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"Lost in Space": Bisweilen ganz schön happig

von Sven Hauberg

So also sah die Zukunft aus: Im Jahr 1997, so erzählte es in den 60ern die Serie "Lost in Space", bricht die Menschheit ins Weltall auf. Mutter Erde leidet unter Überbevölkerung, nur Kolonien auf fremden Planeten können Rettung bringen. Im Remake der Serie, die zumindest in den USA heute als Kult gehandelt wird, ist die Zukunft – man schreibt nun das Jahr 2046 – ähnlich düster. Ein Komet rast auf die Erde zu, einmal mehr sucht die Menschheit ihr Heil in der Flucht. Sonst aber erinnert in der Netflix-Produktion (ab Freitag, 13. April 2018 abrufbar) wenig an das schwarz-weiße Original.

Erzählt wird, heute wie damals, eine Familiengeschichte. Die Robinsons – Vater, Mutter und drei Kinder – brechen in Richtung Weltraumkolonie auf. 1965, als "Lost in Space" in den USA anlief, war die Fernsehfamilie noch weiß und ziemlich brav. In der Netflix-Version gibt man sich moderner. Eine der Töchter ist dunkelhäutig, und Papa und Mama Robinson dürften kaum als Vorzeigeehepaar durchgehen. Man sieht sich kaum und steht kurz vor der Scheidung. Als die Robinsons ausgewählt werden, mit der Jupiter 2 die Erde zu verlassen, ist all der emotionale Ballast stets mit an Bord. Auch als das Raumschiff auf einem unbekannten Planeten abstürzt, wird viel Zeit für familiäre Nabelschau benötigt, werden Vater-Sohn-Konflikte ausgetragen. Dabei gäbe es durchaus drängendere Probleme: Die unfreiwillige Heimat der Robinsons ist eine Eiswüste, Leben scheint hier kaum möglich.

Bisweilen ganz schön happig

Schon in den ersten Minuten setzt "Lost in Space" vor allem auf Action. Die Jupiter 2 versinkt in einem See, nachts fallen die Temperaturen auf minus 60 Grad. Es beginnt ein Überlebensdrama, das für eine Familienserie – und nichts anderes will die Netflix-Produktion sein – bisweilen ganz schön happig ist. Tochter Judy (Taylor Russell) friert im Eis fest und droht, zu ersticken. Derweil muss Penny (Mina Sundwall), Tochter Nummer zwei, an ihrer Mutter Maureen (Molly Parker, "House of Cards") eine Notoperation durchführen. Vater John (Toby Stephens, "Stirb an einem anderen Tag") macht bei all dem keine Figur. Aus dem Professor des 60er-Jahre-Originals ist ein Soldat geworden, der zwar durchaus weiß, Befehle zu geben. Doch gegen die Übermacht der Frauen in seiner Familie vermag er sich kaum durchzusetzen.

Ein Sympathieträger ist indes schnell ausgemacht: Will (Maxwell Jenkins), der jüngste Robinson, ist zwar ein Schlaumeier, einer von der Sorte eines "Young Sheldon". Aber er ist auch ein netter. Will hat in den ersten Folgen die schönste Szene: Der Junge wird von seiner Familie getrennt, ist aber nicht lange alleine. Im "E.T."-Moment der Serie schließt er Freundschaft mit einem Roboter, der offenbar so wie er von einem anderen Planeten stammt und hier auch nur gestrandet ist. Parallel dazu erzählt "Lost in Space", wie noch ein anderes Raumschiff auf dem Planeten abstürzt. An Bord: eine gewisse Dr. Smith, gespielt von Parker Posey. Wer das Original kennt, ist bereits vorgewarnt. Damals war Dr. Smith – der kalte Krieg lässt grüßen – ein von ausländischen Mächten gelenkter Saboteur. Und auch heute hat Dr. Smith, jetzt eine Frau, einen mehr als dubiosen Hintergrund. Bald schon trifft sie auf die Robinsons ...

Vor allem ein Überlebenskampf

Als 1968, nach drei Staffeln, die letzte Folge von "Lost in Space" in den USA ausgestrahlt wurde (die deutsche TV-Premiere feierte die Serie unter dem Titel "Verschollen zwischen fremden Welten" erst Anfang der 90er), stand die erste Mondlandung kurz bevor. Von der Aufbruchstimmung, die damals durch die Serie wehte, ist heute nicht mehr viel übrig.

Im Jahr 2018 ist das Weltraumabenteuer der Familie Robinson vor allem ein Überlebenskampf auf einem unwirtlichen Planeten, nicht ganz unpassend also zur aktuellen Gemütslage der Welt. Der Traum vom Fortschritt durch Technik ist einem finsteren Blick auf die Dinge gewichen. Eines aber ist dann doch gleich geblieben: Die Familie, so dysfunktional sie in der Zukunft von heute auch sein mag, schafft es noch immer, so etwas wie Hoffnung zu spenden. Da ist auch die Netflix-Serie wunderbar altmodisch.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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