Wiederholung bei ARTE

"Renoir": Biopic ohne viel Seele

von Annekatrin Liebisch

In leuchtenden Farben erzählt Regisseur sein Biopic über Pierre-Auguste Renoir, weigert aber, sich auf den Künstler als einzige Hauptfigur festzulegen. Das tut dem Film nicht gut.

ARTE
Renoir
Drama • 04.12.2019 • 20:15 Uhr

Ein Bild sollte liebenswert sein und glücklich machen, befand Pierre-Auguste Renoir. Trauriges gäbe es auf der Welt schließlich mehr als genug. Nun ist es ausgerechnet jene Unbeschwertheit, für die die Werke des französischen Impressionisten berühmt sind, die Gilles Bourdos' Biopic "Renoir" fast gänzlich abgeht. Zwar füllt auch Bourdos seine Leinwand mit den leuchtendsten Farben, doch das Motiv, das Bourdos aussuchte, hätte Renoir wohl nie gewählt: einen gebrechlichen, distanzierten Vater, dessen Beziehung zu seinen Söhnen mit der Ankunft einer neuen Muse noch komplizierter wird. ARTE wiederholt die Filmbiografie nun 100 Jahre nach dem Tod Pierre-Auguste Renoirs.

Andrée (Christa Theret) heißt die junge Frau, die die Kreativität des Meisters (Michel Bouquet) in seinen letzten Lebensjahren noch einmal beflügelt. Durch sie erhält das Publikum Zutritt zum Mikrokosmos Renoir, in dessen Zentrum natürlich der Künstler steht. Eine Handvoll Frauen, einst wohl Modelle oder Geliebte, nun Pflegerinnen des mittlerweile schwer arthritiskranken Witwers, umkreist ihn treu ergeben. Nur Renoirs Söhne haben ihre Umlaufbahn im väterlichen Universum noch nicht gefunden – für sie scheint der alte Mann unerreichbar fern.

In seinem im Ersten Weltkrieg angesiedelten Drama wirft Gilles Bourdos deutlich mehr Fragen auf, als er zu beantworten in der Lage ist: Woher stammt etwa die Wut, die immerzu in den Augen des Nesthäkchens Coco (Thomas Doret) aufblitzt? Wie funktioniert das Zusammenleben der vielen Frauen, die Renoir umsorgen?

Statt den Geistern der Vergangenheit nachzujagen, die in Renoirs Domizil offenbar noch umgehen, verschiebt Bourdos den Fokus von Pierre-Auguste Renoir zusehends in Richtung seines Zweitgeborenen Jean (Vincent Rottiers). Der verliebte sich in die neue Muse des Impressionisten und sollte auf ihr Drängen hin in den 1930ern als Regisseur aus dem Schatten seines berühmten Vaters treten. Bourdos scheint so hin- und hergerissen zwischen den beiden Renoirs und der undurchsichtigen Andrée, dass sich letztlich zu keiner der drei Hauptfiguren eine emotionale Bindung aufbauen lässt.

In der Bildgestaltung hingegen zeigt sich deutlicher, welchem Renoir hier eigentlich ein Denkmal gesetzt werden soll: Jede Einstellung wirkt so präzise komponiert wie der melancholische Score von Alexandre Desplat, auf leuchtende Farben und perfektes, warmes Licht legte Bourdos dabei den größten Wert. Und wenn Kameramann Mark Lee Ping Bin jegliche Schärfe aus den Bildern weichen lässt, wird "Renoir" selbst zum impressionistischen Werk – wenn auch zu einem, das kunstgeschichtlich weit weniger Eindruck hinterlassen wird als Renoirs Gemälde.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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