Schlacht jährt sich zum 80. Mal

"Stalingrad – Stimmen aus Ruinen": Zeitzeugen erzählen ihre bewegende Geschichte

03.01.2023, 07.45 Uhr

Im Winter vor 80 Jahren endete die Schlacht um Stalingrad. In den kalten Monaten 1942/43 konnte die Sowjetunion das Kriegsgeschehen entscheidend beeinflussen und über Nazi-Deutschland siegen. Stalingrad ist heute zum Symbol des Krieges geworden. Zum Jahrestag der Schlacht zeigt ARTE die sehenswerte Doku "Stalingrad – Stimmen aus Ruinen". Dabei erzählen Menschen, die bei diesem historischen Ereignis dabei waren, von ihren bewegenden Erlebnissen. 

ARTE
Stalingrad – Stimmen aus Ruinen
Dokumentation • 03.01.2023 • 20:15 Uhr

Es war einer der zentralen Wendepunkte des Zweiten Weltkriegs und die Geburtsstunde eines sowjetischen Mythos: In diesem Winter vor 80 Jahren endete die Schlacht um Stalingrad. Der "Unternehmen Barbarossa" genannte Vernichtungskrieg Nazi-Deutschlands gegen die Sowjetunion wurde im Februar 1943 in Eiseskälte gestoppt, fortan ging die Rote Armee in die Offensive. Stalingrad – heute trägt die Stadt den Namen Wolgograd – ist ein ewiges Symbol für den Schrecken des Krieges, der auch in Europa seit einem knappen Jahr wieder spürbar ist.

Von hochtrabenden Eroberern zu hungernden Verlierern

Die sehenswerte Dokumentation "Stalingrad – Stimmen aus Ruinen" von Artem Demenok widmet sich der brutalen Schlacht, die über eine Million Opfer forderte, aus Sicht derjenigen, die sie am eigenen Leib erleben mussten: Zivilisten und Soldaten, auf sowjetischer und deutscher Seite, hinterließen Tagebucheinträge und Briefe aus einer Stadt im Feuer. Teils sind es die letzten Andenken eines ausgelöschten Menschenlebens. Es handelt sich um direkt aus der Situation entstandene, ungeschönte Notizen ohne Angst vor möglichen Folgen.

Im Sommer 1942 marschieren die Wehrmacht und ihre Verbündeten auf Stalingrad – hier setzt auch die Erzählung des Films ein. In der Folge lässt sich anhand der Zeitzeugen-Aussagen ablesen, wie auf deutscher Seite aus hochtrabenden Eroberern Besiegte wurden: verzagt, frierend und hungernd. Auf sowjetischer Seite kommt unter anderem der spätere Staatschef Nikita Chruschtschow zu Wort, vor allem jedoch Zivilisten, die versuchten, den unerbittlichen deutschen Angriff zu überleben. Fliehen konnten sie nicht, Stalin sah die Evakuierung einer Stadt, die seinen Namen trägt, als falsches Signal.

Bewegende Geschichten der Zeitzeugen

Eine dieser zivilen Stimmen, die sinnbildlich für die Gewöhnung an den Terror steht, gehört dem damals zwölfjährigen Oleg Trubatschow. Der Schüler berichtete von den Warnungen vor einem Luftangriff, die ihn aufgrund ihrer Häufigkeit kaum interessierten. "Ich war mit Freunden auf der Straße, und wir scherten uns weder um den Alarm, noch um das ferne Geschütz-Feuer", so Oleg. "Wenige Augenblicke später verschmolzen das Pfeifen und die Explosionen von Bomben zu einem furchterregenden Donner." Während seiner Großeltern von der Druckwelle weggeschleudert wurden, öffnete Oleg den Mund und hielt sich die Ohren zu. Er wusste, dass Trommelfelle sonst ganz schnell platzen können.

Ebenso interessant sind auch die Notizen der Militärs. Der sowjetische Gebietsparteisekretär Aleksei Tschujanow stellte per Dolmetscher dem geschlagenen Oberbefehlshaber der deutschen 6. Armee, Friedrich Paulus, die Frage: "Warum haben sie Stalingrad so heftig, geradezu bestialisch zerstört?" Paulus' Antwort zeugt von blindem soldatischen Gehorsam: "Krieg ist Krieg. Ich habe den Befehl ausgeführt, den mir das Oberkommando gegeben hat."

Paulus wurde erst einen Tag zuvor von Hitler zum Generalfeldmarschall ernannt, ein deutscher Feldmarschall hatte nie zuvor in der Geschichte kapituliert. Eine Beförderung, die den Heldentot – oder zumindest Selbstmord – implizierte. Doch Paulus kapitulierte. "Hätte ich gewusst, dass ich erst Feldmarschall werde und dann Kriegsgefangener... wäre das ein Theaterstück, würde ich sagen: 'So ein Quatsch", wird er später zu anderen Offizieren sagen. Bis 1953 blieb er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft.

Aufschlussreiche Notizen eines Überlebenden

Auch die Aufzeichnungen von Major Erich von Lossow zeugen von der Enttäuschung der Besiegten. Als der Rückzug und die Aufgabe Stalingrads besiegelt worden war, notierte er: "Nichts ist deprimierender als die Zerstörung all dessen, was man aufgebaut hat und das Aufgeben einer mit viel Blut, Opfern und enormen Anstrengungen erkämpften Stellung." Seine Soldaten ließ er zunächst im Unklaren. Später wurde er verletzt ausgeflogen. Seine Abteilung war etwa 400 Mann stark, nur vier überlebten.

Stalingrad – Stimmen aus Ruinen – Di. 03.01. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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