Gastgeber für einen Talk", so Rosemann. Zu Gast sind Sophie Weidenhiller, der Geflüchtete Zain Alabidin Al Kathir und Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Gemeinsam diskutieren sie über Seenotrettung und die nach wie vor fehlenden politischen Lösungen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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