"Die Betrogene"

"Charlotte Link"-Verfilmung: Der einzig Betrogene ist der Zuschauer

von Markus Schu

Ein kleines rotes Spielzeugauto löst Entsetzen im Blick des pensionierten Polizeichefs Richard Linville (Robert Pickavance) aus. Ein vermummter Einbrecher hält es ihm vors Gesicht, kurze Zeit später hat der Eindringling ihn mit einer Plastiktüte erstickt. Kate Linville (Peri Baumeister) kehrt daraufhin in ihren Heimatort zurück, um ihren Vater zu beerdigen. Als dann auch noch eine gute Freundin der Familie dem Killer zum Opfer fällt, beginnt Kate trotz aller Warnungen des Polizeichefs Caleb Hale (Dirk Borchardt) eigene Nachforschungen anzustellen.

ARD
Charlotte Link: Die Betrogene
Kriminalfilm • 04.01.2018 • 20:15 Uhr

"Die Betrogene" ist bereits die vierte ARD-Verfilmung eines Kriminalromans der deutschen Bestseller-Autorin Charlotte Link. Mit der Regie wurde Andreas Linke beauftragt, der in den letzten fünf Jahren für verschiedenste ZDF-Krimis verantwortlich zeichnete. Auch "Die Betrogene" spielt mal wieder in England und wurde vor Ort mit deutschen und britischen Schauspielern auf Englisch realisiert. Daraus resultiert bereits einer der zentralen Kritikpunkte an dem TV-Krimi: Die lahme deutsche Synchronisation erstickt jeden Anflug von Ernsthaftigkeit und Emotion im Keim.

Alles bleibt irgendwie profan

Ziemlich altbacken kommt die Handlung daher, die der Krimi-Fan nach dem ersten Filmdrittel zumindest in groben Zügen vorausahnen kann. Natürlich liegt den Morden ein Verbrechen aus der Vergangenheit zugrunde. Selbstverständlich muss Kate lernen, dass ihr Vater nicht der strahlende Held war, den sie immer in ihm sah. Und Polizeichef Hale muss zwingend ein rückfälliger Alkoholiker sein, dem der Fall über den Kopf wächst. Kennen wir alles zur Genüge. So plätschert die Handlung lustlos vor sich hin und suhlt sich im Konventionellen. Weder das Rätsel um das mysteriöse Ereignis in der Vergangenheit, noch die falsche Fährte, die in der Nebenhandlung ausgelegt wird, können sich von ihrer Klischeehaftigkeit lösen. Der Konflikt zwischen der aktiven Kate und dem ausgebrannten Caleb birgt eigentlich viel Potenzial für Wortgefechte, schafft es allerdings niemals, emotionale Widerhaken zu setzen. Alles bleibt irgendwie profan und wird viel zu schnell abgehandelt.

Hölzern oder unfreiwillig komisch gestalten sich die Dialoge, auch die allzu dramatische Musik kann dieses Manko nicht ausgleichen. In den Grundzügen gibt die Handlung eigentlich genug her, um einen ordentlichen Fernsehkrimi zu garantieren, doch diese Chance wird verpasst. Einzig das Finale geht spannungstechnisch gerade noch so in Ordnung. Aber im Endeffekt ist hier der einzig Betrogene der Zuschauer, der dem uninspirierten Krimi-Treiben beiwohnt. "Man kann nicht in alle Falten der Seele gucken", sagt Hale. Hätten die Macher wenigstens in ein paar dieser Falten bei ihren Figuren geschaut, wäre das Resultat mit Sicherheit sehenswert ausgefallen. Ein Film, der nichts wagt und nichts gewinnt.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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