Schauspielerin verlässt "Das Traumschiff"

Heide Keller: "Das war ja ein Aufstand, als das rauskam!"

27.12.2017, 07.23 Uhr
von Ute Nardenbach

Heide Keller verlässt nach einem halben Leben an Bord "Das Traumschiff". Im Interview verrät sie die Pläne für ihre zweite Karriere, warum sie aufgehört hat und was da damals war mit Sascha Hehn?

"Die machen hier einen Wind um mich, als würde ich bald einen Oscar gewinnen", beschwert sich Heide Keller lachend. Ein Interview jagt das nächste. Eigentlich hätte sie nun Mittagspause, doch die 76-jährige Bonnerin winkt ab: "Ach was, wieso sollten Sie warten? Ich kann auch dabei essen."

Der Satz hätte auch von Chef-Hostess Beatrice kommen können. Seit rekordverdächtigen 36 Jahren verkörpert Heide Keller die gute Seele des "Traumschiffs", die eigentlich schon zum Inventar der ZDF-Reihe gehört. Bis Neujahr: Am Montag, 1. Januar, 20.15 Uhr, wird Beatrice ihre Uniform für immer an den Nagel hängen. "Ein Stück Fernsehgeschichte geht zu Ende!", hat ihr Kollege Harald Schmidt gesimst. Wohl wahr! Doch in Rente geht Heide Keller jetzt noch lange nicht.

prisma: Frau Keller, wie lange sind Sie denn jetzt schon eine Landratte?

Heide Keller: Das bin ich immer schon gewesen. Ich war nur manchmal auf dem Schiff. Aber Sie wollen wissen, wann ich mit dem Drehen aufgehört habe. Das war im März. Meistens haben wir im März oder April aufgehört und dann im Januar wieder angefangen.

prisma: Dann ist die Situation im Moment ja noch wie jedes Jahr ...

Keller: Das stimmt. Ich weiß nicht, ob ich es vermissen werde, wenn die im Januar fliegen, und ich bleibe hier. Aber ich habe mich vorher gründlich damit auseinandergesetzt. Als meine beiden Männer weg waren, der Naumann und der Rauch (Horst Naumann spielte von 1986 bis 2010 den Schiffsarzt Dr. Horst Schröder. Siegfried Rauch spielte von 1999 bis 2013 Kapitän Jakob Paulsen, d. Red.), da fühlte ich mich so verlassen. Ich dachte: "Wann wirst du das denn mal machen?" Ich hatte das große Glück, dass ich mit Rademann (Wolfgang Rademann, "Traumschiff"-Produzent bis zu seinem Tod 2016, d. Red.) noch darüber sprechen konnte. Er sagte: "Lass uns nächstes Jahr mal darüber reden." Das hat er leider nicht mehr geschafft. Aber ich hatte die Möglichkeit, frei zu entscheiden, wann ich gehe! Und das ist ein besonderes Glück.

prisma: Ja, andere werden gegangen ...

Keller: Aber nicht bei Rademann und nicht bei seinen Nachfolgern!

prisma: Gerade bei Frauen heißt es dann: "Du bist zu alt!"

Keller: (lacht) Das bin ich ja auch! Peter Gerlach (ehemaliger stellvertretender Programmdirektor ZDF, d. Red.) hat einmal gesagt: "Das gibt es nur einmal in der Fernsehwelt, dass eine Frau über 30 Jahre dieselbe Rolle spielt." Das ist der Hammer!

prisma: Ob Ihre Fans den Ausstieg verkraften?

Keller: Ich hoffe, sie behalten mich in guter Erinnerung. Harald Schmidt hat mir gesimst: "Ein Stück Fernsehgeschichte geht zu Ende!" Ich hatte ihm geschrieben, nachdem ich den letzten Satz gesprochen hatte: "Es ist vollbracht!" Sie wissen, wer das vor mir gesagt hat? Niemand Geringerer als Jesus am Kreuz. Das versteht nur der Harald. Der ist so schnell im Kopf. Er hat mir dann zurückgesimst. Ist das nicht süß?

prisma: Wie haben es denn die anderen Leute aufgenommen?

Keller: Ich habe das nur mit den wirklich Verantwortlichen besprochen – mit der Produktion und dem ZDF. Dann haben wir es irgendwann dem Team mitgeteilt. Und eigentlich wollten wir es auch jetzt erst rauslassen. Das war ja ein Aufstand, als das rauskam! Ich war der ganzen Sache nicht mehr gewachsen. Ich hätte nur noch telefonieren können.

prisma: Wie kam es denn raus?

Keller: Das war ein Passagier. Der hat die Zeitung angerufen.

prisma: Ach, der hat das spitzgekriegt?

Keller: Leider! Dann musste das ZDF eine Pressemitteilung rausgeben.

prisma: Beatrice sagt in der letzten Folge: "Bitte keinen großen Bahnhof!" Das entspricht auch Ihrer Einstellung, oder?

Keller: Ja! Weil ich finde: Großer Bahnhof ist nur dann großer Bahnhof, wenn er ganz gekonnt inszeniert ist. Es braucht viele Komparsen. Das sind zwei Tage Arbeit für das Team und die Regie. Und ein großer Bahnhof, der nicht wirklich ein großer Bahnhof ist, den brauch ich nicht. Ich habe das Drehbuch ja selbst geschrieben.

prisma: Was war Ihnen wichtig bei Ihrem Abschied aus der Serie?

Keller: Mir war wichtig, dass ich nicht den letzten noch lebenden alten deutschen Schauspieler heiraten muss, damit der Rest meines Lebens auch glücklich ist. Sondern dass ich gehe, weil ich denke, es ist Zeit für mich zu gehen.

prisma: Eine Hochzeit hätte natürlich zum "Traumschiff" gepasst!

Keller: Ich hätte meine Rolle verraten. Da hätte man mindestens drei Folgen drehen müssen: wie ich den kennenlerne, wer das ist, wie ich an Land Zeit mit ihm verbringe, und dann vielleicht eine Hochzeit! Aber nicht, wie die das immer gemacht haben: Eine Frau kommt aufs Schiff. Eine Liebesszene. Und dann wird geheiratet .... Tsss!

prisma: Dann sind Sie nicht romantisch veranlagt?

Keller: Ich bin eine große Romantikerin, aber das muss dann auch wirklich romantisch sein. Dann muss man auch eine romantische Geschichte erzählen. Aber nur heiraten? Das ist ja keine Romantik (lacht).

prisma: Sie haben schon öfter Drehbücher geschrieben. Aber unter Ihrem Pseudonym Jac Dueppen. Warum nicht als Heide Keller?

Keller: Kein Regisseur hat gern einen Autor als Schauspieler. Und kein Autor hat gerne Schauspielkollegen, die jeden Tag den Text geändert haben wollen.

prisma: Wie kommen Sie auf Jac Dueppen?

Keller: Den habe ich erfunden. Er ist aus Namen von Vorfahren zusammengesetzt, die ich sehr bewundert und geliebt habe.

prisma: In der Serie verlässt Beatrice "Das Traumschiff", um sich ihrer Karriere als Bestseller-Autorin zu widmen. Wann kommt Ihr erster Roman?

Keller: Das traue ich mir nicht zu. Ein Roman muss ja einen Plot haben, der die Leute fasziniert. Das sind 500 Seiten. Aber im März muss ich ein Buch abliefern.

prisma: Ach, was denn?

Keller: Eins, das ich geschrieben habe. (lacht) Ich habe einen Vertrag mit einem Verlag und sogar schon einen Vorschuss bekommen. Ich soll 200 Seiten liefern, und 30 fehlen noch.

prisma: Das ist ein guter Schnitt ... Dürfen Sie denn schon irgendwas verraten?

Keller: Nein!

prisma: Dann kann die zweite Karriere ja jetzt losgehen ...

Keller: Darum bete ich, und wünschen Sie es mir! Vielleicht wird das aber auch nix! Der Verlag ist schon sehr mutig. Ich freue mich darüber. Und: Das ist ohne Ghostwriter! Ein Ghostwriter würde bei mir nicht überleben. Das ist unmöglich, weil ich meine eigene Sprache so mag. Ob das Buch gut genug ist, um verkauft zu werden, wir werden sehen ...

prisma: Hört sich nicht nach Rente an bei Ihnen ...

Keller: Nein. Von Ruhestand kann man im Moment überhaupt nicht reden. Ich habe das Gefühl, die machen einen Wind um mich, als würde ich bald einen Oscar kriegen!

prisma: 36 Jahre "Traumschiff", das ist ein halbes Leben. Woran erinnern Sie sich vor allem?

Keller: Das kann ich so nicht beantworten. Es wird sich erst nach und nach sortieren. Das ist ein ganzer Klumpatsch. Das ist wirklich ein Teil meines Lebens. Ich hatte mit der Rolle viel Glück, habe die ganze Welt gesehen. Vieles, wovon Leute nur träumen können. Wunderschöne Erinnerungen an die Zeit mit dem Team, mit den Kollegen, vor allem Rademann.

prisma: Nicht zu vergessen Ihre beiden Männer: der Naumann und der Rauch!

Keller: Die Zeit mit den beiden Kollegen war deshalb schön, weil wir alle drei die gleiche Art hatten zu spielen. Andere spielen anders. Sie haben eine andere Art, mit Text und Situation umzugehen. Und deshalb haben sich zwischen uns dreien immer so hübsche kleine Szenen entwickelt, die uns Spaß gemacht haben.

prisma: Es gibt auch ein ganz tolles Foto von Ihnen auf den Schultern von Sascha Hehn ...

Keller: (lacht) Das ist aber lange her (1982, d. Red.). Das war nur, weil wir da schwimmen waren. Ein Schnappschuss!

prisma: Zu Ihnen und Sascha Hehn gab es ja einige Spekulationen!

Keller: Der Sascha war immer eine Generation – fast eine Generation – jünger als ich. Und damals war ich in einem Alter, wo ich nicht auf junge Männer abfuhr. Damit habe ich das doch gut beantwortet, oder?

prisma: Haben Sie sich denn auf dem Schiff mal verliebt?

Keller: Nein!

prisma: Das kam wie aus der Pistole geschossen!

Keller: Die Frauen in meinem Alter, die auch ein bisschen mehr so aussehen wie Frauen in meinem Alter, glauben immer, dass ich auf dem Schiff die Männer aufreiße und Gott weiß was mache. Nicht, dass mich keiner gewollt hätte! Es war einfach keiner da, wo ich gedacht habe: "Ohhh!" Also: Nein!

prisma: Sie bekommen ja auch heute noch Heiratsanträge. Dafür wäre ja jetzt Zeit ...

Keller: Bitte nicht! Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich einen Heiratsantrag ernst nehmen könnte von jemandem, den ich nicht kenne. Das wäre ja lächerlich. Und es ist ja auch nicht so, dass ich aufhören möchte zu arbeiten. Ich will natürlich wieder Theater spielen. Wenn ich das Buch hinter mir hab. Vielleicht auch ein zweites Buch schreiben. Aber ich will unbedingt mal eine Rolle spielen, für die man mich nicht jünger herrichten muss. Wo ich so alt sein darf, wie ich bin.

prisma: Beatrice ist auch älter geworden.

Keller: Gut, ich bin älter geworden und sehe älter aus, aber ich bin nie älter als die Figur geworden. Und das ist anstrengend. So zu tun, als wäre man 20 Jahre jünger.

prisma: Beatrice hat sich in den 36 Jahren als Figur aber ganz schön entwickelt ...

Keller: Ich habe auch viel daran rumgefummelt, mir die Figur zu eigen gemacht. Wolfgang (Rademann, d. Red.) hat immer gesagt: "Wir haben die engagiert als schönen Kleiderständer! Die hat sich die Rolle zurechtgelegt. Ich hab'se aber gelassen. Datt, watt'se jetzt macht, hat'se selbst gemacht!" Aber das hat ja nichts damit zu tun, dass ich als Heide Keller, auch wenn der Rücken mal wehtut, übers Schiff gehe, wie Beatrice schon vor 30 Jahren gegangen ist. Die Uniform hängt jetzt am Nagel. Keiner, der mich engagieren möchte, muss befürchten, dass ich die mitbringe.

prisma: Auch wenn Sie lieber nach vorne blicken. Wenn Sie zurückschauen, sind Sie zufrieden?

Keller: Ich glaube, ich kann sagen: Ich würde alles wieder genauso machen. Wahrscheinlich auch dieselben Fehler. Ich könnte nicht anders. Es gibt ein paar Momente im Leben, wo ich was Blödes gesagt habe, das mir leidtut. Aber was gesagt ist, ist gesagt. Das kann man nicht wieder zurücknehmen. Ansonsten bin ich mit mir und der Welt, die sich mir geboten hat, sehr zufrieden. Ich habe mit nix angefangen. Ich kannte keinen Menschen. Ich dachte natürlich: "Ich bin sowieso die Beste!" Das hat sich schnell relativiert. Da wurde ich in die Reihe gestellt. "Das Traumschiff" war ein großes Geschenk an mein Leben. Es sind viele gekommen und gegangen. Ich blieb immer da. Ich habe viele wunderbare Menschen getroffen. Ich habe die ganze Welt gesehen und dafür auch noch Geld gekriegt.

prisma: Wo ist es denn am schönsten?

Keller: Bei mir zu Hause. Da, wo nicht direkt neben mir das Ende meiner selbst ist, sondern noch ein bisschen weiter drumherum. Die Südsee ist aber auch ein Traum. Wer es sich leisten kann, sollte einmal hinfliegen. Es dauert 38 Stunden. Egal, in welche Richtung.

prisma: Für einen Gastauftritt in der Südsee, kämen Sie dann noch mal zurück?

Keller: Nein, dann wird ja das ganze Schiff neu sortiert. Dann kriegt erst mal die Hoteldirektorin (als "Ersatz" für Chef-Hostess Beatrice: Barbara Wussow, d. Red.) eine rechts und links. Dann wird der Sascha zurechtgestutzt. Und der Doktor kriegt was um die Ohren. Nein, das hat keiner verdient, dass da die aufmüpfige Alte dazwischenhaut. Wenn jemand sich was ganz Witziges und Süßes einfallen lässt, kann man darüber reden, aber ich kann es mir im Moment nicht vorstellen.

prisma: Dann können Ihre Fans aber zumindest hoffen, dass es kein Abschied für immer ist ...

Keller: Dieser große Abschied, der mir jetzt bereitet wird, ist auch etwas, das ich sehr dankbar zur Kenntnis nehme. Dass man mir eine solche Würdigung entgegenbringt, finde ich toll. Mit einem Satz kann man auch Deutschlandkarriere machen: Willkommen an Bord!


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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