3sat lässt die Zuschauer über den besten Fernsehfilm des Jahres abstimmen. Zur Wahl stehen zwölf Filme, von denen nur einer ein echter Krimi ist.
Für die sehr junge Generation, die bereits mit Netflix, YouTube und Mediatheken aufwächst, ist das klassische Fernsehprogramm fast schon eine Zumutung. Wieso sollte man sich um Punkt Viertel nach acht vor dem TV-Gerät einfinden, nur weil ein Programmverantwortlicher entschieden hat, das genau jetzt der Film läuft, den man sehen will? Die Quoten aber sprechen dann doch eine ganz andere Sprache: Das deutsche Fernsehen boomt noch immer, und mit ihm der Fernsehfilm.
Wie jedes Jahr will nun 3sat herausfinden, welcher TV-Film aus den vergangenen zwölf Monaten der beste ist. Beim "3sat-Zuschauerpreis 2017" ist das Publikum die Jury, und das Beste: Anlässlich der Wahl werden die bemerkenswertesten TV-Filme der vergangenen Monate noch einmal in geballter Form gezeigt.
Unter den vielen Dutzend Fernsehfilmen, die im zu Ende gehenden Jahr über die Mattscheiben flimmerten, musste natürlich eine Vorauswahl getroffen werden. Zwölf Filme wurden nominiert, die Hälfte der Vorschläge stammt von den Fernsehsendern selbst, sechs Filme wurden von den Mitgliedern der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste ausgewählt.
Ein Statement gegen die Krimiflut?
Eines sticht dabei sofort ins Auge: Unter allen nominierten Beiträgen befindet sich nur ein Film, der nicht aus öffentlich-rechtlicher Produktion stammt. Es ist das Drama "Nackt. Das Netz vergisst nie.", das SAT.1 im April ausstrahlte. Wirklich verwunderlich ist die Dominanz von ARD und ZDF allerdings nicht, schließlich gehen auf das Konto der öffentlich-rechtlichen Sender die meisten produzierten Fernsehfilme. Nimmt man die Quantität der Filme als Maßstab, fällt eines allerdings tatsächlich auf: Unter allen nominierten Produktionen findet sich nur ein einziger Kriminalfilm ("Ein Kommissar kehrt zurück") – ein Statement der Jury gegen die von vielen beklagte Krimiflut?
Ansonsten gibt es viel Tragisches unter den nominierten Beiträgen: Familienstreitigkeiten, eine Auseinandersetzung mit Alzheimer, ein Psychologen-Drama oder einen Film über Eltern, die mit dem Tod ihres Kindes klarkommen müssen. Filme passend zum grauen November also. 3sat zeigt alle nominierten Beiträge ab 25. November 2017. Abstimmen kann jeder – per Telefon oder übers Internet.
Das sind die nominierten Filme:
"Zuckersand" (Samstag, 25. November, 20.15 Uhr)
Dirk Kummers Film ist eine Familiengeschichte aus der DDR im Jahr '79: Fred und Jonas sind zwei Zehnjährige, die von einer Reise ans andere Ende der Welt träumen. Dazu wollen sie ein Loch mitten durch den Globus graben. Beim Münchner Filmfest wurde "Zuckersand" mit dem Preis für den besten Fernsehfilm gekürt.
"Nackt. Das Netz vergisst nie." (Samstag, 25. November, 21.45 Uhr)
Laras Handy wurde gehackt – bald geistern Nacktfotos des Teenagers durchs Internet. Nach und nach bekommen auch Laras Eltern die Wirkung der Bilder zu spüren. Alle Versuche, zusammen mit der Polizei zu erreichen, dass die Fotos aus dem Internet verschwinden, scheitern. Der Film von Jan Martin Scharf mit Felicitas Woll ist der einzige Beitrag eines Privatsenders zum "3sat-Zuschauerpreis 2017".
"Katharina Luther" (Sonntag, 26. November, 20.15 Uhr)
Pünktlich zum "500-jährigen" Reformationsjubiläum zeigten ARD und ZDF einen Luther-Film nach dem anderen. Nominiert ist nun das Biopic "Katharina Luther" über die Frau des Reformators. Karoline Schuch spielt in dem Film von Julia von Heinz die unangepasste "Klosteraussteigerin" Katharina von Bora, die sich den Reformator (Devid Striesow) als Partner auf Augenhöhe ausguckt.
"Familienfest" (Sonntag, 26. November, 22.00 Uhr)
Das Drama "Familienfest" von Lars Kraume geht mit einem gewissen Vorsprung an den Start: Der Film lief nicht nur im Fernsehen, sondern zuvor auch in den Kinos. Mit Hannelore Elsner, Lars Eidinger, Marc Hosemann, Barnaby Metschurat und Günther Maria Halmer hochkarätig besetzt, erzählt der Film von einer dysfunktionalen Familie, die zum 70. Geburtstag ihres Oberhauptes zusammenkommt.
"Für Dich dreh ich die Zeit zurück" (Montag, 27. November, 20.15 Uhr)
Eine Tragikomödie über Alzheimer – Regisseur Nils Willbrandt ging für seinen Fernsehfilm dieses Risiko ein. Er erzählt von Rentner Hartmut (Erwin Steinhauer), der sich liebevoll um seine demente Frau (Gisela Schneeberger) kümmert. Um Erika wieder glücklich zu machen, dekoriert er das gemeinsame Heim ganz im Stil der 70er-Jahre – so kommen bei ihr Erinnerungen zurück.
"So auf Erden" (Montag, 27. November, 21.45 Uhr)
Ein Pastorenehepaar (Edgar Selge, Franziska Walser) in Nöten: Weil er sich in den schwulen Simon (Jannis Niewöhner) verliebt, den das Paar bei sich zu Hause aufgenommen hat, stellen die beiden ihre Glaubensgrundsätze infrage – und suchen sich im Film von Till Endemann Hilfe in ihrer Gemeinde: Pastor Johannes soll "umerzogen" werden, um seine Gefühle für Simon zu vergessen.
"Über Barbarossaplatz" (Dienstag, 28. November, 20.15 Uhr)
Die Psychologin Greta (Bibiana Beglau) hat ihren Mann verloren. Stefanie (Franziska Hartmann), die Patientin und Geliebte ihres Mannes, möchte fortan ihre Patientin sein. Der Film von Jan Bonny erzählt mit einer kühnen Bildsprache von einem äußerst schwierigen Unterfangen.
"Ein Kommissar kehrt zurück" (Dienstag, 28. November, 21.45 Uhr)
Ein Kommissar kehrt zurück" (Regie: Matti Geschonneck) zeigt einen alten Ermittler (Uwe Kockisch) im Psychoclinch mit seinem Langzeitverdächtigen (Sylvester Groth). Ihm, einem Physikprofessor, konnten die Behörden den 20 Jahre alten Mord an einer Zehnjährigen nicht nachweisen. Frisch pensioniert kennt der alleinstehende Kommissar bald nur noch eine Aufgabe: seinen Widersacher zur Strecke bringen.
"Atempause" (Mittwoch, 29. November, 20.15 Uhr)
Es ist das Schlimmste, das Menschen passieren kann: der Tod des eigenen, noch kleinen Kindes. Aelrun Goette ("Keine Angst"), Expertin für drastische Stoffe rund um Jugendliche und Kinder, inszenierte "Atempause" als einen Film über die Unumgänglichkeit drastischer Trauerprozesse.
"Der mit dem Schlag" (Mittwoch, 29. November, 21.45 Uhr)
Als die Mutter des Starkstrom-Elektrikers Felix (Schönemann) stirbt, sieht dessen Schwägerin (Marlene Morreis) ihre Zeit gekommen. Felix' Mutter hat ihm das Haus vermacht. Ingo, der Bruder (Comedian Kurt Krömer), wird indessen mit der vollständigen Schlagersammlung ihrer geliebten Sängerin Petula Clark abgespeist. Also lässt sie Felix in der Komödie von Lars Becker kurzerhand in die Psychiatrie einweisen.
"Der Sohn" (Donnerstag, 30. November, 20.15 Uhr)
Eine alleinerziehende Mutter (Mina Tander) verzweifelt in der Kleinstadt am aufkeimenden sexuellen Begehren ihres 16-jährigen Sprösslings (Nino Böhlau), der zu allem Überfluss noch an schwerem Asthma leidet: Katharina scheint ihren Stefan kaum mehr zu erkennen. Sie weiß nicht, was er nachts in der Stadt treibt; ahnt jedoch nach einiger Zeit, dass er wohl keinesfalls nur spazieren geht. Regie bei dem Coming-of-Age-Thriller führte Urs Egger.
"Zwiespalt" (Donnerstag, 30. November, 21.45 Uhr)
Ein Häftling soll während seines Ausgangs eine Joggerin sexuell missbraucht und getötet haben. Die Betroffenheit in der Bevölkerung und in den Medien ist groß – wie auch der Wunsch, einen Schuldigen zu finden. "Zwiespalt" von Barbara Kulcsar ist der Schweizer Beitrag zum "3sat-Zuschauerpreis".
Quelle: teleschau – der Mediendienst