"Dokumentarfilm im Ersten"

"Slahi und seine Folterer" liefert schockierende Erkenntnisse

von Elisa Eberle

Mohammedou Slahi war jahrelang Gefangener in Guantanamo. Eine investigative Doku bringt ihn mit seinen ehemaligen Folterern zusammen.

ARD
Dokumentarfilm im Ersten: Slahi und seine Folterer
Dokumentarfilm • 14.09.2021 • 22:50 Uhr

Wer ist Täter und wer ist Opfer? Im Fall von Mohammedou Slahi lässt sich diese Frage nicht leicht beantworten: 14 Jahre lang war der gebürtige Mauretanier als mutmaßlicher Terrorist im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay inhaftiert. Obwohl es nie zur Anklage kam, wurde er wieder und wieder gefoltert. Im Jahr 2007 äußerte der preisgekrönte investigative Journalist und Filmemacher John Goetz ("Jagd auf Snowden") in einem "Spiegel"-Artikel erstmals Zweifel an den Vorwürfen. Der zutiefst dankbare Slahi kontaktierte den ihm unbekannten Mann nach seiner Entlassung 2016 und bat ihn um einen schier unerfüllbaren Gefallen: Goetz sollte all jene Männer und Frauen aufspüren, die Slahi in Guantanamo gefoltert hatten. Der daraus entstandene Film "Slahi und seine Folterer" ist nun im Rahmen der Sendereihe "Dokumentarfilm im Ersten" zu sehen.

Es ist keine Rachsucht, die Slahi zu dieser ungewöhnlichen Bitte drängt: Er möchte seine Peiniger kennenlernen, gemeinsam Tee mit ihnen trinken und endlich mit der Vergangenheit abschließen. Aus seiner eigenen Perspektive erzählt Goetz in dem 90-minütigen Film von den einzelnen Schritten seiner schwierigen Recherche. Alles, was ihm damals zur Verfügung stand, waren Slahis Erinnerungen und dessen Bestseller-Roman "Das Guantanamo-Tagebuch".

Da die Aufgabe nicht alleine bewältigt werden kann, holt sich Goetz in den USA die Unterstützung eines befreundeten Journalisten: Paul-Erik Heilbuth, der neben Lukas Augustin als Co-Regisseur aufgeführt wird. Gemeinsam gelingt es ihnen tatsächlich, einige jener Männer und Frauen ausfindig zu machen, die in Slahis Fall involviert waren. Manche von ihnen zeigen offene Reue, andere wiederum scheinen von seiner Schuld nach wie vor überzeugt. Immer wieder beschreibt Slahi die an ihm verübten Foltermethoden: Er erinnert sich, wie er nackt und gefesselt eine ganze Nacht lang im Kühlraum lag, während Stroboskoplichter und laute Musik ihn vom Schlafen abhielten. Es sind qualvolle Erinnerungen wie diese, die den zierlichen Mann, aber auch seine Folterer bis heute sichtbar emotional belasten.

"Am faszinierendsten bei der Arbeit an diesem Film war es, den Moment selbst miterleben zu können, als seine Folterer den früheren Häftling Mohamedou zum ersten Mal aus anderen Augen sehen konnten", erinnert sich Goetz an die Dreharbeiten: Sie hätten sich dadurch selbst als seine Folterer erlebt: "Das verängstigte sie."

20 Jahre nach den Anschlägen vom 11. September ist der Film somit eine Reise ins dunkle Herz des "Krieges gegen den Terror", an deren Ende schockierende Enthüllungen stehen. (Eine Woche zuvor, am Freitag, 7. September, wurde eine Kurzfassung des Films unter dem Titel "Slahi und seine Folterer – Das Leben nach Guantanamo" um 21.50 Uhr auf ARTE gezeigt.) Ergänzend zum Film ist ein Podcast erschienen: Unter dem Titel "Slahi – 14 Jahre Guantanamo" erzählen der Journalist Bastian Berbner und der Podcastredakteur Ole Pflüger Slahis Lebensgeschichte aus ihrer eigenen Sicht. Die insgesamt zwölf Folgen sind in der ARD-Audiothek abrufbar.

Dokumentarfilm im Ersten: Slahi und seine Folterer – Di. 14.09. – ARD: 22.50 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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