ARD-Doku von Zamperoni

"Trump, Biden, meine US-Familie und ich": Ist die Demokratie in Gefahr?

31.10.2022, 09.01 Uhr
von Elisa Eberle

Ingo Zamperoni, verheiratet mit einer Amerikanerin, blickt in seiner zweiten USA-Doku auf ein Land, das nach der Wahl von Joe Biden noch immer mit großen gesellschaftlichen Problemen zu kämpfen hat.

ARD
Trump, Biden, meine US-Familie und ich
Dokumentation • 31.10.2022 • 20:15 Uhr

Ingo Zamperoni ist mit der USA schon lange eng verbunden: Der heutige "Tagesthemen"-Sprecher studierte Anglistik, verbrachte ein Auslandsjahr in Boston und ist mit einer US-Amerikanerin verheiratet. Im Herbst 2020, während der heißen Phase des US-Wahlkampfs, wollte er mehr über die politische Zerrissenheit der Staaten erfahren. Ausgehend von einem privaten Besuch bei der angeheirateten Familie bereiste er deshalb verschiedene Ecken des Landes. 4,40 Millionen Menschen (Marktanteil: 13,3 Prozent) erreichte die dabei entstandene Doku "Trump, meine amerikanische Familie und ich" bei der Erstausstrahlung im November 2020 im Ersten. Nun, kurz vor den Midterms, den wichtigsten Zwischenwahlen im November, ist Zamperoni erneut für Dreharbeiten in die USA gereist: Die Doku "Trump, Biden, meine US-Familie und ich" ist im Rahmen eines Themenschwerpunkts im Ersten zu sehen.

Auch der neue Film von Ingo Zamperoni und Birgit Wärnke beginnt mit einem Familienfest: Die Tante von Zamperonis Ehefrau Jiffer lädt auf ihr Farmhaus in Montana ein. Es ist das erste große Treffen seit Ausbruch der Pandemie. Unter den Gästen ist auch Jiffers Vater Paul, ein überzeugter Republikaner: Er hofft, dass Trump 2024 nicht mehr kandidiert, sollte er es tun, würden er und seine zweite Ehefrau ihn wieder wählen – für die Partei: "Unserer Wirtschaft ginge es besser", meinen sie, "die Lage an der Grenze wäre besser, Inflation wäre niedriger". Und es gäbe weniger Kriminalität. Pauls Töchter sehen das anders. Politische Diskussionen stehen damit auf der Tagesordnung. Wenigstens beim Sturm auf das Kapitol 2021 sei sich die Familie einig, kommentiert Zamperoni: "Das ging eindeutig zu weit!"

Die Politik spaltet viele US-amerikanische Familien: Es gibt sogar Werbespots, die empfahlen, politische Themen an Thanksgiving oder Weihnachten auszuklammern. Um herauszufinden, welche Themen die US-Bevölkerung am meisten beschäftigt, reist Zamperoni in den Süden: In der texanischen Stadt El Paso trifft er einen alten Mitbewohner aus Uni-Zeiten, der ihn zu Trumps berühmter Mauer führt: Das Metallgebilde, welches die Einreise illegaler Migranten aus Mexiko verhindern soll, wurde nie fertiggestellt. Es hört mitten in der Landschaft auf. Ein absurder Anblick.

Der texanische Sheriff Benny Martinez fordert eine komplette Schließung der Grenzen. Seine Beweggründe macht er in der Doku auf erschreckende Weise deutlich: Auf dem Hinterhof der Polizeistation von Falfurrias, einem kleinen Ort mit 5.000 Einwohnern, steht seit kurzem ein Kühlcontainer. Darin sammelt Martinez die Leichen von Mexikanern, die auf ihrem Weg in die USA in der Wüste verdursteten. "Hier ist bald kein Platz mehr", sagt er: "Wir müssen schon stapeln." Zamperonis Einwand, dass sich das Problem durch eine Mauer doch nur auf die andere Seite verlagere, lässt er nicht gelten: "Das ist denen ihr Problem, nicht unseres."

"Es kommt mir vor, als lebten wir immer noch in der Hölle"

Doch auch demokratische Stimmen kommen in der 45-minütigen Dokumentation zu Wort: Zamperonis Stiefschwiegervater Greg etwa erinnert sich noch an die Zeit der Rassentrennung. Die rassistischen und spalterischen Ansätze von Trumps Politik bereiten ihm große Sorge: "Es ist beängstigend, dass unsere Demokratie so fragil ist."

Das gesellschaftliche Gleichgewicht, so heißt es weiter, käme seit der Wahl von Joe Biden nur sehr langsam zurück. In Hillsdale an der Grenze zu Massachusetts leben viele, die den liberalen linken Flügel der Demokraten unterstützen. Einer davon ist Ian, ein ehemaliger Mitbewohner von Jiffer: "Es gab ein kollektives Aufatmen nach Bidens Sieg", sagt er, "aber bei den aktuellen Entwicklungen kommt es mir vor, als lebten wir immer noch in der Hölle." Vor allem die Abschaffung des Abtreibungsrechts hat die Menschen hier zutiefst schockiert: "Ich habe schon Universitäten komplett ausgeschlossen, die nicht in extrem liberalen Staaten liegen", erzählt eine Freundin von Ian: "Ich will nicht in einem Staat leben, in dem meine Rechte nicht geschützt werden."

"Es ist eine Zwickmühle", bilanziert Ingo Zamperoni nach 45 Minuten: "Was meinen New Yorker Freunden viel zu wenig Fortschritt ist, ist anderen in meiner amerikanischen Familie viel zu viel." An das Ende der amerikanischen Demokratie will er dennoch nicht glauben: "Vielleicht ist sie nicht am Ende, sondern einfach nur unvollendet."

Die US-amerikanische Politik ist auch im weiteren Programmablauf des Abends Thema: Um 22.50 Uhr zeigt das Erste den Film "Trumps Erbe(n)". Die "Weltspiegel"-Reporterin Kerstin Klein und ihr Ko-Autor Lennart Banholzer zeigen, wie junge Rechte für einen Erdrutschsieg der Repubilkaner bei den Midterms und für einen Wiedereinzug Trumps in das Weiße Haus kämpfen.

Trump, Biden, meine US-Familie und ich – Mo. 31.10. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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