Medienmanager und RTL-Macher

Thoma schießt gegen deutsche Sender und glaubt nicht an Netflix

    Helmut Thoma hat dem deutschen Fernsehen einen vernichtenden Befund ausgestellt. "Die Deutschen haben für vieles viel Talent, aber das können sie nicht", urteilte der nie um klare Standpunkte verlegene Medienmanager im Interview mit dem Marketingportal "Horizont.at".

    Thoma, der ab den 80er Jahren RTL (damals RTLplus) als Geschäftsführer groß machte, hält den deutschen TV-Markt für "in einem Ausmaß monopolisiert, dass es fast schon eine Karikatur dessen ist, was ursprünglich vorgesehen war". Dies sei typisch für die Zustände in seinem Nachbarland, so der Österreicher: "Da wird groß geredet und werden groß Grundsätze festgelegt, die dann doch alle über den Haufen geworfen werden."

    Den Öffentlich-Rechtlichen unterstellte der 79-Jährige eine ausgeprägte Beamtenmentalität. Was ARD und ZDF dem Zuschauer anböten, stelle "praktisch eine Art Altenheimversorgung" dar. Die privaten Anbieter kommen beim RTL-Pionier nicht besser weg. Mit ProSiebenSat.1 und RTL würden sich nur zwei Sendergruppen nahezu den gesamten Markt aufteilen: "Diese zwei Gruppen, und ich würde das aus kaufmännischer Sicht genauso machen, haben überhaupt kein Interesse daran, wirkliches Programm zu machen. Die beiden würden am liebsten das Testbild senden, wenn es ginge. Dadurch erhöhen sich die Gewinne, aber es tut sich nichts mehr." Thoma weiter: "ProSieben wiederholt bis zu 200 Mal eine Folge von 'Big Bang Theory', sonst ist kaum etwas vorhanden; RTL zeigt immer noch die Autobahnpolizei 'Cobra 11'."

    Immerhin: Angst vor der Konkurrenz der internationalen Streamingportale müssen die TV-Sender laut Thoma nicht haben. "Netflix ist ein Phänomen, aber ich weiß nicht, ob es sich auf Dauer hält", zweifelt der promovierte Jurist am Geschäftsmodell des VoD-Giganten aus den USA. Er erkenne eine ähnliche Entwicklung wie beim Elektroautobauer Tesla: "Da wird Geld, Geld und noch mal Geld hineingepumpt; irgendwann wird man sehen, dass auch die nicht zaubern können. Sieht man sich die Nutzungszahlen an, ist das im deutschsprachigen Raum sehr überschaubar."

    Den Grund für die schleppende Verbreitung des Abo-basierten Angebots glaubt der gebürtige Wiener auch zu kennen: "Die Leute wollen im Grunde genommen Fernsehen, und Fernsehen ist etwas Fertiges: Ich setze das Gerät in Betrieb, setze mich davor und bekomme etwas vorgesetzt." Hochgelobte Serien-Eigenproduktionen wie das preisgekürte Polit-Drama "House of Cards" seien laut Thoma toll "für einen kleinen Kreis an intellektuellen Journalisten", aber nicht für die breite Masse: "weil es den Seher nicht interessiert und weil er es nicht begreift".


    Quelle: teleschau – der Mediendienst

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