Josepha gehört zu mir! Johannes Heesters (r.) als Dr. Siedler.
Fotoquelle: Kinowelt

Johannes Heesters

Johan Marius Nicolaas Heesters
Lesermeinung
Geboren
05.12.1903 in Amersfoort, Niederlande
Gestorben
24.12.2011 in Starnberg, Deutschland
Sternzeichen
Biografie

Wer über 100 Jahre alt wird und fast 90 Jahre lang im Showgeschäft aktiv war, der hatte viele verschiedene Gesichter und je nach Generation war es ein anderes, das für immer in Erinnerung bleiben wird. Der Grandseigneur des Operettenschlagers, der Bühnencharmeur, der Herzensbrecher aus den frühen Musikfilme, die lebende Legende, der weltweit älteste aktiv darstellende Künstler - das sind nur einige Aussagen, die Johannes "Jopie" Heesters beschreiben.

1903 wurde er als Sohn des Kaufmannes Jacobus Heesters und seiner Ehefrau Gertruida in Amersfoot, Niederlande, geboren. Zunächst trat Heesters in die Fußstapfen seines Vaters und begann eine kaufmännische Lehre. Doch bereits mit 16. Jahren entschloss er sich für eine Bühnenlaufbahn, absolvierte Gesangs- und Schauspielausbildung und erhielt anschließend erste Engagements. Anfang der Zwanzigerjahre gab er sein Bühnendebüt und bereits 1924 stand er für den Stummfilm "Cirque hollandais" vor der Kamera. Ein guter Start in eine Karriere. Was damals noch keiner ahnen konnte: Ein guter Start in eine lebenslange - scheinbar niemals enden wollende - Karriere.

Liebling der Wiener

Nach weiteren Bühnenengagements an Sprechbühnen in Amsterdam, Den Haag, Brüssel und Rotterdam wechselte er Mitte der Dreißigerjahre als Tenor ins Operettenfach. Sein Operettendebüt (in Millöckers "Der Bettelstudent") gab er 1934 an der Volksoper Wien. Schnell wurde er zum Liebling der Wiener. Es folgten Auftritte in Salzburg, Innsbruck und Graz. 1936 nach seinem Umzug nach Berlin, hatte er auch Engagements an der Komischen Oper, am Metropol-Theater und am Admiralspalast. Dank der Verpflichtung durch die UFA Babelsberg begann in Berlin auch seine Karriere als Darsteller zahlreicher Operettenverfilmungen und Musikfilme.

Seine erste bedeutendere Leinwandrolle übernahm er in "Der Bettelstudent" neben Marika Rökk und Carola Höhn. Es folgten "Das Hofkonzert" mit Mártha Eggerth und "Gasparone" erneut mit Marika Rökk - mit der er eine Art Traumpaar des deutschen Revuefilms bildete. Der Charmeur spielte sich in die Herzen des Publikums und ließ für kurze Zeit die Wirren des Krieges vergessen - nicht nur beim allgemeinen Publikum, sondern auch bei den Machthabern dieser Zeit. Adolf Hitler, so wird gesagt, sei begeistert gewesen und habe Heesters' Vorstellungen als Graf Danilo in der "Lustigen Witwe" mehrfach besucht. Und auch Joseph Goebbels habe sich positiv über den niederländischen Künstler geäußert.

Unreflektierter Umgang mit dem Nationalsozialismus

Waren die Medien damals recht gut auf Heesters (und viele andere Künstler dieser Zeit) zu sprechen, so änderte sich das nach dem Zweiten Weltkrieg. Sein unreflektierter Umgang mit dem Nationalsozialismus wurde ihm - wie auch anderen Künstlern - vorgeworfen. Besonders aus seinem Heimatland wurden Stimmen laut, die ihm Kollaboration, Verrat und vor allem Schuld unterstellten. Er hatte sich eindeutig für die falsche Sache einspannen lassen. Ein - umstrittener - Besuch des KZ in Dachau 1941 wurde oft aufs Tableau gebracht. Ein Besuch, der es Jahrzehnte später vor Gericht schaffte. 2010 prozessierte "Jopie" gegen den Historiker Volker Kühn. Es ging bei dem Streit darum, ob Heesters das KZ nur besucht hatte oder ob er dort auch aufgetreten sei.

Doch zu Beginn der Vierzigerjahre war noch kein Schatten auf die Laufbahn des Herzensbrechers gefallen. 1941 gelang ihm mit der Romanze "Illusion" der Sprung ins Charakterfach. An der Seite von Brigitte Horney spielte er hier einen verlassenen Liebhaber. Für Heesters selbst war "Illusion" viele Jahre lang sein Lieblingsfilm. 1942 folgten seine erste Fernsehversuche. Doch Heesters blieb der Mann für Komödien, Musikfilme und Operetten. Der Mann für die leichten Künste, den fröhlichen Zeitvertreib ohne Tiefgang.

"Heut' geh ich ins Maxim" wurde zum Evergreen

Die Zahl der Engagements für Bühne und Film ließ auch in den Nachkriegsjahren nicht nach. Er spielte in Wien, München und Berlin, neben den Operetten "Der Graf von Luxemburg" und "Der Zarewitsch" trat er immer wieder als Graf Danilo in Franz Lehárs "Die lustige Witwe" auf. Durch Heesters wurde das Auftrittslied "Heut' geh ich ins Maxim" zum Evergreen, das Erscheinungsbild des leichtlebigen Adeligen - Nelke im Knopfloch, weiße Handschuhe und weißer Schal - zu Heesters Markenzeichen und die Rolle, in der ihn zwischen 1938 und 1941 mehr als 440.000 Zuschauer im Admiralspalast gesehen hatten, zur Rolle seines Lebens.

Auch im deutschen Nachkriegsfilm blieb Heesters ein viel gefragter Darsteller - zumindest in den unterhaltenden Exemplaren dieser Zeit. Er war nicht der Schauspieler, der mit genügend Ernsthaftigkeit als Protagonist in "Trümmerfilmen" hätte in Erscheinung treten können. Heesters war auch zu Beginn der Fünfzigerjahre ein Garant für Amüsement und entsprechend als Charmeur, Kavalier und singender Dandy Mittelpunkt verschiedener Musikfilme dieser Jahre. Vergangenheitsbewältigung, die nachträgliche Auseinandersetzung mit dem NS-Regime fand für ihn - zu dem Zeitpunkt - nicht statt. 1953 sah man ihn neben William Holden und David Niven in der US-amerikanischen Komödie "Wolken sind überall". Heesters hatte in Otto Premingers Verfilmung eine kleine Rolle als Tourist , wurde aber im Abspann nicht erwähnt.

Hauptrolle als Franz von Suppé

Im gleichen Jahr stand er abermals neben Marika Rökk in Georg Jacobys Musikfilm "Die geschiedene Frau" vor der Kamera. In Erik Odes "Schlagerparade" hatte er einen Auftritt neben vielen anderen Schlagerstars dieser Zeit, während er in Eduard von Borsodys Künstlerbiografie "Hab' ich nur deine Liebe" für die Hauptrolle als Franz von Suppé besetzt wurde. Mit "Die Jungfrau auf dem Dach" lieferte Otto Preminger ein Remake seiner eigenen Komödie "Wolken sind überall" ab. Auch hier durfte Heesters vor die Kamera, doch anders als bei der Verfilmung mit William Holden und David Niven, in einer weitaus besseren Rolle. In "Die Jungfrau auf dem Dach" sah man den Charmeur als David Slater, in eben der Rolle, die zuvor von Niven verkörpert wurde.

"Bel Ami, der Frauenheld von Paris" (1955) löste "Illusion" als Heesters Lieblingsfilm ab. Und nicht nur er selbst, auch viele Filmkritiker sehen Luis Daquins Literaturverfilmung als Höhepunkt seines Filmschaffens, während der Film selbst eher negative Kritiken erhielt und hinter der 1939-Version mit Willi Forst klar zurücksteht. Doch es war nur ein kurzer Ausflug ins "ernstere" Geschäft. Schon bald folgten wieder Musikfilme und Komödien. 1956 sah man ihn an der Seite von Sonja Ziemann und Adrian Hoven in "Opernball" und neben Liselotte Pulver in Kurt Hoffmanns flott inszenierter Komödie "Heute heiratet mein Mann". Anschließend übernahm er eine Rolle in Paul Verhoevens Liebesfilm "Von allen geliebt" und in Georg Jacobys Revuefilm "Bühne frei für Marika" - erneut an der Seite seiner Dauerpartnerin Marika Rökk und einmal mehr in einem Film, der das immer gleiche Thema lediglich in einer neuen Variation präsentiert.

Zu Beginn der Sechzigerjahre beendete Heesters seine Filmkarriere und konzentrierte sich auf die Produktion von Tonträgern, aber auch auf die Bühnen- und Fernseharbeit. 1960 sah man ihn in einer Folge des fünfteiligen Fernsehfilms "Am grünen Strand der Spree". Es folgten die TV-Produktionen: "Nicht zuhören, meine Damen!" (1962), "Leider lauter Lügen", "Viktoria und ihr Husar", "Deutsche Schlagerfestspiele 1965" (alle 1965), "Hochzeitsnacht im Paradies" (1966), "Wenn die kleinen Veilchen blüh'n" und "Unsere liebste Freundin" (beide 1968). Außerdem trat er in Fernsehshows auf.

Von seiner Vergangenheit eingeholt

Einige Jahre zuvor, 1964, war Johannes Heesters von seiner Vergangenheit eingeholt worden. Er spielte im "Theater Carre" in Amsterdam in dem Musical "The Sound of Music" die Rolle des Widerstandskämpfers von Trapp. Doch das Publikum hatte ihm sein Verhalten während der NS-Zeit nicht verziehen und schickte ihn - von Protesten begleitet - zurück nach Deutschland. Heesters, dem stets ein eher distanziertes Verhältnis zum Nationalsozialismus nachgesagt wurde, war für seine Landsleute ein Mitläufer aus Karrieregründen. Den Niederländern, die unter der Besetzung durch die Wehrmacht gelitten hatten, fehlte eine explizite Distanzierung vom Nationalsozialismus und der deutschen Politik von seiner Seite und auch nachträgliche Beteuerungen, dass er an Politik nie interessiert gewesen sei, konnten das angespannte Verhältnis nicht beruhigen. Eine Wunde, die nie so richtig heilen wollte und selbst 2011 noch einmal für Schlagzeilen sorgte, als Heesters Einladung zu dem Staatsbankett anlässlich Königin Beatrix' Staatsbesuch in der Bundesrepublik rückgängig gemacht wurde. Die Begründung für diesen Schritt war vage. Es war offiziell davon die Rede, dass es durchaus üblich sei, Personen wieder auszuladen - ganz ohne die Angabe von Gründen.

Seine Fernsehlaufbahn setzte er auch in den Siebziger- und Achtzigerjahren fort. 1978 trat er als alternder desillusionierter Lebemann in dem Musical "Gigi" auf die Bühne und verzeichnete große Erfolge. Es war die ideale Altersrolle für Heesters. Im gleichen Jahr erschienen seine Memoiren: "Es kommt auf die Sekunde an". Besonders in Erinnerung blieb auch die Komödie "Sonny Boys" (1982), in der er an der Seite von Carl-Heinz Schroth ("Jakob und Adele") begeistern konnte. Und auch sein Auftritt als Clochard - mit weißen Handschuhen und weißem Schal - in "Otto - Der Film" (1985) hat bei vielen Zuschauern einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Mitte der Achtzigerjahre starb seine erste Frau, die belgische Schauspielerin Louise Ghijs. Charmeur und Herzensbrecher auf der einen Seite, treuer Ehemann auf der anderen. 1930 hatten sie den Bund fürs Leben geschlossen. Zwei Töchter bekam das Paar: Wiesje Herold-Heesters, Pianistin in Wien, und Nicole Heesters, Schauspielerin in Hamburg. Von einem Dahinplätschern der Karriere konnte bei Johannes Heesters eigentlich nie die Rede sein. Mittlerweile in einem Alter angelangt, in dem das Publikum aus reiner Höflichkeit den Beifall stehend spendete, blieb er dem Bildschirm und der Bühne treu, war ein gern gesehener Gast in diversen Unterhaltungs- und Talkshows.

Auf Tournee in "Casanova auf Schloss Dux"

1986 ging Heesters als alternder Casanova in "Casanova auf Schloss Dux" auf Tournee. Im Rahmen dieser Tournee lernte er seine zweite Ehefrau, die Schauspielerin Simone Rethel, kennen. 1992 heirateten die beiden. Ein Jahr später sah man ihn fast 40 Folgen in der Rolle des Thaddäus van Daalen in der beliebten Familienserie "Zwei Münchner in Hamburg" an der Seite von Uschi Glas und Elmar Wepper. Fünf Jahre lang stand er ab 1996 als 90-jähriger Georg Neumann in Curt Flatows schwarzer Komödie "Ein gesegnetes Alter" auf der Bühne. Gemeinsam mit seiner Ehefrau gab er umjubelte Vorstellungen im gesamten deutschsprachigen Raum. 2002 war er als greiser Diener Firs in Anton Tschechows "Kirschgarten" auf Tour.

In seinem Jubiläumsjahr erschien Jürgen Trimborns Heesters-Biographie im Handel. "Der Herr im Frack" zeichnet ein Bild, wie man es sich vorstellt und immer vorgestellt hat. Der Biograph räumte aber auch mit einigen Vorwürfen auf und rechtfertigte das Verhalten des Schauspielers in der Nazi-Zeit. Vor allem lässt er den Bonvivant selbst zu Wort kommen. Außerdem übernahm Heesters 2003 eine Hauptrolle im Musical "Heesters", das eigens für ihn geschrieben wurde.

Sein 100. Geburtstag wurde entsprechend gefeiert, der Star von allen gewürdigt. Seit diesem Geburtstag am 5. Dezember 2003 war er überwiegend in den Schlagzeilen, weil er immer noch auf der Bühne stand. Es ist eine Mischung aus Hochachtung vor der Leistung des alten Mannes und Mitleid, weil er - irgendwie - vorgeführt wirkt. Beteuerungen, dass er gerne die Menschen unterhält und gerne als Künstler bis zu seinem Tod weiterarbeiten möchte, wirkten wie einstudiert. Der große Entertainer wusste, was seine Fans hören möchten. Er wäre ein schlechter Unterhalter, wenn er diese Regel missachten würde. Da war es ganz gut, dass seine zweite Ehefrau unterstützend an seiner Seite stand und ihm beim Textstudium half.

Weitere Stationen seiner langjährigen Karriere: In den "Jedermann"-Aufführungen in Köln (2004) und Stuttgart (2009) übernahm er die Rolle Gottes. In der "Inselkomödie" stand er als König - zwei kurze Zeilen deklamierend - auf den Brettern, die für die meisten die Welt bedeuten, für ihn das Leben sind. 44 Jahre nachdem man ihn unter Protestrufen von der Bühne im "Theater Carre" vertrieben hatte, spielte er vor niederländischem Publikum. Am 16. Februar 2008 gastierte er in seinem Geburtsort Amersfoort und gab seine beliebtesten Lieder zum besten. Ein Auftritt, der nicht unumstritten blieb. Ein Gegenkonzert wurde organisiert und man hatte Demonstrationen angekündigt. 2008 konnte man ihn auch noch einmal auf der Kinoleinwand sehen. In Til Schweigers unsinniger Komödie "1 1/2 Ritter - Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde" hatte Johannes Heesters einen Miniauftritt und spielte einen "älteren Herrn". Dem Film hat es nicht geholfen.

Weitere Filme und Serien mit Johannes Heesters: "Die bleiche Bet" (1934), "De vier mullers", "Alles für die Firma" (beide 1935), "Die Weltmeisterin", "Die Leuchter des Kaisers" (beide 1936), "Wenn Frauen schweigen" (1937), "Nanon" (1938), "Hallo Janine!", "Meine Tante - deine Tante" (1939), "Das Abenteuer geht weiter", "Liebesschule", "Die lustigen Vagabunden", "Rosen in Tirol" (alle 1940), "Der Trichter Nr. 12", "Immer nur-Du!" (beide 1941), "Karneval der Liebe", "Großstadtmelodie", "Axel an der Himmelstür" (beide 1943), "Es lebe die Liebe", "Glück bei Frauen", "Es fing so harmlos an" (alle 1944), "Der König streikt", "Die Fledermaus" (beide 1946), "Wiener Melodien" (1947), "Frech und verliebt" (1948), "Zweimal verliebt" (1949), "Melodie des Herzens", "Hochzeitsnacht im Paradies" (beide 1950), "Professor Nachtfalter", "Tanz ins Glück", "Die Csardasfürstin" (alle 1951), "Im Weißen Rößl" (1952), "Liebeskrieg nach Noten" (1953), "Gestatten, mein Name ist Cox", "Stern von Rio" (1955), "Meine Schwester und ich", "... und wer küßt mich?" (1956), "Viktor und Viktoria" (1957), "Besuch aus heiterem Himmel" (1958), "Frau im besten Mannesalter", "Die unvollkommene Ehe", "Nocturno im Grand Hotel" (alle 1959), "Junge Leute brauchen Liebe" (1961), "Der Kommissar" (TV-Serie, 1970), "Gastspiele" (1971), "Eine Frau bleibt eine Frau" (1972), "Hallo - Hotel Sacher... Portier!" (TV-Serie), "Paganini" (beide 1973), "Hochzeitsnacht im Paradies" (1974), "Träume kann man nicht verbieten" (1979), "Die Alten kommen", "Liebe bleibt nicht ohne Schmerzen" (beide 1980), "Die schöne Wilhelmine" (TV-Serie, 1984), "Ich knüpfte manche zarte Bande", "Alte Gauner" (beide 1985), "Geschichten aus der Heimat - Blattschuß" (1993), "Silent Love" (1994), "Zwischen Tag und Nacht" (TV-Serie), "Zwei alte Hasen" (TV-Serie, beide 1995),"Ein gesegnetes Alter" (1996), "Theater: Momo" (1999), "In aller Freundschaft" (TV-Serie, 2003).

Filme mit Johannes Heesters

BELIEBTE STARS

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