Deutsches Drama

"Freiheit": schwer verdauliche Kost im ZDF

von Sarah Schindler

Wer ist wirklich frei? Was macht einen frei, und welche Auswirkungen hat das auf das eigene Leben? "Freiheit" stellt lotet diese Fragen aus.

ZDF
Freiheit
Drama • 12.02.2019 • 00:15 Uhr

Nachdem der mehrfach ausgezeichnete Kurzfilmregisseur und Videokünstler Jan Speckenbach mit seinem Spielfilmdebüt "Die Vermissten" 2012 den Spagat zwischen Familiendrama und Mysteryhorror geschafft hat, versuchte er sich fünf Jahre später an einem reinen Drama. Zwar steht die Geschichte zweier Eheleute, die sich auseinandergelebt haben, im Mittelpunkt, dennoch erzählt er gemeinsam mit seinem Drehbuchkollegen Andreas Deinert am Rande Geschichten interessanter Nebencharaktere. Leider verliert sich Speckenbach dabei oft im Detail, und es fällt schwer, sich auf die Protagonisten zu konzentrieren. Das ZDF zeigt "Freiheit" nun kurz nach Mitternacht als Free-TV-Premiere im Rahmen der Reihe "Familienbande – sechs junge Kinofilme".

Nora (Johanna Wokalek) ist auf der Suche nach Freiheit. Dabei lässt sie ihren Mann Philip (Hans-Jochen Wagner) und ihre Kinder in Berlin zurück und macht sich auf die Reise. Mit anderem Namen kommt sie über Wien nach Bratislava und sucht das Abenteuer. Philip indes plagen die Unwissenheit, was mit seiner Frau geschehen ist. Nora ist nämlich ohne Vorankündigung gegangen. Philip versucht zwar so gut es geht, sein normales Leben weiterzuführen – was ihm natürlich nicht gelingt. Langsam entgleitet ihm alles, und seine Freiheit ist faktisch nicht mehr existent. "Freiheit" ist eine Geschichte vor allem zweier Menschen, die versuchen, mit Enttäuschung, der Suche nach sich selbst in der Beziehung und dem Wechselspiel von Freiheit und Pflicht zurechtzukommen.

Regisseur Speckenbach verliert sich in Details: Sex als Kanalisierungsweg, um Einsamkeit und Freiheitsverlangen aufzuzeigen, ist zwar schön und gut, im Laufe des Films wird es einem dann doch etwas viel. Vor allem, wenn Nacktheit eine überproportionale Rolle spielt. Die zum Teil nicht enden wollenden Szenen verfehlen ihre Wirkung, und man fragt sich häufig, was einem das alles eigentlich sagen will. Diese Frage stellt sich auch generell ab und an. Sei es durch die verschrobene Videoinstallation von Filmen aus der Vergangenheit der beiden auf verschiedenen Hintergründen oder deplatzierte Elemente, die einen völlig überrumpeln und fragend zurücklassen: Ein einfacher Film ist "Freiheit" nicht.

Aber das muss er auch nicht sein. Es wäre nur geschickter gewesen, weniger den Fokus auf künstlerische Details und schwer verdauliche Inszenierung zu setzen und sich dafür mehr auf die Charakterzeichnung zu konzentrieren. Speckenbachs Entscheidung, den Film gerecht zwischen Nora und Philip aufzuteilen, ist nämlich durchaus interessant. Vor allem, wenn man die Entwicklung der beiden Protagonisten miteinander vergleicht. Springt Noras Verwandlung offensichtlich ins Auge und man erlebt ihr Streben nach Freiheit hautnah mit, so steht Philip dazu ganz im Gegensatz. Er quält sich mit der Unsicherheit über den Verbleib seiner Frau. Außerdem hat er Probleme mit einem Klienten, den er pflichtverteidigen muss, seinen Kindern und noch allerhand weiteren Themen. Während seine Frau die Freiheit findet, bleibt er als Geisel des Alltags und der Verpflichtung zurück.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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