Fragen und Antworten

"Tatort" aus Zürich: Wie läuft das Zulassungsverfahren für Arzneimittel wirklich?

12.09.2022, 08.20 Uhr
von Franziska Wenzlick

Im neuen Zürich-"Tatort: Risiken mit Nebenwirkungen" ging es einem profitsüchtigen Medikamentenhersteller an den Kragen. Der Film reihte zahlreiche Klischees über die Pharma-Branche aneinander – doch wie sieht es in der Realität aus?

Gut weg kam die Pharma-Industrie im "Tatort: Risiken mit Nebenwirkungen" beim besten Willen nicht. Zwar ermittelten die Zürcher Kommissarinnen Grandjean (Anna Pieri Zürcher) und Ott (Carol Schuler) im Falle einer ermordeten Juristin (Sabine Timoteo) in alle Richtungen, der allgemeine Tenor aber blieb den gesamten Film über gleich: Macht und Gier stehen an oberster Stelle, wenn es um die Zulassung eines überaus gewinnbringenden Arzneimittels geht. Aber wie aufwendig ist es wirklich, ein Medikament auf den Markt zu bringen? Und ist es wirklich so einfach, Studienergebnisse zu manipulieren und in den Zulassungsprozess einzugreifen?

Worum ging es?

Corinne Perrault (Sabine Timoteo), eine Anwältin, die einen Pharmariesen bei der Lancierung eines neuen Medikaments vertrat, ist tot. Die Spitzenjuristin wird ermordet aufgefunden; eine Überdosis Insulin hat die junge Diabetikerin das Leben gekostet. Sofort fällt der Verdacht auf Dorit Canetti (Annina Butterworth), die dem von Perrault vertretenen Pharmariesen Argon vorwirft, dass sich die Erkrankung ihrer 15-jährigen Tochter Klara (Anouk Petr) durch ein Medikamenten-Testprogramm verschlimmert habe. Grandjean und Ott jedoch zweifeln an der Schuld der Mutter – und haben einmal mehr den richtigen Riecher, als sie den Täter bei Argon und im Kollegenkreis der Ermordeten suchen.

Worum ging es wirklich?

Klar: Die Pharma-Branche hat keinen guten Ruf. Auch der jüngste Zürich-"Tatort" von Regisseurin Christine Repond ließ sich auf so ziemlich jedes bestehende Klischee ein und skizzierte das fiktionale Unternehmen Argon, die Entwicklerin des Medikaments (Laura de Weck) und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Großkanzlei als kaltblütig, profitgierig und skrupellos. Dass sich der Zustand eines jungen Mädchens durch die Einnahme eines gewinnbringenden Mittels verschlechtert haben könnte, war im Film nahezu allen Beteiligten egal – immerhin ging es bei der Zulassung um Millionen. Die Message, die Repond und die Drehbuchautorinnen Stefanie Veith und Nina Vukovic in ihrem Krimi vermittelten, war eindeutig: Geld über Leben. Doch ist das wirklich die Devise, wenn es um die Entwicklung von Arzneimitteln geht?

Wie läuft eine Arzneimittelzulassung ab?

Ganz so einfach wie im Film ist es in der Realität zum Glück nicht, ein potenziell schädliches Medikament auf den Markt zu bringen. Egal, in welchem Land – es kann Jahre dauern, bis ein Mittel offiziell zugelassen wird. In Deutschland muss ein Antrag entweder bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) oder bei nationalen Behörden wie dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eingereicht werden. In der Schweiz, wo Grandjean und Ott ermitteln, entscheidet das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic darüber, ob ein Mittel vertrieben werden darf. Sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz sind die Zulassungsverfahren von Beginn an sehr genau und streng – beispielsweise muss jede Arznei zahlreiche Testphasen erfolgreich durchlaufen, um genehmigt zu werden.

Wird nur die Wirksamkeit geprüft?

In der Schweiz muss nicht nur Swissmedic der Zulassung zustimmen. Neben der Wirksamkeit stehen auch die Testbedingungen, die Forschenden und das Verhältnis zwischen Risiko und Nutzen auf dem Prüfstand. So gibt es mehrere Ethikkommissionen, die aus Juristen, Medizinern, Theologen und Laien bestehen. Sie beurteilen Swissmedic zufolge, ob bei den Studienphasen alles mit rechten Dingen zugeht und ob mögliche Nebenwirkungen zu schwerwiegend sind, um den Vertrieb eines Mittels zuzulassen. In Deutschland darf laut BfArM erst dann mit der klinischen Prüfung einer Arznei begonnen werden, wenn die jeweils zuständige Ethikkommission eine Testphase genehmigt. In beiden Ländern gilt: Auch bei bedingten Zulassungen und beschleunigten Bewertungsverfahren ist die Zustimmung einer Ethikkommission unabdingbar.

Wie geht es beim Zürich-"Tatort" weiter?

Ein Wiedersehen mit Isabelle Grandjean und Tessa Ott gibt es voraussichtlich erst 2023. Zwei neue Krimis sind bislang für nächstes Jahr angekündigt; Angaben der Drehbuchautorin Karin Heberlein zufolge tragen die Filme die Titel "Blinder Fleck" und "Seilschaften". Regie führte Tobias Ineichen, der in der Vergangenheit bereits sechs "Tatorte" inszenierte, darunter auch vier Fälle des Luzerner Ermittlers Reto Flückiger (Stefan Gubser). Wann genau Grandjean und Ott auf die Bildschirme zurückkehren werden, ist noch nicht bekannt – noch hat das SRF keine Ausstrahlungstermine bekannt gegeben.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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