Netflix-Eigenproduktion

"Das Damengambit": Ist das die beste Serie des Jahres?

20.11.2020, 15.49 Uhr
von Antje Rehse
Beth Harmond wird für eine Schach-Zeitschrift fotografiert. Sie ist der neue Star der Szene.
Beth Harmond wird für eine Schach-Zeitschrift fotografiert. Sie ist der neue Star der Szene.  Fotoquelle: PHIL BRAY/NETFLIX

Die junge Beth entdeckt im Waisenhaus ihr Schach-Talent und nimmt es später mit der russischen Elite auf. Klingt nach einer Serie für Schach-Geeks, ist aber exzellente Unterhaltung für jedermann.

"Ich habe in diesem Jahr jede Menge TV geschaut (...) und das Beste vom Besten ist DAS DAMENGAMBIT bei Netflix. Komplett mitreißend." Dieses große Lob für die neue Netflix-Serie kommt nicht von irgendwem. Niemand Geringeres als der große Stephen King hat sich als Fan der Netflix-Eigenproduktion geoutet. Ist die Begeisterung des Autors gerechtfertigt? Absolut!

Wer die Rahmenhandlung von "Das Damengambit" (englischer Originaltitel: "The Queen's Gambit") liest, könnte erst einmal abgeschreckt sein. Auch der Titel der Serie dürfte bei einigen Netflix-Abonnenten auf Skepsis stoßen. Oder Ignoranz, denn vielen dürfte der Ausdruck kein Begriff sein. Das Damengambit ist eine Eröffnung im Schach und ja, in der gleichnamigen Serie geht es tatsächlich um das Spiel der Könige.

Doch ist die Serie deshalb nur etwas für Schachspieler? Mitnichten. Denn die Geschichte um ein junges Mädchen, das in einem Waisenhaus aufwächst, dort seine Liebe für das Spiel (und die Sucht nach Tabletten) entdeckt und kultiviert und später ihr Talent zum Beruf macht, ist so viel mehr als eine Liebeserklärung an das strategische Brettspiel. Die Serie spielt in den Sechziger Jahren und jede Szene, jedes Bild, jedes Outfit wirft den Zuschauer mitten rein in die "Swinging Sixties".

Einmal damit angefangen, mit ihrer Begabung Geld zu verdienen, reist Elizabeth Harmond, von allen nur Beth genannt, durch das Land und gibt sich dem Jetset-Leben genauso hin wie ihrer unschlagbaren Intuition am Brett. Zwischen Genie und Wahnsinn, zwischen Schach-Büchern und Parties, zwischen Konkurrenten und Liebhabern gerät Beth immer tiefer in den Strudel der Sucht nach dem Gewinnen – und der Sucht nach Tabletten und Alkohol.

Anya Taylor-Joy überzeugt in der Hauptrolle auf ganzer Linie, auch die weiteren Darsteller (u.a. der als kleiner Junge aus "Tatsächlich Liebe" bekannte Thomas Brodie-Sangster) sind hervorragend. Regisseur und Autor der Serie ist der für zwei Oscars nominierte Scott Frank. Ihm ist es gelungen, die Geschichte, die auf einem Roman von Walter Tevis beruht, sowohl für Schach-Laien als auch passionierte Schachspieler spannend zu inszenieren. Ob Stephen King zur ersten oder zweiten Gruppe gehört, ist uns nicht bekannt. Unbestritten ist aber, dass der Horror-Autor weiß, wie man gute Geschichten erzählt. "Das Damengambit" ist so eine.

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